Girkhausen. . Otto Schmethüsen aus Girkhausen wird am Samstag 90 Jahre alt. Sogar Bundeskanzler Willy Brandt hat in seinem Atelier schon Modell gesessen.
- Morgens eine Pfeife gehört zu seinem Alltag
- Nachhaltige Erinnerung an Alt-Kanzler Willy Brandt
- Auch Hannelore Kraft möchte sich porträtieren lassen
„Alte Menschen schauen oft in die Vergangenheit. Ich schaue nur nach vorne“, sagt der Jubilar. Vielleicht ist das sein Geheimnis. Denn Prof. Otto Schmethüsen, der am Samstag seinen 90. Geburtstag feiern kann, merkt man das Alter nicht an. Der Künstler und bekannte Porträtmaler steht noch immer jeden Tag im Atelier seines kleinen Fachwerkhauses nahe der Schmelzhütte in Girkhausen.
Vorne, an den großen Fenstern der Giebelseite stehen Werkbank und Staffelei. An den Wänden hängen Ölbilder, Aquarelle und Kreidezeichnungen. Mit dem urgemütlichen tiefen Sofa wird daraus auch ein Wohnzimmer, auf dessen Kamin eine Pfeife ihren Vanilleduft verströmt. Morgens eine Pfeife, das gehört für Otto Schmethüsen zum immer gleichen Tagesrhythmus.
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Nach dem gemeinsamen Frühstück mit seiner Frau Erika zieht sich der Meister für ein paar Stunden zum Malen und Zeichnen zurück. „Mittags schlafe ich eine Stunde und dann gehen wir spazieren, ich arbeite im Garten oder schaufele Schnee. Diesen Ausgleich brauche ich“, erzählt Schmethüsen.
Kunst gibt ihm Kraft
Ans Aufhören denkt Schmethüsen nicht. Gerade erst hat er einen Schweizer Unternehmer auf Leinwand gebracht und den letzten Kurs mit seinen Schülern beendet. „Wenn ich 100 werde, kann ich wohl langsam in Rente gehen“, schmunzelt der Künstler, für den nicht nur Privatleute Modell gestanden haben, sondern auch Staatsoberhäupter, Kanzler und gekrönte Häupter.
Besonders viel Kraft gibt dem Maler die Arbeit mit seinen Schülern. „Da kommt so viel zurück“, schwärmt Schmethüsen, der gut 20 Jahre lang auch an Wittgensteiner Schulen Kunst unterrichtet hat. Ganz ohne erhobenen Zeigefinger. Schmethüsen weiß, wie man mit Talenten umgehen sollte.
Die meisten seiner Schüler sind Autodidakten, die sich den Wunsch eines professionellen Unterrichts erfüllen. „Die muss ich da abholen, wo sie aufgehört haben. Ihnen Erfolgserlebnisse geben. Das, was vorhanden ist, muss ich aufbauen.“ Mit diesem Rezept hat Schmethüsen eine treue Schar von – vor allem – Schülerinnen um sich versammelt. „Inzwischen sind wir wie eine große Familie und feiern zusammen auch große Erfolge.“
Überleben mit und durch die Kunst im Zweiten Weltkrieg
Neben den Kunstkursen, dem Arbeiten mit Schülern, sind Porträts seine große Leidenschaft. Egal ob idealisierende Abbildungen, gemalte Psychogramme oder realistische Darstellungen: Schmethüsen beherrscht sein Metier. Der in Bochum geborene Schmethüsen hat immer von der Kunst gelebt, ja sogar durch die Kunst überlebt, weil er oft die richtigen Menschen traf.
Malen als Kriegsgefangener in Frankreich
Ein Gymnasiallehrer war auf die Karikaturen aufmerksam geworden und überzeugte Schmethüsens Eltern, ihren Jungen auf die Folkwangschule in Essen zu schicken. Ein kunstsinniger Offizier sorgte im Zweiten Weltkrieg für seine Verwendung als Kriegszeichner, später hielt sich Schmethüsen als Kriegsgefangener in Frankreich mit Porträts der Wachmannschaften über Wasser. Für Bilder gab es Essen.
Stationen und Auszeichnungen
Seinen Professorentitel hat Otto Schmethüsen von der Freien Universität St. Gallen in der Schweiz. Dort unterrichtete er von 1992 bis 1998.
1973 erhielt er die Medaille des Europarates, 1975 den internationalen Jagdkunstpreis und 1976 eine Auszeichnung des Kultusministeriums NRW.
Nach dem Krieg beendete der Künstler sein Studium und verdiente sein Geld in der Werbung eines Stahlkonzerns. Bis er 1952 die Chance hatte, den damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuß zu porträtieren. Darauf folgten zahlreiche Aufträge: Bundespräsident Karl Carstens und die Kanzler Schmidt und Brandt sowie Angela Merkel, die ein Porträt von Adenauer bestellte.
Besonders Brandt ist Schmethüsen in Erinnerung, weil ihm der Kanzler im Atelier Modell saß. „Der wohnte im Hotel Hageman in Hoheleye und kam am zweiten Tag schon ohne Leibwächter, saß aber zu steif da. Erst als ich gesagt habe, ‘Herr Bundeskanzler werden sie mal ein bisschen locker’, war er der Willy Brandt den wir alle kennen.“
Aber das ist fast schon zu viel Rückblick. Schmethüsen schaut nach vorn: „Ich habe eine Anfrage von Hannelore Kraft. Sie möchte sich aber erst malen lassen, wenn sie nicht mehr Ministerpräsidentin ist. Wenn sie wiedergewählt wird, wird es schwierig, sie noch auf die Leinwand zu bekommen“, scherzt Schmethüsen. Aber er will ja noch lange nicht in Rente gehen.
Der Maler der Mächtigen