Sichtigvor.
Dirk Sander ist ein starker Raucher – oder besser: Er war es. Denn jetzt ist er Dampfer. Der 38-Jährige ist vom Glimmstängel auf die E-Zigarette umgestiegen.
Die ersten „elektrischen Zigaretten“ kamen etwa 2003 auf den Markt, schafften jedoch nicht den Durchbruch: Sie waren nicht leistungsfähig genug, sahen optisch nicht attraktiv aus, der Geschmack passte den Rauchern nicht, die Wirkung war zu gering – und das galt auch für die Betriebsdauer.
Vor einiger Zeit schwappte jedoch die Idee aus Südosteuropa erneut bis nach Deutschland und löste einen Boom aus. Nach einiger Zeit erreichte dieser auch den Sichtigvorer, der bis dahin ein Paket Drehtabak pro Tag in Luft aufgehen ließ. Sander stellte fest, dass Unterschiede zwischen der E- und einer normalen Zigarette kaum noch bestehen: Der starke Raucher stieg um. „Ich lebe seit sieben Monaten völlig rauchfrei, und das von einem Tag auf den anderen“.
Seine Erfahrungen: Der Geschmack kommt dem Original sehr nahe, die Gewohnheiten eines Rauchers bleiben (nur das Anzünden entfällt), der Körper bekommt seinen nötigen Nikotinstoß – was sich aber auch problemlos reduzieren lässt, „denn Nikotin ist am Geschmack der Zigarette praktisch nicht beteiligt“.
Sander, von Haus aus im Consulting-Bereich tätig, erkannte die Geschäftsidee und eröffnete im Sommer in Sichtigvor seine „E-Smoke-Lounge“, wo der Kunde seine zu verdampfenden Flüssigkeiten (sie ersetzen schließlich den Rauch) nach seinem Gusto aussuchen kann – vom Geschmack bekannter Marken-Zigaretten bis zu türkischem Tabak, aber natürlich auch Menthol, Mint, Vanille und andere Varianten. Selbst Pfeifenraucher können längst auf elektrisch umsteigen. Sander: „Es ist inzwischen möglich, dem Geschmackserlebnis gerecht zu werden“ – und auch optisch unterscheidet sich eine E-Pfeife nicht vom „Original“.
Einmal abgesehen von den gesundheitlichen Gründen: Mit der E-Zigarette lässt sich das Rauchverbot meist – zumindest derzeit noch – legal umgehen, denn elektrisches Rauchen wird bislang nicht vom Raucherschutzgesetz erfasst. Es muss daher schon irritieren, wenn etwas im Restaurant jemand sitzt und scheinbar Tabakrauch ausstößt. Aber: Es handelt sich nicht um Rauch. Dieser enthält Feinstaub, Gase und Kondensate, weiß der Sichtigvorer. Hingegen entsteht der Dampf einer E-Zigarette aus Flüssigkeit, etwa Propylenglycol (Sander: „Das ist so etwas ähnliches wie beim Disco-Nebel verwendet wird“), in Kombination mit Wasser und Lebensmittelaromen. Entscheidend: Man riecht nichts. „Das ist der Gag“, weiß der 38-Jährige.
Sander hat Mitleid mit den normalen Rauchern, etwa in der Kneipe: „Sie sehen die visuellen Aspekte, den Dampf, und können das nicht beurteilen.“ Und will der Raucher seinem Verlangen nachgehen, „muss er raus – und ist dann neidisch.“
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Diese Argumente leuchteten dem Sichtigvorer ein, er beschloss im Sommer, sein Wissen mit einem eigenen Geschäft umzusetzen. Mit 500 Euro startete er den Test mit seiner „E-Smoke Lounge“. Das war noch „mit einem lächerlich kleinen Bestand“, blickt der 38-Jährige zurück – so viel verkaufe er heute teils in einer Stunde. Das mag auch daran liegen, dass die Konkurrenz weit weg ist – Warstein und das Umfeld „gehört“ ihm. Kein Wunder, dass der Verkaufsraum in Sichtigvor langsam nicht mehr ausreicht: Sander ist auf der Suche nach einem passenden Ladenlokal in der Kernstadt, den er zusätzlich betreiben möchte. In Rüthen gibt es einen Kooperationspartner; zudem soll die Warsteiner Kneipen-Szene berücksichtigt werden.
Übrigens: Unter gewissen Umständen rät Sander auch mal vom Konsum der E-Zigarette ab: Etwa dann, wenn Eltern im Zimmer ihrer kleinen Kinder rauchen wollen. Denn selbstverständlich ist im Dampf üblicherweise auch Nikotin, das beim Inhalieren zu 95 Prozent im Körper bleibt – aber eben auch zu fünf Prozent in die Umgebungsluft gelangt (wenn man es auch nicht riecht).