Bad Berleburg. . Wir haben mit dem dem Leiter der Bad Berleburger Feuerwehr über Einsätze und die vielen Veränderungen und Herausforderungen gesprochen.
Zehn Jahre als Leiter der Feuerwehr sind genug. Am 18. Mai geht der Bad Berleburger Stadtbrandmeister Reiner Schilling in den Feuerwehr-Ruhestand. 45 Jahre lang war Schilling dann in der Freiwilligen Feuerwehr seiner Heimatstadt aktiv, unter anderem als Löschzugführer in der Kernstadt und viele Jahre auch als stellvertretender Wehrführer. Wir haben mit dem ihm über seinen Weg in die Feuerwehr, über Einsätze und die vielen Veränderungen und Herausforderungen gesprochen.
Warum sind Sie in die Feuerwehr eingetreten?
Reiner Schilling: Aus Familientradition! Mein Vater, mein Großvater, mein Onkel und mein Großonkel war in der Feuerwehr. Mein Onkel Walter Schneider war auch mal stellv. Stadtbrandmeister So sind wir alle irgendwo Feuerwehr-Verrückte gewesen.
Was war Ihr erster Einsatz?
Das war mit einem Fahrzeug des damaligen Zivilschutzes, einem Unimog U 404 S, bin ich als Beifahrer neben meinem Vater zusammen zu einem Flächenbrand nach Raumland gefahren. Das war mein erster Einsatz, den ich als junger Feuerwehrmann fahren durfte. Und ich war ganz stolz, dass ich neben meinem Vater sitzen durfte.
Wie alt waren Sie damals?
18. Eine Jugendfeuerwehr gab es ja damals noch nicht.
Was war das mit dem Zivilen Bevölkerungsschutz – war das vergleichbar mit dem späteren Katastrophenschutz?
Ja, genau. Dieser Unimog gehörte zu einem Zug von Fahrzeugen des Zivilen Bevölkerungsschutzes - das ging damals 1962 los. Da sind die beteiligten Feuerwehrleute auf dem Bad Laaspher Marktplatz vereidigt worden. Mein Vater war auch dabei und war Pflegebeauftragter dieses Unimogs. Den habe ich als Kind schon mit gewaschen und konnte schon mit neun Jahren die Feuerlösch-Kreiselpumpe bedienen.
Was hat sich in der Freiwilligen Feuerwehr seit Ihrem Eintritt bis heute am stärksten verändert?
Die Technik hat sich verändert, das Einsatzgeschehen hat sich verändert. Früher waren es mehr Brände. Dann ging es langsam mit technischer Hilfe los. Mit Zunahme des Straßenverkehrs kamen auch Unfälle dazu, Umweltkatastrophen. Oder eben Ereignissen, die früher hier nicht denkbar gewesen wären, wie das Leck in einer großen Gasleitung.
Sie sprechen es an: Die Aufgaben der Freiwilligen Feuerwehr haben sich verändert, sind vielfältiger und anspruchsvoller geworden. Sind all diese Aufgaben mit ehrenamtlich Freiwilligen noch zu bewältigen?
Ja, das ist zu bewältigen! Die Ausbildung wird auf diese neuen Herausforderungen abgestimmt. Es werden neue Techniken gelehrt. Wir durchlaufen ja die gleiche Ausbildung wie ein Berufsfeuerwehrmann, allerdings mit weniger Zeitaufwand. Diese Einsatzlagen sind also zu bewältigen, wenn man genug Leute hat.
Weil man jetzt sehr viele Spezialisten braucht...?
Ganz genau. Zum Beispiel ist es sinnvoll, die Aufgaben aufzuteilen. Siehe Aue-Wingeshausen. Der Löschzug macht den ABC-Schutz. Die Arfelder kümmern sich um den Einsatzleitwagen II, die Schwarzenauer haben den Gerätewagen-Logistik. So zieht man das alles auseinander und kann gezielt Kräfte nachalarmieren.
Bad Berleburg hat knapp 500 Feuerwehrleute bei 19 000 Einwohnern. Auf dem Papier eine große Feuerwehr. Im Einsatzfall sind in den Dörfer tagsüber oft nicht einmal die Hälfte der Einsatzkräfte verfügbar. Wie kann man dieses Problem lösen?
Um Feuerwehrleute zu rekrutieren, ist es wichtig, dass die Feuerwehr in den Dörfern präsent ist. Ich kann dort besser Feuerwehrleute rekrutieren. Es kommt aber auch auf eine gute Jugendfeuerwehr an. Wir haben eine und sind darauf sehr stolz. Landesweit werden auch Kinderfeuerwehren aufgebaut. Das sind die Einsatzkräfte von morgen.
Bad Berleburg ist die zweitgrößte Flächenkommune. Wie wichtig ist es auch im Bezug auf Rettungsfristen, relativ viele Löschgruppen in den einzelnen Orten zu haben?
Ein flächendeckendes Netz von Feuerwehr vorzuhalten, hat sich erst kürzlich bewährt, als wir die Stromausfälle hatten. Wir konnten die Feuerwehrhäuser besetzen und so zur Sicherheit der Bevölkerung beitragen. Falls mit dem Strom auch das Telefon ausfällt, gibt es die Möglichkeit, per Funk Hilfe zu rufen. Wir sind übrigens dabei, alle Gerätehäuser mit Notstromaggregaten auszurüsten.
Viele Löschgruppen bedeuten viele Feuerwehrhäuser und Feuerwehrfahrzeuge. Wie schwer ist es, die Balance zwischen gesetzlicher Verpflichtung zum Unterhalt einer Feuerwehr und den Haushaltszielen einer klammen Kommune zu halten?
Feuerwehr ist definitiv ein Kostenfaktor. Wir haben den Brandschutzbedarfsplan angepasst und auch auf die Tagesverfügbarkeit reagiert. Zum Beispiel haben wir bei der Fahrzeugauswahl auf TSF-W (Tragkraftspritzen-Fahrzeuge mit Wassertank/die Red.) umgestellt. Die können mit wenig Personal bedient werden, können schnell Hilfe leisten und kosten ein Vielfaches weniger als große Fahrzeuge. So kann ich drei Kleine kaufen anstatt ein großes und drei Einheiten in der Fläche ausstatten.
Im Mai werden Sie als Leiter der Feuerwehr aufhören. Was werden Sie dann am meisten vermissen und auf was können Sie gut verzichten?
Am meisten werde ich das gute Gefühl vermissen, nach erfolgreichen Einsätzen, bei denen wir Menschen und Tieren helfen konnten. Auf was ich verzichten kann, dass sind schwere Unfälle mit Toten, besonders wenn Kinder betroffen sind. Das zehrt gewaltig an einem.