Bad Laasphe.

Ludwig-Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg ist Dipl. Forstwirt und Dipl. Betriebswirt. Der Orkan Kyrill hat aus dem Bad Laaspher Waldbesitzer einen Energie-Unternehmer gemacht. 2013 eröffnete er den ersten Waldwindpark in Nordrhein-Westfalen. Wie es dazu kam und ob ihm der Wind der Gegner noch heute ins Gesicht weht, verriet uns Prinz Wittgenstein bei einer Tasse Kaffee in der Redaktion der Heimatzeitung. Außerdem bezog er klar Stellung zum Naturschutz und dem neuen NRW-Jagdgesetz.

Wie sind Sie vom Forstwirt zum Windmüller geworden?

Das war Kyrill. 2007 hat der Orkan uns 55 000 Festmeter Holz umgeworfen. Es war eine logistische Meisterleistung, wie in so kurzer Zeit so viel Wald in Südwestfalen wieder aufgeräumt werden konnte, aber gleichzeitig kam so viel Holz auf dem Markt, dass der Preis um rund 50 Prozent eingebrochen ist. Da stellte ich mir die Frage, wie kannst Du diesen Betrieb in die nächste Generation retten.

Und Windkraft war die Antwort auf diese Frage?

Vom Forstwirt zum Windmüller: Der Bad Laaspher Ludwig-Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (rechts) im Gespräch mit Redakteur Lars-Peter Dickel
Vom Forstwirt zum Windmüller: Der Bad Laaspher Ludwig-Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (rechts) im Gespräch mit Redakteur Lars-Peter Dickel © WP

Wir haben überlegt, was machen wir? Von Windkraft hatten wir keine Ahnung. Darauf sind wir erst 2008 über Freundesfreunde gestoßen. Am Anfang waren das nur Zahlenspiele. Schließlich wussten wir auch nichts über Windhöffigkeit oder was man tun muss, um ein solches Projekt zu planen. Aber eines war uns von Anfang an klar. Wir machen das Ding selber, obwohl wir nur zu zweit waren, der Werkstudent Cliff Reppel und ich. Natürlich haben wir auch Know-how eingekauft. Jetzt ist Windkraft ein wichtiges zweites Standbein des Betriebes.

Was trennt aus Ihrer Sicht Ihre beiden Berufszweige Forstwirtschaft und Windkraft und was verbindet sie?

Beides hat sehr viel mit Nachhaltigkeit zu tun. Was wir machen, ist nach meiner Auffassung angewandter Naturschutz, ein Mittel gegen die Klimaerwärmung. Da sind wir mit der Windkraft und anderen alternativen Energien auf dem richtigen Weg. Interessanter Weise sind die Naturschutzverbände in dieser Frage gespalten. Aber ich frage mich, was die Alternative ist: Braunkohletagebaue, Kohlekraftwerke oder sogar Atomkraft? Seit Fukushima ist die Energiewende politischer Konsens. Daran müssen wir uns halten, auch mit den Konsequenzen daraus.

Aber auch Windkraft erzeugt Gegenwind. Was ist Ihre wichtigste Erfahrung aus den Diskussionen mit den Kritikern?

Die meisten verfolgen egoistische Motive, die nichts mit Naturschutz zu tun haben. Die Motive dürfen sie auch haben, aber dann sollen sie das auch so offen sagen. Da geht es zum Beispiel in erster Linie um möglicherweise gesunkene Immobilienwerte und Angst vor neuen Entwicklungen. Nicht etwa um Vogelschutz.

Was sind die größten Hürden, die Sie auf dem Weg von der Idee zur bestehenden Anlage nehmen mussten?

Das Ganze ist ein extrem aufwändiges Verfahren, das lange dauert und viel Geld kostet - Und dabei ist sogar noch offen, ob die Windkraftanlagen am Ende überhaupt genehmigt werden. Sie müssen sich Fachleute für Avifaunistische (Vogelschutz) Gutachten suchen, für Fledermäuse und so weiter. Nur mal so am Rande: Wenn die Anlagen bereits stehen werden deren Standplätze großflächig jeden morgen auf mögliche Schlagopfer abgesucht. Davon hängt unter anderem ab, ob die Anlagen mittels eines Computerprogramms bei Anzeichen auf erhöhter Fledermausaktivität herunter geregelt werden müssen. Um später nachweisen zu können, dass genau genug gesucht worden ist, wird mit GPS-genau ausgelegten, toten Labormäusen getestet, wie viele tote Tiere beispielsweise durch Füchse über Nacht geholt worden sein könnten.

Welche Rolle spielt die Politik?

Am Anfang war die politische Konstellation schwierig. Für die Stadt Bad Laasphe und den Kreis Siegen-Wittgenstein war das alles Neuland. Bad Laasphes Bürgermeister Robert Gravemeier war ein erklärter Gegner der Windkraft. Als der 2010 nicht mehr antrat, hatten wir gerade alle Gutachten fertig. Gleichzeitig wechselte auch noch die Landesregierung von schwarz-gelb zu rot-grün und wir hatten weniger Widerstand.

Sie haben bereits acht Anlagen, wollen Sie weiter investieren und ihr Know-how an anderer Stelle nutzen?

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Wir haben ein Planungsbüro gegründet und bekommen inzwischen auch viele Anfragen von Investoren, die wissen wollen, wie wir das gemacht haben. Natürlich planen wir auch in der Gegend, aber der Regionalplan greift nicht und die Stadt Bad Laasphe hat ihre Planungen für Windkraftvorrangzonen noch nicht fertig. Ein weiterer wichtiger Punkt ist das magische Datum Januar 2017. Keiner weiß, wie die Einspeisevergütung dann aussehen wird. Liegt sie bei 7,8 oder bei 8,9 Cent je Kilowattstunde? Da sind wir kleinen Energieerzeuger übrigens im Nachteil gegenüber RWE und den anderen großen Konzernen. Da muss die Politik etwas tun, wenn sie dezentrale Energieerzeugung will und auch Bürgerwindparks und Energiegenossenschaften einbeziehen will.

Sie gehören zu einer traditionsreichen Familie, in der es verschiedene Auffassungen zu Windkraftanlagen gibt. Sprechen Sie mit ihrem Vetter Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg darüber, oder hängt der Haussegen schief?

Ich respektiere seine Person und seine Auffassung und hoffe, dass er auch meine Meinung respektiert.

Eine traditionelles Standbein ihrer Familie ist neben der Forstwirtschaft auch die Jagd. Wie sehen sie das neue NRW-Jagdgesetz mit seinen Fütterungsverboten und dem Grundsatz Wald vor Wild?

Das ist zum Teil absurd. Hier wird ein Wild-Wald-Konflikt geschürt, den es so vorher nicht gab. Unsere heimischen Tiere bereichern den Wald. Ein Wald, in dem sich nichts bewegt, ist für mich langweilig, außerdem ist es ein Eingriff ins Privateigentum. Die Bestandsregulierung der Tiere sollte man den Förstern überlassen. Zum Beispiel hat es wenig mit der Realität zu tun, wenn ich das Zufüttern in Notzeiten verbiete. Die Rübenfütterung im Winter verhindert Wildschäden. Wenn ich sie verbiete, werden die Schäden zunehmen. Die Konsequenz ist, dass sich entweder kaum noch Jagdpächter finden oder ich die Regulierung der Schäden deckeln muss. Für mich ist dieses Gesetz unnötig.