Wittgenstein. . Volkmar Klein gewinnt, seine CDU verliert. Andreas Appelt (AfD) gewinnt, aber für ein Mandat reicht das nicht. Klarer Verlierer ist nur einer: Heiko Becker (SPD).
- Wer verliert und wer gewinnt? Das ist Deutungssache.
- Klar ist, Volkmar Klein zieht in den Bundestag ein. Die CDU ist aber kein Gewinner.
- Die AfD siegt, aber ihr Kandidat schafft es nicht nach Berlin. Nur der Verlierer steht fest.
Diese Bundestagswahl hat außergewöhnliche Gewinner und Verlierer hervorgebracht - wir haben mit dem eindeutigen Verlierer, der SPD, und dem prozentualen Gewinner, der AfD, gesprochen.
Zunächst zu den Verlierern: Das Wahldebakel für die Sozialdemokratie hat ein historisches Ausmaß. Denn nach der Bekanntgabe des vorläufigen Endergebnisses und der Berechnung der Mandate ist klar: Siegen-Wittgenstein ist zum ersten Mal in seiner Geschichte weder im Landtag noch im Bundestag mit einem SPD-Abgeordneten vertreten. Für den scheidenden Bundestagsabgeordneten Willi Brase ist das eine Katastrophe.
Willi Brase fordert Umdenken in seiner SPD
Der Kreuztaler kümmert sich bereits darum, wie man das Machtvakuum für die SPD füllen kann. „Wir sprechen in der NRW-Landesgruppe und können uns vorstellen, dass Dirk Wiese (HSK) Wittgenstein mit übernimmt und Rene Röspel ist schnell in Siegen.“ Neben dieser Personalie ist für Brase klar, dass sich seine Partei inhaltlich und personell neu aufstellen muss. „Wir sind in drei Wahlen hintereinander nicht mehr über 26 Prozent gekommen“, weil man den Wählern mehr anbieten müsse als das Schlagwort von der Sozialen Gerechtigkeit. Umso befremdlicher reagiert Brase darauf, dass in Berlin der Postenschacher beginne, anstatt sich inhaltlich neu auszurichten. „Für uns beginnt jetzt der Wahlkampf 2021“, sagt der scheidenden Abgeordnete, der hofft, dass sein Nachfolgkandidat
Heiko Beckers Zukunft ist ungewiss
Heiko Becker trotz der Niederlage weitermacht - auch ohne Mandat. Becker hatte direkt nach der Wahl am Sonntagabend noch Hoffnung auf die Überhangmandate gehabt. Doch nach Abschluss dieser Berechnungen ist klar: Der gebürtige Womelsdorfer zieht auch über seinen Listenplatz nicht ins Parlament. Der wissenschaftlichen Mitarbeiter der SPD-Bundestagsabgeordneten Petra Crone steht vor einer ungewissen berufliche Zukunft: „Was ich jetzt machen werde? Das ist eine gute Frage. Mein Vertrag läuft Ende Oktober aus.“ Crone hatte auf eine erneute Kandidatur verzichtet und ihre Nachfolgekandidatin, die Attendorner Kinderärztin Nezahat Baradari ist ebenfalls nicht ins Parlament gewählt worden.
Appelt hielt 15 Prozent für möglich
Mit Dr. Andreas Appelt zieht auch einer der Wahlsieger nicht ins Parlament ein. Trotzdem ist der Mediziner hochzufrieden: „Ich hätte sogar noch mit einem besseren Ergebnis gerechnet. 15 Prozent im Bund hielt ich für realistisch“, sagt der Kandidat, der erst seit einem Vierteljahr auf der politischen Bühne agiert. Dass die AfD in Siegen-Wittgenstein mit 10,7 Prozent deutlich unter dem Bundesergebnis lag, ist für Appelt dennoch keine Überraschung. Schließlich, so der gebürtige Leipziger, sei es für seine Partei in den alten Bundesländer schwieriger.
Auch sein eigenes Abschneiden, das mit 9,8 Prozent unter dem der Wert seiner Partei liegt, ficht ihn nicht an. „Mich kennen ja noch nicht so viele.“ Aber seine AfD sollen sie kennenlernen: „Die etablierten Parteien reden immer davon, dass sie uns ausschließen wollen. Ich finde das ist ein seltsames Demokratieverständnis. Man muss das Wählervotum anerkennen und Volkes Stimme anhören“, sagt Appelt im Gespräch. Und auf die Problematik des Rechtsradikalismus angesprochen antwortet er: „Ich kann die dumme Nazikeule nicht mehr hören. Ich bin nach dem Krieg geboren. Ich habe damit nichts zu tun.“
Erstimmen-Ergebnis im Kreis Siegen-Wittgenstein