Sichtigvor. . Norbert Gröblinghoff und Waldbauernverband fordern von Agrarministern Unterstützung beim Wald-Umbau. Warum er sich für den Winter Regen wünscht.
Insbesondere Waldbesitzer, die nur geringe Flächen bewirtschaften, benötigen Hilfestellungen von der Politik – mit dieser Forderung begleitet der Waldbauernverband NRW die Agrarministerkonferenz in Bad Sassendorf.
Vor der großen Demonstration rund um das Tagungszentrum machte sich Geschäftsführerin Heidrun Buß-Schöne gestern Vormittag in Sichtigvor ein Bild von der Schadenslage nach Orkan Friederike und einem der stärksten Borkenkäfer-Befälle der vergangenen Jahrzehnte.
Norbert Gröblinghoff, Vorsitzender der Forstbetriebsgesellschaft Allagen-Sichtigvor, führte sie in ein besonders stark betroffenes Waldstück bei Sichtigvor. Im WP-Interview beschreibt er die Probleme und stellt eindeutige Forderungen an Politik, Umweltverbände und Behörden.
Wie groß ist der Schaden, den Orkan Friederike im Januar und dann der Borkenkäfer angerichtet haben?
Norbert Gröblinghoff: In unserer Forstbetriebsgemeinschaft schlagen wir normalerweise 12 000 Festmeter im Jahr. Durch Friederike hatten wir im Januar schon rund 22 000 Festmeter Schadholz, dazu kamen durch den Borkenkäfer weitere 25 000 bis 30 000 Festmeter. Insgesamt ist der Schaden dieses Jahr damit größer als bei Kyrill 2007. Ganze Fichtenhänge sind abgängig und werden verschwinden.
Was bedeutet das für die Waldbauern?
Einige Waldbesitzer sind in diesem Jahr enorm gebeutelt. Viele leben zum Glück nicht nur vom Wald, sonst wäre das existenzbedrohend.
Der Fichtenanteil in Allagen-Sichtigvor liegt bei 80 bis 85 Prozent. Hätten die Waldbauern nicht früher reagieren und auf stabilere Baumarten setzen müssen?
Wir haben nach Kyrill gesagt, dass es bei der Wiederaufforstung keinen Sinn ergibt, nur auf die Fichte zu gehen. Deswegen haben wir Neukulturen angelegt mit Douglasie und Lärche. Da könnte der Borkenkäfer theoretisch auch dran gehen, aber diese Baumarten wurzeln tiefer und kommen deshalb leichter an Wasser.
„Klimawandel-Problem“
Heidrun Buß-Schöne, Geschäftsführerin des Waldbauernverbands NRW, beklagt sich, dass eine Beihilfe zur Holzlagerung nach Orkan Friederike vom Land abgelehnt worden sei.
„Viel Holz kann nicht vermarktet werden und bleibt im Wald liegen“, erklärt sie. Damit bestehe die Gefahr, dass der Borkenkäfer von dort auf weitere gesunde Pflanzen überspringt. „Das ist kein Bewirtschaftungsproblem, sondern ein Klimawandel-Problem.“
Das macht sie stabiler. Die Fichte ist seit Beginn der Trockenheit im April geschwächt. Dann sendet sie Botenstoffe aus, die den Borkenkäfer anlocken. Inzwischen beobachten wir schon die vierte Generation Borkenkäfer in einem Jahr, das hat es so noch nicht gegeben.
Wieso sind die Waldbauern den Umbau des Forsts nicht schon früher angegangen?
Es gab besonders im Ruhrgebiet einen großen Bedarf nach Fichtenholz – ob für die Stollen im Bergbau oder zum Wiederaufbau der Häuser nach beiden Weltkriegen. Wir Waldbauern haben uns seinerzeit den Anforderungen der Gesellschaft gestellt und machen das jetzt auch wieder. Dafür haben wir keine Nackenschläge verdient.
Naturschützer fordern, stärker auf Laubbäume wie die Buche zu setzen.
Wir können nicht nur einen Laubwald machen, der vielleicht schön anzuschauen sein mag, aber wirtschaftlich nicht funktioniert. Denn wir benötigen das Nadelholz als Bauholz. Es gibt keinen Dachstuhl aus Buche. Was wäre denn die Alternative, wenn wir das Bauholz nicht selber produzieren?
Dann müssten wir es aus Russland importieren – und da wird nicht so nachhaltig gearbeitet wie hier. Das wäre eine ökologische Katastrophe. Dazu kommt, dass in diesem Jahr auch viele junge Laubholzkulturen große Probleme haben.
Sie demonstrieren bei der Agrarministerkonferenz. Was fordern Sie von der Politik?
In der Umstellungsphase müssen die Waldbesitzer Hilfe bekommen. Wir brauchen Beratung von Experten, welche Bäume geeignet sind, um einen Wald zu erstellen, der langfristig stabil ist – der zum einen der Erholung dient, zum anderen aber auch als Wirtschaftswald funktioniert. Eine weitere Kernforderung ist die Aktivierung des Forstschädenausgleichsgesetzes.
Sie wollen eine Entschädigung für Verdienstausfälle?
Wir wollen, dass der deutsche Waldbesitz geschützt wird. Die Dürre trifft auch Tschechien, Österreich, Skandinavien – all das Holz wird auf den deutschen Markt geschwemmt. Das erschwert unsere Probleme.
Welches Wetter wünschen Sie sich für die kommenden Monate, damit sich der Wald wieder erholt?
Mit trockener Kälte kommt der Borkenkäfer klar, deswegen könnten wir einen nassen Herbst und Winter gut gebrauchen. Sonst überleben die Larven und im Frühjahr werden direkt die nächsten Bäume infiziert.
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