Sundern. Jürgen Voss, seit Anfang November Chef der Sunderner Feuerwehr, setzt auch auf Teamwork.
Seit Anfang November ist Jürgen Voss Leiter der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Sundern. In unserem großen Wocheninterview „Im Gespräch“ haben wir den 45-Jährigen ausführlich zu seinen künftigen Aufgaben sowie über die Bedeutung des Ehrenamtes befragt:
Sie waren zuvor schon in vielen Funktionen für die Wehr aktiv, u.a. als Pressesprecher - mussten Sie trotzdem überlegen, ob Sie „Chef“ werden wollen?
Jürgen Voss: Als einige Feuerwehrkollegen mit der Frage auf mich zugekommen sind, ob ich die Nachfolge von Frank Siedhoff antrete, habe ich mir erst einmal etwas Bedenkzeit eingeräumt. Bis zur finalen Entscheidung, als Leiter der Feuerwehr der Stadt Sundern anzutreten, waren viele Gespräche notwendig – und sehr wichtig für meine finale Entscheidungsfindung. Zum einen benötigt man den Rückhalt und die Zustimmung der gesamten Feuerwehr, um das Amt auf einer soliden Basis ausüben zu können. Da die Leitung der Feuerwehr zudem keine One-Man-Show ist, benötigt man echte Teamplayer innerhalb der Wehrführung, auf die man sich zu jeder Zeit verlassen kann. Ich denke, dass diese Eigenschaft auf meine beiden Stellvertreter, Johannes Grünebaum und Andreas Becker, zutrifft. Zumindest waren wir uns nach den ersten Gespräche relativ schnell einig, dass wir uns eine gemeinsame Zusammenarbeit in der Wehrführung vorstellen können. Zudem musste geklärt und schließlich organisiert werden, wie ich meine berufliche Tätigkeit und die neue Führungsrolle unter einen Hut bekomme. Und, eigentlich mit das Wichtigste, habe ich alles natürlich auch mit der eigenen Familie besprochen. Ohne die Unterstützung aus dem privaten Umfeld ist dieser ehrenamtliche zusätzliche „Job“ nicht machbar.
Erklären Sie unseren Lesern, was nun alles zu Ihren Aufgaben gehört?
Die Aufgaben sind sehr vielfältig. Zum einen trage ich als Leiter der Feuerwehr zusammen mit meinen Stellvertretern sowohl die organisatorische, als auch personelle Verantwortung für die gesamte Feuerwehr der Stadt Sundern. Somit sind wir auch grundsätzlich für jeden Einsatz im Stadtgebiet (mit)verantwortlich. Damit unsere Feuerwehr die gestellten Aufgaben jederzeit erfüllen kann, bedarf es einer Ausstattung in Form von adäquaten Einsatzfahrzeugen und intakten Gerätehäusern, der notwendigen technischen Ausrüstung, einer geeigneten persönlichen Schutzausrüstung für jede Einsatzkraft, und natürlich einer motivierten und gut ausgebildeten Mannschaft. Auch hierfür sind wir als Wehrführung verantwortlich. Entscheidend für die Erfüllung unserer Aufgaben ist aber, dass wir kurze und unbürokratische Wege zu den verantwortlichen Fachbereichen und Ansprechpartnern im Rathaus haben.
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Sie sind beruflich selbstständig und in der Feuerwehr engagiert, wie bekommt man das alles unter einen Hut?
Seit dem erfolgreichen Ablegen meiner Steuerberaterprüfung vor einigen Jahren bin ich geschäftsführender Gesellschafter einer mittelständischen Steuerberatungskanzlei hier in Sundern. Wenn in der Kanzlei wichtige Mandantentermine anstehen, oder ich aus beruflichen Gründen nicht im Stadtgebiet bin, stehe ich für wichtige Einsätze nicht oder nicht immer sofort zur Verfügung. Immer wenn meine persönliche Anwesenheit bei der Feuerwehr erforderlich ist, kann ich mich auf mein Team in der Kanzlei verlassen, welches sich dann um das Tagesgeschäft während meiner Abwesenheit kümmert und mir damit den Rücken frei hält.
Das hat in der Vergangenheit, zuletzt bei dem mehrtägigen Waldbrand im Juli in Stemel oder bei den Einsätzen aufgrund der Unwetterereignisse im vergangenen Jahr eigentlich immer gut geklappt. Es ist halt, wie immer im Leben, eine Frage der richtigen Organisation und Absprache.
Ehrenamt ist heutzutage „nicht jedermanns Sache“, was treibt Sie an?
Das ist eine gute Frage. In der Feuerwehr aktiv bin ich seit meinem zehnten Lebensjahr. Im Jahr 1988 wurde in den Einheiten Hachen, Langscheid und Stemel der Grundstein für die in der heutigen Form bestehende Jugendfeuerwehr der Stadt Sundern gelegt, wo ich von Beginn an dabei war. Hier bin ich 1991 erstmals auf meinen jetzigen Stellvertreter Andreas Becker aus Hachen getroffen. Andreas und ich sind beide Eigengewächse aus der Nachwuchsarbeit. An meinem 17. Geburtstag wurde ich dann im Jahr 1994 in die aktive Einsatzabteilung der Einheit Stemel übernommen. Im Jahr 2004 bin ich in die Kernstadt umgezogen und hier seit dem Sommer 2005 auch in der Einheit Sundern tätig. Eigentlich ist die Feuerwehr bei mir eine Familienangelegenheit. Mein Uropa war Gründungsmitglied der Feuerwehr Stemel. Mein Opa war ebenfalls bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv, ebenso mein Vater. So war es ja eigentlich vorprogrammiert, dass ich auch mal bei der Feuerwehr lande.
„Steckbrief“ Jürgen Voss
Der neue Feuerwehr-Chef Jürgen Voss ist 45 Jahre alt, verheiratet (keine Kinder) und wohnt in Sundern (Kernstadt).
Über seine Hobbies verrät er: „Sofern ich in meiner Freizeit nicht für die Feuerwehr unterwegs bin und etwas mehr Zeit habe, verbringe ich mit meiner Frau gerne mal einen spontanen Kurzurlaub.
Hauptberuflich ist der neue Feuerwehr-Chef als Steuerberater und Inhaber einer mittelständischen Steuerberatungskanzlei tätig.
Die Freiwillige Feuerwehr ist ein schöner Querschnitt durch unsere Gesellschaft. Hier sind u. a. Schüler, Studenten, Arbeiter, Handwerker, Beamte, Ingenieure und selbstständige Unternehmer und Handwerksmeister ehrenamtlich tätig, um bei Unglücksfällen schnelle und qualifizierte Hilfe zu leisten. Die Gemeinschaft und der Zusammenhalt bei der Freiwilligen Feuerwehr ist sehr wichtig, da man sich auch in brenzligen Situationen immer aufeinander verlassen muss. In der Vergangenheit konnten wir seitens der Feuerwehr vielen Menschen helfen, sie aus Zwangslagen befreien oder Gefahr von ihnen und ihrem Eigentum abwenden. Genau dieses Gefühl nach erfolgreichen Einsätzen ist neben der tollen Kameradschaft verantwortlich dafür, dass jeder Feuerwehrmann und jede Feuerwehrfrau für das Ehrenamt den notwendigen Antrieb bekommt.
Von all Ihren Funktionen im Lauf der Jahre hat Ihnen welche am meisten Spaß gemacht?
Ich habe und hatte schon sehr viele Aufgaben und Funktionen innerhalb der Feuerwehr. Als junger Feuerwehrmann war ich Betreuer und Ausbilder der Jugendfeuerwehr in Stemel. Aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit war ich in der Vergangenheit zudem in Stemel als auch in Sundern schon im Vorstand für die Finanzen zuständig. Nach erfolgreich absolvierter Ausbildung zum Gruppen- und Zugführer bin ich seit vielen Jahren als Ausbilder auf Stadtebene tätig. Diese Tätigkeit als Ausbilder bei den Grundlehrgängen werde ich, sofern es meine Zeit zulässt, auch gerne noch als Leiter der Feuerwehr weiter aktiv ausüben. 2014 habe ich zusammen mit meinem Vorgänger Frank Siedhoff die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit übernommen, ab 2016 in verantwortlicher Funktion. Seit der Ausbildung zum Verbandsführer im Jahr 2017 bin ich festes Mitglied des Einsatzführungsdienstes und somit bei Flächenlagen oder größeren Einsätzen meist in der Einsatzleitung zu finden. Im Januar 2020 wurde ich zudem zum Einheitsführer der IuK-Einheit der Feuerwehr Sundern ernannt. Eigentlich habe ich alle Aufgaben und Funktionen während meiner bisherigen „Feuerwehrkarriere“ sehr gerne gemacht. Für mich ist es im Ehrenamt genauso wie im Berufsleben wichtig, dass man sich stets persönlich weiterentwickelt, neue Projekte angeht sowie keine Angst vor Veränderung hat.
Wo sehen Sie in Zukunft die größten Herausforderungen für die Freiwillige Feuerwehr Sundern?
Eine große Herausforderung werden wir im nächsten Jahr bewerkstelligen müssen. Hier steht die Fortschreibung der Brandschutzbedarfsplanung an. Auf dieser Grundlage entscheidet die Bezirksregierung Arnsberg als Aufsichtsbehörde, ob die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr weiterhin eine Ausnahmegenehmigung für den Betrieb als rein ehrenamtliche Freiwillige Wehr erteilt bzw. verlängert oder ob in Zukunft hauptamtliche Kräfte erforderlich werden. Zudem stehen mit dem Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Meinkenbracht, einer Erweiterung in Stockum und Planung einer neuen Hauptfeuerwache in der Kernstadt größere Bauprojekte an. Kurzfristig gilt es, Konzepte und Einsatzvorplanungen für eventuell zu erwartende Strom- und Gasmangellagen zu entwickeln. Auch möchten wir das Angebot der Kinderfeuerwehr erweitern.
Was können/müssen Politik und Verwaltung tun, um zu unterstützen?
Entscheidend wird sein, dass Feuerwehr, Politik und Verwaltung an einem Strang ziehen. Das hat in der Vergangenheit leider nicht immer perfekt funktioniert. Hierzu ist es wichtig, dass alle Beteiligten vertrauensvoll auf Augenhöhe agieren und andere Meinungen akzeptieren. Entscheidungen, die die Feuerwehr betreffen, sollten immer mit Blick auf das Wohl der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt getroffen werden, denn Feuerwehr ist keine freiwillige Leistung, sondern Pflichtaufgabe der Kommune.
Für die Zukunft bin ich aber optimistisch, dass die Zusammenarbeit an dieser Stelle sehr konstruktiv und lösungsorientiert sein wird. Seitens der Wehrführung werden wir, Johannes Grünebaum, Andreas Becker und ich, immer bestrebt sein, dass Niveau und die Ausstattung der Feuerwehr kontinuierlich zu verbessern, nicht zuletzt mit Blick auf unsere gestiegenen Anforderungen bei Unwetterlagen und großen Waldbrandeinsätzen.