Wittgenstein. Straftaten, die in den Bereich Betrug fallen, gibt’s auch im ländlichen Raum. Opfer: vor allem Senioren. Hilfsbereitschaft kann da teuer werden.

  • Und dann kommt der Anruf: „Hallo, Oma. Ich bin da gerade in einer finanziellen Zwickmühle...“
  • Polizei rät: Möglichst rasch eine zweite Person informieren, sich per Rückruf bei Verwandten absichern
  • Sparkasse Wittgenstein: Zentrale Abteilung kümmert sich um verdächtige Vorfälle

Sie suchen sich im Telefonbuch Einträge mit bestimmten Vornamen: Friedhelm, Martha oder Georg. Das sind Namen der älteren Generationen, und auf genau diesen Personenkreis hat es eine in ganz Europa agierende Betrügerbande abgesehen. Eigentlich sollte die üble Masche Enkeltrick allseits bekannt sein, doch immer wieder fallen Senioren auf Anrufer herein. Allein seit Jahresbeginn sind im Kreis Siegen-Wittgenstein wieder einige tausend Euro oder andere Wertgegenstände an Betrüger gefallen. Wie können die sich schützen? Lassen die Banken und Sparkassen leichtfertig zu, dass ältere Kunden ihr Erspartes an die Ganoven aushändigen? Unsere Zeitung hat nachgefragt.

Die Straftat

„Straftaten machen keineswegs vor ländlichen Gebieten Halt“, mit dieser Aussage nahm in den vergangenen Wochen die Siegener Kriminalhauptkommissarin Andrea Niggemann Senioren in Herbertshausen und Diedenshausen mit auf eine lehrreiche Reise in die Welt der Tricks, der Nepper, Diebe und Betrüger. Oft werde das Zuhause älterer Menschen zum Tatort, weil sie sich dort am meisten aufhalten, nicht mehr irgendwo draußen am Arbeitsplatz sind. Und dann kommt der Anruf: „Hallo, Oma. Ich bin da gerade in einer finanziellen Zwickmühle...“. In solchen Fällen rät die Polizei dazu, möglichst rasch eine zweite Person zu informieren oder sich per Rückruf bei Verwandten abzusichern, dass tatsächlich ein Enkelkind angerufen haben könnte. Weil das Betroffene getan haben und auf die Masche nicht hereingefallen sind, kamen die Betrüger nicht zum Zuge. Etliche ihrer Versuche in Wittgenstein und aktuell im benachbarten Hessen sind gescheitert.

Die Folgen

Und wenn die Hilfsbereitschaft der alten Menschen, wenn die Sorge um die geliebten Verwandten dann doch größer sind als jedes Misstrauen? Dann gehen die Opas und Omas an den Bankschalter und heben 15 000 Euro (Eiserfeld), mehrere tausend Euro (Siegen, Burbach), 17 000 Euro (Kreuztal) oder sogar 30 000 Euro (Raum Erndtebrück) von ihren Konten ab. Und das Geld ist weg.

Die Banken

Eberhard Kießler, Justiziar und Pressesprecher bei der Sparkasse Wittgenstein, beschreibt, wie sein Geldinstitut gegen solche Betrugsmaschen aufgestellt ist: „Unsere Berater und Kassierer sind natürlich sensibilisiert, wenn ein älterer Kunde eine ungewöhnlich hohe Abhebung vornehmen will. Mit viel Fingerspitzengefühl fragen wir dann nach dem Hintergrund und dem Bedarf für soviel Bargeld. Wenn möglich, wollen wir unsere älteren Kunden natürlich vor einem Schaden schützen.Immerhin haben wir ja auch eine soziale Verantwortung.“ Aber Kießler macht auch deutlich, dass die Rechte der Kunden und das Bankgeheimnis im Zweifel Vorrang haben müssen. „Wenn der Kunde auf Auszahlung beharrt, ohne Gründe zu nennen, dann können wir das nicht verbieten oder verweigern.“

Wichtig: Telefonnummer des Anrufer notieren

Grundsätzlich, so Hauptkommissar Georg Baum, Pressesprecher der Kreispolizeibehörde in Siegen, sollten sich ältere Menschen die Telefonnummer des Anrufers geben lassen und dann am besten Angehörige über den Anruf informieren.

„Und im Zweifelsfall ist der Notruf 110 immer die beste Wahl“, fügt Baum hinzu.

Hausintern gebe es allerdings eine zentrale Abteilung, die sich um verdächtige Vorfälle („Da könnte was sein“) kümmere und notfalls sofort die Polizei informiert informiere. Angehörige ohne Zustimmung des Seniors in Kenntnis zu setzen, sei aufgrund der Schweigepflicht manchmal recht schwierig und grundsätzlich nicht möglich, denn: „Wir wollen ja nicht das Bank- und Vertrauensverhältnis mit einem mündigen Senior beschädigen.“ Und wenn jemand auf den Enkeltrick hereingefallen sei, offenbare er sich ja nicht immer beim Kassierer am Schalter.

Die Polizei

Aber gerade zum Offenbaren rät die Polizei. Hauptkommissar Georg Baum, Pressesprecher der Kreispolizeibehörde in Siegen, warnt ältere Menschen im Zusammenhang mit den perfiden Anrufen eindringlich: „Lassen Sie sich nicht auf eine persönliche Gesprächsebene ein und lassen Sie sich von scheinbar Vertrauten am Telefon nicht ausfragen! Erfragen Sie während des Telefonates besondere Gegebenheiten, die nur der richtige Enkel beantworten kann! Nennen Sie niemals Namen der Verwandtschaft, der Bargeldreserven zu Hause und die Höhe des Kontostands am Telefon!“