Feudingen/Neuseeland. . Ein Gefühl von Unsicherheit geht einher mit dem Gefühl von Unabhängigkeit, Abenteuerlust und vielleicht sogar Freiheit?
- Anna-Lina Müller, 18 Jahre alt, aus Feudingen zieht es in die Welt.
- Nach dem Abitur in diesem Jahr reist die junge Wittgensteinerin für ein Jahr nach Neuseeland.
- Die Mitarbeiterin der Westfalenpost berichtet in die Heimat über Land und Leute und ihre Erfahrungen am anderen Ende der Welt.
24 Stunden Reise – hört sich viel an, ist es auch. „Bis nächstes Jahr“ hieß es am 17. Oktober für mich, meine Familie, Freunde und natürlich auch für meine Heimat Wittgenstein.
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Abflug
Um 22 Uhr hebt die riesige Maschine in Richtung Dubai ab. Der erste Flug ist im Vergleich zu dem noch kommenden ein Kinderspiel. „Schon“ nach sechs Stunden fliegen wir den Flughafen in Dubai an. Drei Stunden Aufenthalt, dann geht der eigentliche Flug los: 16 Stunden nonstop nach Neuseeland. Auch, wenn das Langstreckenflugzeug mit Fernseher an jedem Sitz und einer riesigen Auswahl an Filmen ausgestattet ist, wird der Flug zu einer Ewigkeit. Die Sitze machen einem das Schlafen nicht unbedingt leicht, ich habe die perfekte Schlafposition bis jetzt auf jedem Fall noch nicht gefunden. Wenigstens ist mir der schnarchende Sitznachbar erspart geblieben.
Gelandet
Als nach dem ewigen Blau unter uns endlich Land zu sehen ist, ist der 16-Stunden Flug schon fast wieder vergessen und Vorfreude und Spannung sind umso größer. Den Flughafen von Auckland könnte man im Vergleich zu meinem Startflughafen in Frankfurt schon fast als „süß“ bezeichnen. Umso härter jedoch die Sicherheitskontrollen, bei denen dreckige Wanderschuhe oder gar ein vergessener Müsliriegel aus Deutschland im Rucksack die Einreise ins Land deutlich erschweren. Denn Pflanzen und Nahrung aus anderen Ländern stehen in Neuseeland etwa auf einer Stufe mit der Einführung von Waffen.
In Auckland
Endlich auf neuseeländischen Boden geht es erst einmal in die Innenstadt von Auckland ins Hostel. Von grünen Wiesen, Schafen und Vulkanen ist hier noch nicht viel zu sehen. Eine ganz normale Stadt, in der ein Viertel der gesamten Bevölkerung von Neuseeland auf einem Haufen sitzt, während im restlichen Land deutlich mehr Schafe als Menschen zu finden sind.
Doch schon wenige Kilometer von der Stadtmitte entfernt lässt sich erahnen, dass auch Auckland ein bisschen mehr als eine Einkaufspassage zu bieten hat. Der erste Ausflug führt zum bekannten Mount Eden, einem inaktiven Vulkan, von dem ich einen großartigen Blick auf die gesamte Stadt habe.
Waiheke Island
Da das Wetter in den ersten Tagen für Neuseelandverhältnisse tatsächlich einmal beständig schön ist, nutzt ich den Sonntag für einen Ausflug nach Waiheke Island – ein Urlaubsparadies nur eine halbe Stunde Schifffahrt von Aucklands Hafen entfernt. Das erste Mal die Füße ins Pazifische Meer getaucht und die Frühlingssonne genossen. Doch was mich auch noch eine Woche nachher an die Überfahrt nach Waiheke erinnert, ist etwas anderes: Die knallrote Nase, die die stechende Sonne dank Ozonloch an diesem Tag ordentlich zu spüren bekomme. Seit diesem Tag ist die Sonnencreme mein ständiger Begleiter.
Abenteuerreise durch Neuseeland
Nach Norden
Nach ein paar weiteren eher unspektakulären Tagen in Auckland, mit Bankterminen und Papierkram, kann ich es kaum erwarten, das „richtige“ Neuseeland zu sehen. Nach einer Woche Großstadt setze ich mich zum ersten Mal in den Bus, und zwar Richtung Norden.
Wir Europäer denken bei Norden natürlich gleich an Minusgrade, doch hier muss man einmal komplett umdenken. Denn da, wo es bei uns am wärmsten ist, ist es hier am kältesten. Und wenn bei uns die ersten Schneeflocken fallen, beginnt hier am anderen Ende der Welt der Sommer. Weihnachten am Strand? Für mich bis jetzt noch eine seltsame Vorstellung, doch in diesem Jahr werde ich genau das erleben.
Am oberen Zipfel der Nordinsel, dem subtropischen und damit wärmsten Teil des Landes angekommen, kommt richtiges Urlaubsgefühl auf. 24 Grad, Sonne und der beeindruckende Pazifik, in dem zahlreiche kleine, einsame Inseln liegen, die ich vom Ufer aus erahnen kann. Ich packe also meine Badesachen ein und mache mich gemeinsam mit ein paar Leuten, die den gleichen Gedanken hatten, auf zum Strand. Dass das Wasser im Frühling noch nicht angenehm warm ist, wussten wir. Doch so kalt hatte ich es von meinem Ausflug nach Waiheke dann doch nicht in Erinnerung. Trotzdem lassen wir uns nicht abhalten und halten es zumindest zehn Minuten im eiskalten, aber glasklaren Wasser aus. Schon früh geht es wieder ins Hostel, denn ein aufregender Tag steht an.
Cape Reinga
Unser nächstes Ziel ist der nördlichste Punkt Neuseelands, ein Leuchtturm namens Cape Reinga. Denn genau an dieser Stelle treffen der pazifische und der tasmanische Ozean aufeinander, das will ich mir nicht entgehen lassen. Ich steige also am frühen Morgen in den Bus in Richtung Cape Reinga.
Bis wir dort ankommen, stehen jedoch noch einige Zwischenstopps an: ein Wasserfall, die bekannten Kauri-Bäume und schließlich die riesigen Sanddünen, auf die ich schon sehnsüchtig gewartet habe. Der Busfahrer befördert nicht nur 50 abenteuerlustige Passagiere zu den Sanddünen, sondern auch für jeden ein passendes Surfbrett. Ich schnappe mit eins und mache mich auf den überraschend anstrengenden Weg rauf auf die Düne. Doch das Hochlaufen hat sich definitiv gelohnt, auch wenn ich 20 Mal schneller wieder unten bin als oben.
Zwei Meere
Nach ein paar Runden steuern wir schließlich das Cape an. Ich laufe bis zur allerletzten Spitze und der Ausblick ist einfach atemberaubend. Zwei scheinbar endlose Meere , die sich dort treffen. Man sollte vielleicht meinen: Wasser ist Wasser, da sieht man keinen Unterschied. Doch die Wellen mitten im Meer zeigten, dass dort das wilde tasmanische Meer auf den deutlich ruhigeren Pazifik trifft – ein Anblick, den ich nie vergessen werde.