Werl. Westönnen, das 2600-Einwohner-Dorf an der Bundesstraße 1 zwischen Soest und Werl, steht in diesen Tagen zusammen wie eine Eins. Die Dorfgemeinschaft bangt um die 23 Jahre alte Liesa, die seit drei Wochen vermisst wird.

Das Westönner „Heimatlied“ gibt auch anno 2012 eine treffende Beschreibung des Zusammenhalts in dem flächen- und einwohnermäßig zweitgrößten Ortsteil von Werl: „Dort, wo alle Bande der Freundschaft umschlingt.“ Es ist nicht so daher gesagt, wie Liesas Vater Peter in diesen „zermürbenden Tagen“ bestätigen kann. „Es ist unglaublich, wie viele uns beistehen“, sagt der 54-Jährige. Nicht umsonst heißt wohl der Tambourcorps in Westönnen „Einigkeit“.

Beispiel Rot-Weiß Westönnen: Hier kickt Liesas Vater bei den Alten Herren, und hier hat sein Vorstandskollege Meinolf Westerhoff eine beispiellose Aktion gestartet. Per E-Mail baten er und andere Altherren zunächst weitere Vereinsmitglieder um eine Spende für eine Belohnung für Hinweise auf den Verbleib der 23-jährigen Auszubildenden, die in Dortmund arbeitet und im Ruhrgebiet viele Freunde und Bekannte hat. „Es zog große Kreise“, erzählt der 56-Jährige. Die Mails erreichten im Schneeballsystem immer mehr Menschen, eine Lawine kam ins Rollen. „Spender von nah und fern, Bekannte und Fremde, Vereine und Firmen.“ Weit über 100 Menschen erklärten sich bereit zu helfen und schickten teilweise herzzerreißende Mails. Westerhoff: „Oft stockte mir der Atem. Ich musste mit den Tränen kämpfen.“ Zum Abschluss der Aktion am vergangenen Sonntag zählte der Initiator verbindliche Zusagen in Höhe von 35 000 Euro, die jetzt als Belohnung für sachdienliche Hinweise ausgesetzt sind.

Die Belohnung für sachdienliche Hinweise im Falle der seit knapp drei Wochen vermissten Liesa Schulte aus Werl-Westönnen wurde auf 35 000 Euro erhöht. Meinolf Westerhoff (2.v.re.) und Rainer Wiemer (2.v.li) vom Vorstand des Sportvereins Rot Weiß Westönnen sammelten in einer Aktion das Geld. Vater Peter Schulte (re.) und sein Sohn Peter jun. hoffen, dass ein entscheidender Hinweis eingeht.
Die Belohnung für sachdienliche Hinweise im Falle der seit knapp drei Wochen vermissten Liesa Schulte aus Werl-Westönnen wurde auf 35 000 Euro erhöht. Meinolf Westerhoff (2.v.re.) und Rainer Wiemer (2.v.li) vom Vorstand des Sportvereins Rot Weiß Westönnen sammelten in einer Aktion das Geld. Vater Peter Schulte (re.) und sein Sohn Peter jun. hoffen, dass ein entscheidender Hinweis eingeht. © WP

Mit der stolzen Summe - und der Verbreitung dieser Information in der Öffentlichkeit - hoffen die Altherren-Fußballer von Rot-Weiß Westönnen und Liesas Familie auf den alles entscheidenden Hinweis über den Aufenthaltsort der seit dem 16. April spurlos Verschwundenen. „Vielleicht meldet sich ja einer mit den Worten: ,Da ist Liesa‘“, sagt Westerhoff und hält einen kurzen Moment inne. „Hoffentlich lebend.“ Die Polizei schließt ein Gewaltverbrechen nicht aus. Die 23-Jährige hatte das Elternhaus zu einer Aussprache mit ihrem früheren Freund verlassen.

Westönnen bangt mit Liesa Vater Peter, Mutter Annette (53) und Bruder Peter jr. (19). „Die Anteilnahme ist riesengroß. Jeder fühlt sich mit der Familie verbunden“, sagt Meinolf Westerhoff. Wenige Tage nach dem Verschwinden der jungen Frau hatten sich 250 Mitbürger an einer Suchaktion beteiligt. „Der Zusammenhalt in einer Dorfgemeinschaft ist einfach ganz anders als in einer Großstadt“, kommentiert Rainer Wiemer. Der Vorsitzende der Fußball- und Breitentsportabteilung von Rot-Weiß Westönnen hat die Hoffnung, dass sich alles noch zum Guten wendet. Er glaubt wie sein Schwager Peter fest daran, dass Liesa lebt.

Am Donnerstagabend kamen 100 Menschen vor der Wallfahrtsbasilika im nahen Werl zusammen. Sie entzündeten Kerzen, deren Licht die Vermisste nach Hause führen soll. Am Sonntag Nachmittag trafen sich die Westönner im Gotteshaus der Katholischen Kirchengemeinde St. Cäcilia. Im Anschluss an die Maiandacht fand eine gemeinsame Gebetsstunde für Liesa statt. Der Hinweis auf das „gemeinsame“ Erleben war eigentlich überflüssig. Westönnen steht zusammen wie eine Eins.

Sachdienliche Hinweise nimmt der Kriminaldauerdienst der Dortmunder Polizei unter der Telefonnummer 0231/132 7999 oder jede Polizeidienststelle entgegen.