Weidenhausen. . Die Schüler waren nicht etwa zur Betriebsbesichtigung bei Zimmerer Lothar Kuhmichel. Sie haben selbst angepackt und für den Pausenhof abgesahnt.
- Von der praktischen Arbeit der 17 Jugendlichen profitiert sogar die ganze Schule
- Einblick in die Arbeitsabläufe einer Zimmerei kann bei der Berufswahl hilfreich sein
- Förderverein der Realschule unterstützt Projekte auch mit finanziellen Mitteln
„Tagesexkursion zur Zimmerei Kuhmichel“ stand für den Wahlpflichtkurs Technik der Jahrgangsstufe 7 der Städtischen Realschule Bad Berleburg auf dem Stundenplan. 16 Schüler und eine Schülerin fanden sich gemeinsam mit ihrem Fachlehrer Tim Mohrherr diesmal nicht im Schulzentrum auf dem Stöppel, sondern um 8 Uhr im Weidenhäuser Industriegebiet ein. Und das hatte seinen guten Grund. Die motivierte Gruppe hatte sich nämlich einiges vorgenommen.
Auf dem Plan stand keine normale Betriebsbesichtigung, sondern eine Premiere: In einem außerschulischen Lernort, der Zimmerei Kuhmichel, wollten die Siebtklässler alle zusammen richtig arbeiten. Und legten im wahrsten Sinne des Wortes noch eine Latte drauf. Es sollten Sitzgelegenheiten aus Holz für den Pausenhof der eigenen Schule gefertigt werden.
Förderverein hilft bei der Finanzierung
„Von einem Sponsorenlauf standen noch Gelder zur Verfügung. Und der Wunsch der SV, Sitzgelegenheiten aus Holz für den Pausenhof anzuschaffen, wurde an uns herangetragen“, berichtet Melanie Kaiser, Vorsitzende des Realschul-Fördervereins. „Wir wollten finanzielle Unterstützung leisten und außerdem heimische Anbieter einbinden. Vielleicht kann sich der Technikkurs mit einbringen?“, stellte sich die Frage. Durch Praktikantenbetreuung hatte Tim Mohrherr bereits Kontakt zu Lothar Kuhmichel und konnte so die Aktion planen. „Das ist eine tolle Idee!“, findet nicht nur Melanie Kaiser. Nach dem Motto „von Schülern für Schüler“ werden die Jugendlichen selbst aktiv und würden später bestimmt auch auf den Erhalt der Möbel achten.
Werkräume der Schule sehen ein wenig anders aus
Tim Mohrherr ist dankbar für die großzügige Unterstützung. Im Unterricht wurde der Besuch des Zimmereibetriebes in Theorie und Praxis gründlich vorbereitet und verschiedene Lernziele abgehakt: heimische, holzverarbeitende Betriebe kennenlernen, Erfahrungen direkt im Betrieb sammeln, Sicherheit im Umgang mit Werkzeugen, Werkzeugkunde, Wald und Holzwirtschaft in NRW, Holzarten und Holzwerkstoffe kennenlernen. Die Berufsorientierung ist „ein ganz wichtiges Feld für die Realschule“. Als praktische Schülerarbeiten standen eine Holz-Tulpe als Deko-Objekt und Nistkästen an. Obwohl die Realschule über gut ausgestattete Werkräume verfügt, halten diese natürlich keinem Vergleich mit einer Zimmerhalle stand.
„Beeindruckend. Und die großen Maschinen...“, so der Tenor aus der Klasse. Deshalb gab es auch eine Einführung von Firmenchef Lothar Kuhmichel, bevor es in drei Gruppen mit dem Bau von vier Bänken mit Rückenlehne und zwei Tischen aus heimischem Fichtenholz losgeht.
Gasbrenner sorgt für die rustikale Optik
Eine Gruppe übernimmt Nils Kuhmichel, der kurz vor der Prüfung zum Zimmerer steht. Jakob Limper, Auszubildender im 1. Jahr, leitet ebenfalls einige Schüler an: Zuschneiden, Hobeln, Schleifen, Fräsen, Verleimen, Verschrauben und schließlich das Abflämmen der fast fertigen Holzsitzmöbel. Mit Hilfe der Fachmänner kamen Sägen, Schleifmaschinen, Hobel und Akkuschrauber zum Einsatz. Auch der Gasbrenner wurde gebraucht, damit die Bänke eine rustikale Optik bekommen. „Das Flämmen hat mir am besten gefallen“, resümiert Lea Gerhard, die sich in der Männerdomäne übrigens ganz gut behaupten kann. Die meist professionell ausgestatteten Schüler waren beim Werkstoff Holz ganz in ihrem Element.
Bei der harten Arbeit darf eine Stärkung natürlich nicht fehlen. So gab es Frühstück vom Wingeshäuser „Sonnenhof“ für alle spendiert. „Es ist heute ein bisschen wie Flöhe hüten, halt ungewohnt“, schmunzelt Lothar Kuhmichel, „aber es klappt alles gut. Jeder soll mal alles machen, überall gucken.“ Klar, dass einigen die Luft mittags langsam ausgeht, „aber das ist in der Schule genauso“, beruhigt ihn Tim Mohrherr. Die Nachwuchs-Zimmerer sind ja im Durchschnitt auch erst 13 Jahre alt.
Besuch ist hilfreich bei der die Berufswahl
Trotz des jungen Alters haben einige von ihnen schon genaue Vorstellungen in Sachen Berufswahl, so wie Nils Sonneborn. „Ich möchte mal Zimmermann werden, weil ich gerne mit Holz arbeite. Dann baue ich Dachstühle und bin viel in der Natur“, sagt er, während er gerade Tischplatten abschleift. Seine Klassenkameraden Moritz Wied und Torben Adler, die nebenan Bretter hobeln, sind ebenfalls begeistert: „Interessant zu sehen, wie das alles hier abläuft. Man darf vieles selbst machen.“
Dass die Truppe bei ihrem Ausflug in die Arbeitswelt „um Jahre gealtert“ ist, lag übrigens nicht am strammen Aufgabenpensum, sondern am Holzstaub, der sich trotz Absauganlage auf die Frisur der Besucher gelegt und einen gräulichen Schimmer erzeugt hat. „Dann sieht man auch, dass wir gearbeitet haben“, winken die Jungs lachend ab. Das werden in Kürze sowieso alle Schüler und Lehrer der Realschule sehen, wenn die Bänke mit dem Holzschutz, gesponsert von der Raumländer Firma Obermeier, vom Technik-Kurs fertiggestellt und im Pausenhof zu bestaunen sind.