Benfe. . Das OVG Münster soll jetzt klären, ob die Genehmigung des Kreises Siegen-Wittgenstein für den Bau von Windrädern bei Benfe rechtens war.
Der Fall „Windräder am Benfer Rücken“ – er liegt jetzt beim Oberverwaltungsgericht Münster.
Jedenfalls hat die Bundeswehr mittlerweile die Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 27. November beantragt, das den genehmigten Bau von vier Windenergie-Anlagen im Umfeld der Radaranlage Erndtebrück bestätigt. Bauherr: die Lahn Energy, eine Tochter der Bad Laaspher New Energy Holding von Ludwig-Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg. Bis sich das OVG jedoch mit dem Antrag befasst, könnten gut noch ein oder zwei Monate ins Land gehen. Unterdessen begrüßt Benfes Ortsvorsteher Matthias Althaus das Vorgehen der Bundeswehr.
Die Hoffnungen
„Dass die Berufung auch zugelassen wird, davon gehe ich aus“, ist Althaus zuversichtlich. Ob das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr als Antragsteller am Ende aber auch Erfolg mit seiner Berufung haben wird, da ist sich Althaus nicht so sicher.
Leider Gottes sei die Bundeswehr in der Sache bislang „mit angezogener Handbremse aufgetreten“, bedauert der Ortsvorsteher – „und das hat sich in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ja auch niedergeschlagen“.
Die Anordnung
Benfer Bürger prüfen eigene rechtliche Möglichkeiten
Was das Windkraft-Projekt bei Benfe betreffe, begrüßten die meisten Bewohner die Berufung der Bundeswehr, berichtet Ortsvorsteher Matthias Althaus – in der Hoffnung, „dass sie mit ihrer Klage ein Stück weiterkommt“.
Zugleich „werden wir als Benfer weiterhin unsere eigenen rechtlichen Möglichkeiten prüfen“, so der Ortsvorsteher weiter, um die Windräder auf dem nahen Benfer Rücken vielleicht doch noch zu verhindern.
Althaus spielt damit auch auf einen zentralen Punkt in der Urteilsbegründung der Verwaltungsrichter an: die sogenannte Schutzbereichsanordnung, die das Verteidigungsministerium für die Radar-Stellung in Erndtebrück schlicht zu spät erlassen habe. „Da schien das Gericht ja der Auffassung zu sein, dass die Bundeswehr so ein bisschen geschlafen habe“, ist Althaus’ Eindruck. Er hatte die Verhandlung in Arnsberg seinerzeit vor Ort miterlebt. Der Ortsvorsteher schätzt, dass auch das Oberverwaltungsgericht von jenem Recht ausgeht, das zum Zeitpunkt der Genehmigung gegolten habe. Und dass diese noch auf der alten Anordnung von 1963 beruhe, ärgere ihn maßlos, räumt Althaus ein.
Die Benfer Bewohner, aber auch die Erndtebrücker Politiker hätten sich bislang in einer trügerischen Sicherheit gewogen, dass Windräder auf Erndtebrücker Gemeindegebiet wohl schon nicht entstehen, solange es die technisch empfindliche Radar-Stellung auf dem Ebschloh gibt, so Althaus. „Und jetzt wird von Gerichten geklärt, dass man sich hinter der Bundeswehr nicht mehr verstecken kann.“
Die Tabu-Kriterien
Richter: Neue Schutzbereichsanordnung kam erst nach Genehmigung
Stichwort „Schutzbereichsanordnung“: Die ursprüngliche Version aus dem Jahr 1963 habe das Bundesamt zwar im November 2014 neu formuliert, dann aber nicht rechtsverbindlich angewandt, so die Arnsberger Verwaltungsrichter.
In der Version von 2014 ist laut Verwaltungsgericht festgelegt, dass „im Umkreis von 500 Metern um den Drehpunkt der Antenne alle Bauten ... der Genehmigungspflicht seitens der Schutzbereichsbehörde unterworfen sein sollten – und die Genehmigungspflicht im Umkreis von 500 bis 5000 Metern von der Entfernung zur Anlage und der jeweiligen Bauhöhe (702,69 bis 676,51 Meter über NN) abhängen sollte“. Zum Vergleich: Das Radar liegt auf der Bergkuppe des Ebschloh in einer Höhe von etwa 680 Meter über NN.
Ministerium hätte reagieren können
Allerdings habe das Bundesverteidigungsministerium eine Anordnung mit diesen Daten erst am 3. Februar 2017 in Kraft gesetzt – also erst nachdem der Kreis Siegen-Wittgenstein am 22. Dezember 2016 den Windrad-Bau bei Benfe genehmigt habe. Und basierend auf der Version von 1963 hätten die beantragten Windräder ganz klar „außerhalb des damals maßgeblichen Schutzbereiches“ gelegen.
Die Richter stützen sich bei ihrer Entscheidung unter anderem auch auf Gutachten, nach denen „die Minderung der Reichweite als unerheblich und messtechnisch nicht feststellbar dargestellt“ wird.
Der Bundeswehr sei das Genehmigungsverfahren in Benfe seit Anfang August 2016 bekannt gewesen, so die Richter weiter – sie habe es aber „nicht zum Anlass genommen, die Anordnung früher zu erlassen“. Genau dies hätte aus Sicht des Gerichts jedoch nahegelegen, wenn die Bundeswehr schwere Nachteile für den Betrieb der Radaranlage befürchtet hätte.
Ein weiterer „Punkt, der mich zur Weißglut bringt“, bekennt der Ortsvorsteher: dass der Rat Tabu-Kriterien etwa bei den Abständen zwischen Windrädern und Wohnbebauung beschließt – und am Ende kein Platz mehr für mindestens eine Windkraft-Vorrangzone bleibe. Die aber sei nötig, betont Althaus, um sich als Gemeinde nicht dem Vorwurf der sogenannten Verhinderungsplanung auszusetzen – mit der Folge, dass potenzielle Investoren ihre Projekte fröhlich weiter nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) planen können und der Kreis nicht umhin komme, zu genehmigen.
Und wenn es womöglich für die Birkefehler Höhe als Potenzialfläche einer Vorrangzone reiche, so Althaus, kämen dort garantiert Einwendungen von Seiten des Naturschutzes. So komme man in der Sache auch nicht weiter.