Bad Berleburg. . Liam und Philip bauen eine Höhle, mitten im Wald. Sie gehören zur Waldgruppe der Berleburger Kita Senfkorn. Sie liegen damit voll im Trend.
- Waldkindergärten verbreiten sich in Westfalen immer mehr
- Wald dient als fantasievolles Erfahrungsfeld
- Selbst Regen ist ein Grund zur Freude
Liam hat einen Plan. Die alte Hütte soll weg, dafür eine Höhle her, das Gerüst steht schon. „Wir haben erst dicke Äste überall an den Stamm gestellt, jetzt müssen die Tannenzweige dadrauf“, sagt der sechsjährige Junge. Sein Freund Philip schleppt derweil schon Zweige an und sagt: „Das soll alles dicht sein, damit kein Regen durchkommt.“ Doch nicht nur an die Außenfassade denken die beiden, auch innen wird es einmal richtig kuschelig. „Wir haben Moos auf den Boden gelegt“, sagt Liam. Und die Tannenzapfen überall? „Die sind Deko.“
Die Jungs sind zwei von 14 Kindern der Waldgruppe in der Kita Senfkorn der evangelischen Kirchengemeinde. In Westfalen verbreiten sich Waldkindergärten immer mehr – Grund genug, um zu schauen, was die Kinder den ganzen Tag im Wald so machen.
Ein Moosbett für Keanu
Während Liam und Philip ihre Höhle fertigstellen, sind die Zwillingsmädchen Lilly und Leni damit beschäftigt, für Keanu ein Moosbett herzurichten. „Das ist aber nicht zum Schlafen. Ich lege mich nur dahin, meine Augen sind aber auf“, versichert Keanu. Der Vierjährige schaut den beiden Mädchen aber nicht bloß zu, natürlich sucht er auch selbst nach dem weichen Untergrund.
Es ist etwas kälter an diesem Tag am Sengelsberg. Den Kindern macht das aber nichts aus, im Gegenteil: Funktionskleidung hält den niedrigen Temperaturen stand, Mütze, Schal und Handschuhe sowieso. „Wir bewegen uns viel“, sagt Erzieherin und Leiterin der Waldgruppe Imke Bald.
Beim Frühstück sitzt die Gruppe im Kreis auf Holzhockern, sonst sausen die Kleinen durch das abgetrennte Waldstück, immer auf der Suche nach neuen Abenteuern. „Die Kinder beobachten viel – und wenn sie einen Regenwurm oder Käfer finden, dann holen wir ein Buch, setzen wir uns zusammen und erzählen etwas über das Tier“, sagt Erzieherin Diana Frank.
Den 14 Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren wird einiges geboten: In der Kreativ-Ecke können die Kinder malen und mit Knete spielen oder sich in die Lese-Ecke mit einem Buch zurückziehen, Hängematten laden zum Verweilen und Ausruhen ein. Dann gibt es noch ein selbstgebautes Piratenschiff, einen Kletterbaum, dem Alter entsprechend Werkzeugkästen und eine Werkbank. Auch in den beiden Bauwagen gibt es noch einige Brettspiele. Außerdem kommen Kinder und Erzieherinnen immer auf neue Ideen, der Wald hat ja einiges zu bieten.
Tannenzweig-Suppe sehr begehrt
Selbst Regen kann den Entdeckern nichts anhaben. Liam und Philip sorgen ja dafür, dass ihre Höhle dicht bleibt und die Erzieherinnen spannen vorsichtshalber eine Plane über den Ess- und anschließend über den Malbereich. „Die Kinder freuen sich eher, wenn es regnet, weil dann die Regentonne voll ist und sie wieder kochen können“, weiß Imke Bald. Tannenzweig-Suppe sei besonders begehrt.
>>> BEI STURM BLEIBT DIE WALDGRUPPE DRIN
Entstanden ist die Waldgruppe der evangelischen Kita Senfkorn vor fünf Jahren. Denn als das alte Gebäude von 1967 an der Hochstraße den Anforderungen nicht mehr genügen konnte, stand für die evangelische Kirchengemeinde fest: Ein neues Gebäude muss her. Schnell kam von Pfarrerin Claudia Latzel-Binder die Idee einer Waldkita. Gebaut wurde am Sengelsberg, wo nun drei Gruppen in der Einrichtung spielen.
Die Waldgruppe war bis vor zwei Jahren noch in Wemlinghausen – das Waldstück wurde zur Verfügung gestellt. Doch schnell standen durch die Fahrerei alle vor einem Problem. Die Lösung: Ein Waldstück in der Nähe der Kita. Gespräche mit der Rentkammer verliefen erfolgreich. „Wir haben so ein Glück. Die Mitarbeiter der Rentkammer stellen und nicht nur den Bereich im Wald zur Verfügung, sie geben uns auch Holz für Hocker und Tische“, sagt Kita-Leiterin Ute Gatzemeier.
Fürs Mittagessen in die Kita
Und seit eben jetzt zwei Jahren sind die Kleinen jeden Vormittag im Wald. „Ausnahmen gibt es auch. Bei einer Sturmwarnung, Temperaturen unter minus sechs Grad, bei einem Gottesdienst oder wenn der Zahnarzt kommt, sind die Kinder hier in der Einrichtung“, versichert Gatzemeier. Dafür gebe es einen Notraum. Bei einem plötzlichen Sturm sucht die Gruppe Zuflucht in einer Halle auf dem Schützenplatz. Für das Mittagessen spazieren die vierzehn Kinder mit den zwei Erzieherinnen den Berg hinab. Die Kinder, die auch am Nachmittag betreut werden, bleiben im Gebäude.
Die Nachfrage sei laut der Leiterin schon da, allerdings würden mehr Faktoren eine Rolle spielen. So sei eben nicht jedes Kind für die Waldgruppe geeignet, auch wenn es die Eltern unbedingt möchten.