Estinghausen. Die Sunderner Tierschützerin Susanne Kütter ist auf der Suche nach einem neuen Stall für ihre 12 Ponys und Mulis. Die Verzweiflung ist groß.
Außergewöhnliche Augenblicke erfordern außergewöhnliche Maßnahmen – das weiß Susanne Kütter. Wenn sie nicht so reagieren würde, dann wäre sie nicht seit fast 25 Jahren Pferdebesitzerin. „Mein Mann erkrankte damals sehr schwer an Krebs“, erinnert sie sich. „Sein größter Wunsch war es, unseren Kindern ihre größten Geburtstagswünsche zu erfüllen.“ Deswegen bekam der Sohn einen eigenen Computer, und die Tochter, damals fünf Jahre alt, ein eigenes Pony. Dieses Pony gab der Familie Halt in der schweren Zeit nach dem Tod des Vaters – und infizierte Mutter und Tochter endgültig mit dem Pferdevirus.
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„Pferde geben einem etwas, das man nirgendwo sonst bekommt, wenn man ihnen nur zuhört“, erzählt Susanne. Das hat sie nicht nur ihrer Tochter gezeigt, sondern auch zahllosen anderen Menschen. Durch ihre Arbeit in der Psychiatrie hatte sie viel Kontakt mit psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen – einige davon brachte sie mit zu ihren Ponys, die den Kindern halfen, sich zu beruhigen, zu entspannen und zu öffnen. „Pferde treffen da Punkte, an die kommen wir Menschen gar nicht dran.“
Pferde und Ponies helfen bei der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen
Bis heute gibt sie Kindern und Jugendlichen die Chance, sich mit ihren Ponys zu beschäftigen – ein wichtiger Punkt in der Entwicklung der jungen Menschen. Und auch Susanne, die mittlerweile in der ambulanten Altenpflege in Arnsberg arbeitet, findet im Stall ihren Ausgleich, kann hier Kraft schöpfen.
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Das Problem? Aktuell sieht es nicht gut aus für die Ponybande, wie sie sich liebevoll nennen. Der Stall, in dem sich Susanne mit ihrer Stallgemeinschaft in den letzten zehn Jahren ein kleines Offenstallparadies aufgebaut hat, muss aufgegeben werden. „Wir gehen nicht im Schlechten auseinander“, erklärt Susanne. Aber es ist nun mal so, dass die Stallanlage im Mietvertrag mit der Wohnung gekoppelt ist, in der aktuell ihre Tochter wohnt – und die möchte jetzt aber mit ihrem Partner zusammenziehen, die Wohnung ist gekündigt. Und damit auch der Stallvertrag. „Ich verstehe und akzeptiere natürlich, dass meine Tochter und ihr Partner ihr eigenes Leben leben wollen.“
Pferdepflegerinnen leiden sehr
Keine leichte Zeit für Susanne und die Ponybande. „Die Blicke, die plötzliche Stille, wenn sie da sind und man kein Lachen und keine Albernheiten hört. Nichtmal kleinere Streitereien.“ Das schreibt sie in einem Beitrag auf Facebook, den sie nutzen will, um eine neue Stallanlage zu finden. „Dann sieht man immer öfter, wie sie zu genau den Ponys gehen, die sonst nicht so beachtet werden, weil sie immer da sind. Dann weinen sie leise ins Fell, weil sie glauben, dass das keiner sieht. Erst da habe ich gemerkt, es geht um viel mehr.“
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Bis Ende Juni darf sie noch in dem Stalltrakt bleiben, mit ihren Ponys: Den beiden alten Damen, die fast vierzig Jahre alt sind, die beiden Minishettys, die sogar als Therapieponys in Altenheime gehen, der alte Norweger mit dem kaputten Bein, der Konikwallach und seine Freundin, ihr allererstes Pony, die zwei Mulis, und alle ihre Freunde.
Viele von ihnen sind Gnadenbrottiere: Tierschutzfälle, die als zu schwierig, zu alt oder zu krank galten, um noch vermittelt zu werden. Sie hat sie aufgenommen und ihnen ein Für-Immer-Zuhause geschenkt. „Pferde sind Herdentiere“, erklärt sie. „Sie können sich überall zu Hause fühlen, denn zu Hause ist für sie ihre Herde.“ Deswegen sollen ihre Ponys auch zusammenbleiben.
Für den Sommer hat sie schon eine Übergangslösung gefunden, eine Freundin wird der Bande eine Wiese zur Verfügung stellen. Aber das kann nur eine Zwischenlösung sein, denn viele der Ponys vertragen nicht viel Gras oder können es aufgrund des hohen Alters nicht mehr fressen – außerdem ist im Tierschutzgesetz verankert, dass Pferde ab November einen festen Unterstand zur Verfügung haben, in dem sie sich vor der Witterung schützen können. Deswegen sucht Susanne schon seit fast zwei Jahren.
Was jetzt gebraucht wird: Scheune, Stall oder genügend Platz für Unterstände
Denn dass ihre Tochter wegziehen möchte, das steht schon länger fest. Jetzt aber wird es langsam ernst, und noch ist nichts gefunden. „Dabei sind wir nicht anspruchsvoll“, sagt Susanne. Gesucht wird ein Gelände von 500 bis 1.000 Quadratmetern. Der mögliche Stall oder die Scheune dürfe renovierungsbedürftig sein, auch Umbauten nehmen sie selbst vor. Viel Weidefläche werde nicht benötigt, nur genügend Auslauf für die Tiere. „Strom und Wasser wären auch ganz schön.“
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Susanne hat auch einen Verdacht, woran es liegt, dass sie nichts findet: In einem EU-Gesetz wurden bestimmte Vieheinheiten pro Hektar festgelegt, erklärt sie – und viele Bauern, die Pferde aufnehmen, dürften dann eben weniger andere Tiere halten. Und auch bei einer leeren, ungenutzten Stallung sei die Umschreibung von Viehstall zu Pferdestall schwierig und mit Kosten verbunden. „Ich unterschreibe dann auch gern einen Pachtvertrag auf mehrere Jahrzehnte – dann wären beide Seiten abgesichert.“