Soester Allerheiligenkirmes macht Stadt froh, Händler nicht
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Soest. . Die Soester Allerheiligenkirmes bringt einen Gesamtumsatz von 80 bis 100 Millionen Euro. Nur der Einzelhandel profitiert nicht. Start am Mittwoch.
Jubel, Trubel, Heiterkeit – das wird das Bild der Soester Altstadt prägen, wenn an diesem Mittwoch die 678. Allerheiligenkirmes beginnt. Sie dauert bis Sonntag, 8. November. Doch die alte Hansestadt lebt nicht vom Spaß allein: Die fünf Tage mit 400 Schaustellern auf 50.000 Quadratmeter locken rund eine Million Besucher an und bescheren einen Gesamtumsatz von 80 bis 100 Millionen Euro.
Diese Summe hat Wirtschaftsförderer Ferdinand Griewel errechnen lassen. Sie klingt gigantisch. Sie schreit nach Erläuterung. Griewel liefert: „Es sind ja nicht nur die fünf Kirmes-Tage allein. Die Schausteller und ihre Mitarbeiter, das sind ungefähr 4000 Menschen, sind für fast drei Wochen in der Stadt und geben Geld aus.“ Einen gewaltigen Effekt hätten die Besuchermassen auf die Gastronomie und das Hotelgewerbe: „Unterkünfte sind im ganzen Kreis Soest ausgebucht.“
Allerheiligenkirmes-Besucher geben bis zu 3800 Euro aus
Die Soester Wirtschaftsförderer haben Besucher gefragt, wie viel Geld sie während der Kirmes ausgeben. „Die Antworten reichten von 0 bis 3800 Euro“, berichtet Griewel. Durchschnittlich kommt man auf etwa 80 Euro pro Person, das ergibt dann die Gesamtsumme.
Allerheiligenkirmes 2015 eröffnet
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Die enthält allerdings nicht nur die direkten Ausgaben der Gäste. Beispielsweise wird für die Kirmes eine Infrastruktur aufgebaut, die Elektrizität zur Verfügung stellt, die normalerweise für 150.000 Einwohner reichen würde. Handwerker sind mit Reparaturen beschäftigt, 200.000 zusätzliche Fahrten mit dem ÖPNV fallen an.
Nur der Einzelhandel profitiere nicht, hat der Wirtschaftsförderer erfahren. Für Karina Brühmann vom Einzelhandelsverband Südwestfalen ist das keine Überraschung: „So eine Kirmes ist anders als ein Weihnachtsmarkt keine händleraffine Veranstaltung. So ein Event lockt keine Kunden an, die einkaufen gehen wollen.“
20 Prozent weniger Umsatz für Handel im November
Genauer weiß das Marc Schreiber vom Schuhhaus Schreiber in der Brüderstraße. „September, Oktober, November sind im Schuhhandel die besten Monate. In unseren Geschäften in Unna und Werl sind alle drei Monate gleich gut, aber in Soest haben wir im November 20 Prozent weniger Umsatz.“
Aufbau der Allerheiligenkirmes
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Die Ursachen seien simpel: „Vor der Kirmes sparen die Soester für die Kirmes. Während der Kirmes wollen sie nicht mit Tüten herumlaufen. Und nach der Kirmes haben sie kein Geld.“
Schreiber geht es dabei nicht nur um die fünf tollen Tage: „Schon während des Auf- und Abbaus ist die Innenstadt mit dem Auto schlecht erreichbar.“ Und wenn die Fußgängerzone einseitig mit Ständen zugebaut sei, verlocke das nicht zum Eintritt in die Läden. Was Schreiber zusätzlich ärgert: „Bisweilen gibt es sogar eine Sortimentsüberschneidung, wenn einzelne Stände zum Beispiel Socken anbieten.“ Aber er will auch nicht zu sehr jammern. Die Allerheiligenkirmes ist ja kein ganz neues Phänomen: „Wir können und wir müssen damit leben.“
Weihnachtsmarkt in Soest lässt auch die Kassen klingeln
Anders sieht die Bilanz beim Weihnachtsmarkt aus: „Der Durchschnittsbesucher lässt 25 Euro auf dem Markt und fast 80 Euro im Einzelhandel“, weiß Ferdinand Griewel. Das seien bessere Zahlen als beispielsweise in Dortmund. Das hat 2012 eine Studie der Fachhochschule Südwestfalen in Hagen ergeben.
Soester Pferdemarkt 2014 im Sonnenschein
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Wenn denn aber der Rubel nahezu überall so rollt, warum hat denn die Kirmes der Stadt im vergangenen Jahr ein Defizit von 100 000 Euro beschert? Griewel führt vor allem die gestiegenen Sicherheitskosten an. Deshalb habe man für dieses Jahr die Standgebühren erhöht. Das löst bei den Betroffenen wenig Begeisterung aus, ohne den Drang nach Soest allerdings zu beschädigen: „Für die 400 Stände hatten wir knapp 1700 Bewerbungen.“ Und für 2015 habe man die Kosten im Griff. Nicht nur die: „Die Wetterprognose ist traumhaft“, freut sich der Wirtschaftsförderer. Der Schuhhaus-Inhaber hätte andere Prioritäten: „Wir würden Umsatz machen, falls es schneien sollte. Doch das ist wenig wahrscheinlich.“
Allerheiligenkirmes 2014 - Eröffnung
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Bürgermeister Eckhard Ruthemeyer dagegen sieht nur Gewinner: „Von der Allerheiligenkirmes profitiert Soest auch an den übrigen 360 Tagen im Jahr. Wer die Stadt während der Kirmes kennenlernt, kommt oft zu weiteren Besuchen zurück. Insofern zieht die Kirmes auch jenseits der eigentlichen Veranstaltungstage Kunden in die Soester Geschäfte und Gäste in die Restaurants und Hotels. Außerdem bereichert die Allerheiligenkirmes das Freizeitangebot der Stadt und macht Soest auf diese Weise auch als Wohnort attraktiv.“
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