Hachen. Im ehemaligen Schwesternwohnheim der Sauerlandklinik Hachen fühlen sich die Geflüchteten wohl. Woran das liegt.

Etwa 50 Geflüchtete aus der Ukraine – darunter viele junge Frauen und Kinder – leben im ehemaligen Schwesternwohnheim der Sauerlandklinik in Hachen.

Kolpingsfamilie und Geflüchtete aus der Ukraine unternehmen einen gemeinsamen Ausflug an den Sorpesee.
Kolpingsfamilie und Geflüchtete aus der Ukraine unternehmen einen gemeinsamen Ausflug an den Sorpesee. © Privat

Wenig Fluktuation

Das ist zum einen besonders, weil die Klinik das Gebäude seit Kriegsbeginn kostenlos zur Verfügung stellt; die Nebenkosten werden über die Stadt Sundern finanziert. Und zum anderen, weil die Ukrainerinnen und Ukrainer sich am Standort so wohl fühlen, dass es verhältnismäßig sehr wenig Fluktuation gibt. Zwar sind auch von Hachen aus schon Geflüchtete in Wohnungen gezogen, das ruhige Leben am Rande des Orts scheint den meisten jedoch sehr gut zu gefallen.

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Dies liegt vermutlich unter anderem daran, dass neben dem großen Engagement der Stadtverwaltung, auch die Kolpingsfamilie Hachen hilft, wo sie nur kann. Vorstandsmitglied Franz-Josef Nagel wohnt gemeinsam mit seiner Ehefrau Uta nur wenige Autominuten von der Sauerlandklinik entfernt. Beide kümmern sich stellvertretend für die Kolpingsfamilie rührend um die Geflüchteten. Als der Krieg in der Ukraine begann, haben sie Geld gespendet, gemeinsam mit dem Reisebusunternehmen Zacharias, Hubertus Gößling und der Unterstützung weiterer Unternehmer und Privatpersonen einen Bus in Richtung Kriegsgebiet organisiert und sich fortan auch um die Geflüchteten Ukrainer vor Ort gekümmert.

Verbindungen in die Ukraine

Für Familie Nagel quasi eine Selbstverständlichkeit, da sie seit über 30 Jahren eine enge Verbindung zu dem Land haben, das aktuell derart leidet. Ende der 1980er Jahre haben die Nagels sich an einer besonderen Aktion beteiligt: „Damals sind Kinder aus Kiew, die zuvor vom Unglück in Tschernobyl betroffen waren, für vier Wochen zur Erholung ins Sauerland gekommen. Und so haben wir damals den kleinen Vadim kennengelernt“, berichtet Franz-Josef Nagel. „Nachdem er bei uns war, sagte seine Mutter, dass ihr Junge doch etwas dick geworden ist“, berichtet Uta Nagel und muss schmunzeln, während sie im Fotoalbum voller Erinnerungen an diese Zeit blättert.

Vadim ist inzwischen ein erwachsener Mann, hat selbst Familie gegründet und sein Heimatland – vielleicht aufgrund bitterer Vorahnung – bereits kurz vor Kriegsbeginn verlassen. Wann die Nagels und er sich wiedersehen, ist ungewiss. Ihre Nächstenliebe stecken die beiden dafür jetzt seit Monaten in den Umgang mit den Ukrainerinnen und Ukrainern, die in Hachen leben. „Wichtig ist mir persönlich, dass es bei unserem Engagement niemals um Almosen gehen darf, sondern um Hilfe auf Augenhöhe“, betont Franz-Josef Nagel. Das Geld, das er und andere Mitglieder der Kolpingsfamilie sammeln, wird in Dinge investiert, die die Geflüchteten sich wünschen.

Ein Spielzimmer für die Kinder

So wurde beispielsweise in Kooperation mit der Kita Kunterbunt ein Spielzimmer mit allem, was das Kinderherz begehrt, eingerichtet und auch die Apartments für die Erwachsenen hergerichtet. „Kürzlich haben die Frauen sich Ausrüstung gewünscht, um vor Ort Sport zu treiben, die haben wir dann zum Beispiel besorgt. Aber wir helfen auch bei simplen Dingen im Alltag und fahren schwere Dinge wie Wasser oder Konserven vom Supermarkt zum Schwesternwohnheim, damit die Bewohner es nicht den Berg hochschleppen müssen“, berichtet Nagel.

Im August nutzte Kolpingsfamilie das gute Wetter zudem dazu, einen Ausflug mit den Geflüchteten an die Sorpe zu unternehmen. Eine Fahrt mit der MS Sorpesee, die Spielgeräte am Ufer und das temporäre Unbeschwertsein, begeisterten alle Teilnehmer. „Abgerundet wurde der Tag durch ein kleines Picknick, bevor alle fröhlich und gestärkt den Heimweg in dem durch die Stadt organisierten Bus oder in privaten Pkw antraten. Die Kolpingsfamilie Hachen möchte sich noch einmal herzlich bei Dagmar Bierhoff für ihre finanzielle Unterstützung bei der Schifffahrt sowie beim Eiscafé Venezia für das gesponsorte Eis bedanken“, sagt Franz-Josef Nagel.

So geht es weiter

Dass das Ehrenamt in Hachen und in Sundern allgemein so gut aufgestellt ist, freut auch Petra Harmann-Schmidt von der Stadt Sundern sehr. Sie ist gemeinsam mit Ivonne Rinsche für die Unterkunft an der Sauerlandklinik zuständig. Sie berichtet, dass die Zuweisungen durch die Bezirksregierung dieser Tage wieder zunehmen und man für die Wintermonate darauf eingestellt ist, wieder vermehrt Geflüchtete aufzunehmen. Im ehemaligen Schwesternwohnheim in Hachen sei die Kapazitätsgrenze jedoch bald erreicht. Etwa 60 Personen können hier maximal gleichzeitig wohnen.

Und vermutlich werden sie das auch noch für eine Weile, sollte der Trend anhalten und weiterhin nur wenige Geflüchtete ihr neues Zuhause am Waldrand wieder verlassen wollen.

Zwar ist für das Jahresende ein Gespräch zwischen Stadtverwaltung und Klinikleitung angesetzt, zu einem Ende der Zusammenarbeit soll es dann aber noch nicht kommen.

André Kampmann, Geschäftsführer der Klinik in Hachen erklärt: „Wir haben eine Patienteninitiative, die im ehemaligen Schwesternwohnheim barrierefreien Wohnraum schaffen möchte. Aktuell ist aber nicht abzusehen, dass sich dahingehend zeitnah etwas tut. Bis es so weit ist, stellen wir den Wohnraum gerne Geflüchteten zu Verfügung. Das ist im Moment mit Sicherheit die bestmögliche Nutzung des Gebäudes.“