Südwestfalen. . Medizinische Versorgungszentren, Werbung und neue Regeln: Was die Region unternimmt, um dem drohenden Hausarztmangel zu begegnen.

  • KV fährt seit zwei Jahren Nachwuchskampagne.
  • Medizinisches Versorgungszentrum in Balve als Modell.
  • Wer die Arbeit erst kennenlernt ist oft begeistert.

Wenn man die älter werdenden Bürger fragt, was ihnen wichtig ist, und die Städte und Kreise, welcher Aufgabe angesichts des demografischen Wandels besondere Bedeutung zukommt, erhält man die gleiche Antwort: die medizinische Versorgung. Die ist wie in vielen ländlichen Regionen auch in Südwestfalen gefährdet.

Die Lage

Für die Versorgung mit niedergelassenen Ärzten ist die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe zuständig. Für die spricht Jens Flintrop. Seine Analyse: „Noch ist die Versorgung gut. Aber ein Drittel der 4800 Hausärzte in unserem Bereich ist älter als 60 Jahre.“ Das könnte schon bald Probleme bereiten. Zwar gibt es keine Altersgrenze mehr, aber irgendwann hören sie doch auf. Und dann wird es schwierig, einen Nachfolger für die Landarzt-Praxis zu finden. „Früher war das ein Selbstläufer“, sagt Flintrop. Doch jetzt wird der Nachwuchs knapp. Dabei hat sich die Zahl der Studienabsolventen nicht geändert.

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Die Gründe

Was also hält die jungen Ärzte davon ab, eine Hausarztpraxis auf dem Land zu übernehmen? „Es gibt viele andere attraktive Berufsmöglichkeiten“, erklärt Flintrop. Für die Allgemeinmedizin werde im Studium nicht genügend Begeisterung geweckt, bei der Weiterbildung würden Hausärzte benachteiligt und generell sei die Bereitschaft, sich als Unternehmer selbstständig zu machen, bei der jungen Generation weniger ausgeprägt. Und bei den Frauen, die inzwischen die große Mehrheit der jungen Ärzte stellen, noch weniger.

Die Rezepte

„Es sind Vorurteile im Umlauf“, sagt KV-Sprecher Flintrop. Es gebe die Befürchtung, man müsse als Landarzt Tag und Nacht bereitstehen und an einen Ort ziehen, an dem der Partner eventuell keinen Job finde. Das sei nicht die Realität. „Man darf wohnen, wo man will, und kann als Angestellter arbeiten.“ Zusammenschlüsse und Filialen seien zulässig. „Da ist sehr vieles möglich.“ Damit sich das herumspricht, hat die KV vor zwei Jahren eine Nachwuchskampagne gestartet, vergibt Stipendien, vermittelt Patenschaften, berät in Seminaren, gibt Darlehen oder eine Umsatzgarantie für den Anfang.

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Ein Modell

Wenn auch die Hausärzte das vordringliche Problem sind, mittelfristig könnte auch die fachärztliche Versorgung leiden. Die Sorge war groß, als 2012 das Marien-Krankenhaus in Balve schloss. 2013 ist dort das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) St. Damian entstanden: Drei Internisten, ein Kardiologe und eine Gastro­enterologin versorgen das Hönnetal wohnortnah. Betrieben wird das MVZ vom Katharinenhospital in Unna. Dessen kaufmännischer Direktor Thorsten Roy nennt drei Gründe, aus denen das Modell funktioniert: „Es gab schon vorher eine enge Verbindung zwischen Balve und unserer Kardiologie. Im Ort gab es eine Bürgerinitiative, die viel Kraft und Geld investiert hat. Und auch die niedergelassenen Ärzte waren sehr engagiert.“ Die Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung, immer gefordert: Hier klappt sie. „Wir kümmern uns um die Verwaltung, die Ärzte nur ums medizinische“, sagt Roy. „Das ist für sie sehr attraktiv.“

Die Hoffnung

Das MVZ als Vorbild? Auch, meint die KV. Aber das traditionelle Moment habe noch nicht ausgedient: „Wer einmal eine Hausarztpraxis kennengelernt hat, stellt meist fest, dass die Arbeit dort sehr befriedigend ist“, sagt Jens Flintrop.