Soest/Arnsberg. . Der Soester Bürgermeister Eckhard Ruthemeyer ist entsetzt, auch die Nachbarn können es nicht fassen: Eine 21-jährige Mutter lässt ihre vier Monate alte Tochter viereinhalb Tage lang allein. Das Kind verdurstet qualvoll. Jetzt wird klar: Das Jugendamt in Soest war mit dem Fall befasst.

Den Menschen in Soest fehlen die Worte. Sie sind entsetzt, sprachlos über die Tat. In ihrer Wohnung im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses im Norden der Stadt lässt eine 21-jährige Mutter ihr vier Monate altes Mädchen verhungern und verdursten. Und niemand bekommt es mit.

Beim Jugendamt bekannt

„Der Säugling ist seit zwei Wochen Wochen tot“, sagt Staatsanwalt Marco Karlin aus Arnsberg im Gespräch mit dieser Zeitung. „Das hat die Obduktion in der Gerichtsmedizin in Dortmund ergeben.“ Todesursache? „Es gibt keine anatomischen Anzeichen von Gewalteinwirkung. Wir gehen davon aus, dass das Kind verhungert oder verdurstet ist.“

Ein Würmchen, zwei, drei Kilo schwer, stirbt an Vernachlässigung und mangelnder Fürsorge. „Ich bin fassungslos, dass so etwas in unserer Stadt passieren kann“, sagt der Soester Bürgermeister Eckhard Ruthemeyer. Der Christdemokrat bestätigt, dass die Mutter des Mädchens beim Jugendamt bekannt sei.

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Eine spätere Erklärung der Stadt unterstreicht dies. Hier heißt es:

„Mutter und Kind waren dem städtischen Jugendamt bekannt. Bereits vor der Geburt des Säuglings ist seitens des Jugendamtes ein externer Träger mit der Betreuung der Familie beauftragt worden. Im Rahmen der sogenannten sozialpädagogischen Familienhilfe wurde die Familie regelmäßig aufgesucht. Dabei wurden der Mutter verschiedene Angebote gemacht, die sie bei der Bewältigung des Alltags unterstützen. Aus den Kontakten zu der Familie hat sich kein Anhaltspunkt ergeben, der darauf hätte schließen lassen, dass das Kind gefährdet sein könnte. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des städtischen Jugendamtes sind wegen des Todes des Kindes sehr erschüttert. Die Stadt Soest unterstützt die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bei der Aufklärung des Geschehens.“

Bekannt ist derzeit so viel: Die unter gesetzlicher Betreuung stehende, psychisch kranke Frau taucht am Montagnachmittag beim Jugendamt in Soest auf und sagt, ihrem Kind gehe es nicht so gut. Gemeinsam mit den Mitarbeitern fährt sie in die Wohnung. Noch vor der Haustür sagt sie, ihre Tochter liege seit längerer Zeit tot in der Wohnung. Die Mitarbeiter informieren die Polizei. Um 16.30 Uhr entdecken die Beamten die Leiche des Säuglings.

Haftbefehl erlassen

Die Mordkommission in Dortmund und die Kriminalpolizei in Soest nehmen die Ermittlungen auf. Die Frau bleibt in polizeilichem Gewahrsam in Soest. Sie steht unter dringendem Tatverdacht, mittelbar für den Tod verantwortlich zu sein. Staatsanwalt Karlin: „Wir gehen von Totschlag durch Unterlassen aus.“

Die junge Frau, sie lebt alleine und geht keiner Beschäftigung nach, gibt bei der Befragung der Ermittler zu, sich Ende Oktober ohne das Kind außerhalb von Soest aufgehalten zu haben. Das kleine Mädchen bleibt sich mindestens vier Tage in der Wohnung selbst überlassen, so die ersten Erkenntnisse. Am Dienstagnachmittag wird die Mutter dem Haftrichter am Amtsgericht Soest vorgeführt. Dieser erlässt einen Haftbefehl. Hinweise auf Versäumnisse der Behörde liegen nach Angaben der Arnsberger Staatsanwaltschaft bislang nicht vor.