Wittgenstein..
Nein, bedrohlich ist die Situation bei der Versorgung mit Impfstoffen in Wittgenstein nicht, Engpässe gibt es aber dennoch, mehr oder weniger unregelmäßig. Kritisch wird aber die Impfmüdigkeit auch in der Region gesehen. Ist sie doch in den Augen der Experten ein Gesundheitsrisiko. Dies sind die Ergebnisse einer Umfrage der Westfalenpost bei heimischen Ärzten und Apothekern.
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„Es ist überall dasselbe, niemand wird bevorzugt“ – dies sagt Karsten Wolter von der Kur-Apotheke in Bad Berleburg. Es gebe gerade Engpässe bei Impfstoffen, das sei aber nichts Neues. Wolter gibt an, Probleme bei der Beschaffung von Impfstoffen gebe es seit zwei Jahren vermehrt. Beatrix Köckerling aus der Kinderarztpraxis von Dr. Arnold Köckerling und Dr. Bruno Förster in Biedenkopf bestätigten ebenfalls, dass es immer mal wieder zu Wartezeiten bei der Bestellung kommt oder ein Stoff auch gar nicht verfügbar ist. „Besonders ärgerlich ist das, wenn man die ganz Kleinen nicht impfen kann, meistens kann das aber im vorgegebenen Zeitraum nachgeholt werden“, so die medizinische Fachangestellte.
Köhler: Unglückliche Planung
Die Allgemeinmedizinerin Helga Roessiger aus Bad Berleburg beklagt vor allem Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Polio-Impfungen gegen Kinderlähmung. „Man muss auf einen vollständigen Impfschutz gerade bei Polio achten, das ist allerdings schwierig, wenn der Impfstoff nicht beschaffbar ist und das ist natürlich unbefriedigend. Deutschland ist Polio-frei und das soll ja auch so bleiben“, so die Ärztin. Auch die medizinische Fachangestellte Zakieh Chaabo von der Arztpraxis Haas und Röhl in Erndtebrück bestätigt lange Wartezeiten auf die Kombi-Impfung gegen Tetanus, Diphterie und Polio.
Entgegen einiger Vermutungen hätten die in Deutschland eintreffenden Flüchtlinge nichts mit dem Engpass zu tun, so der Apotheker Karsten Wolter. Er vermutet, die Gründe für die Beschaffungsschwierigkeiten der Impfstoffe könnten vor allem darin liegen, dass die Seren immer komfortabler werden sollen. In einer Kombi-Impfung können beispielsweise drei oder vier Impfstoffe enthalten sein, gespritzt wird aber nur einmal. Die Produktion solcher Kombi-Präparate ist dadurch aufwendiger und komplexer. Zudem werden Impfstoffe über Monate hergestellt und nach jeder Produktionscharge erneut überprüft, da in Deutschland hohe Sicherheitsstandards gelten.
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Auch der Apotheker Matthias Köhler von der Stadt-Apotheke in Bad Laasphe sieht das ähnlich. Es gebe immer mal wieder Probleme bei der Beschaffung von Impfstoffen, aber das sei ein allgemeines Problem der Versorgungsstruktur und auf eine unglückliche Planung der Firmen zurückzuführen und nicht auf die veränderte Flüchtlingssituation. Bisher habe die Apotheke jedoch alle Präparate beschaffen können, einen Engpass sieht Matthias Köhler daher nicht. „Schwierig wird es zum Beispiel bei Tollwut, denn die gibt es in Deutschland eigentlich nicht mehr. Das betrifft also Auslandsreisende.“
Barriere für Erreger
„Ich würde mir wünschen, dass die Nachfrage immer so hoch wäre, wie zum Beispiel bei der Vogelgrippe vor ein paar Jahren“, meint Wolter. Das Risiko gehe nicht von einem Impf-Engpass aus, sondern von der allgemeinen Impfmüdigkeit, die in der Bevölkerung herrsche. Gerade Menschen, die altersbedingt oder aufgrund von Autoimmunerkrankungen nicht geimpft werden können, könnten nur durch eine hohe Impfrate geschützt werden. Diese schaffe eine Barriere für Erreger. „Ganz allergisch bin ich gegen sogenannte Masern-Parties, wo alle Kinder in den Kindergarten geschickt werden, um sich anzustecken. Das ist Körperverletzung! Masern sind eine Krankheit, die mit ernsthaften Komplikationen einhergehen kann, gegen die man aber impfen kann“, so Karsten Wolter nachdrücklich.