Sundern. Schon vor über einer Woche wurde ein 29-Jähriger aus Sundern in seine Heimat abgeschoben. Noch immer ein Aufreger, für seine Freunde und den HSK.

Die Abschiebung eines aserbaidschanischen Staatsbürgers in der vorigen Woche wird weiter diskutiert, vor allem seitens der Unterstützer, die eine Petition für den jungen Mann gestartet haben. Kritik an der Praxis von Ausländerbehörde des Hochsauerlandkreises und Polizei ist laut geworden. Der Polizei wird vorgeworfen, Handlanger des HSK zu sein. Und das angeblich ohne Rechtsgrundlage.

Gegen diese Darstellung des Falles wehrt sich die Kreisverwaltung. Ihr Sprecher Martin Reuther teilte mit, dass der HSK die Abschiebung als legal ansieht: „Denn noch, als der Sunderner in Düsseldorf im Flieger nach Baku saß, wurde am Verwaltungsgericht Arnsberg verhandelt.“ Von seinem Anwalt war dazu ein Eilverfahren eingeleitet worden: Er hatte eine einstweilige Verfügung eingereicht. Das Verwaltungsgericht entschied aber anders und bestätige die Maßnahme des HSK. Eingereist ist die Familie im Jahre 2001, so Reuther. 2004 wurde das Asylverfahren abgelehnt und seitdem war die Familie geduldet. Diese Duldung war dem nun Abgeschobenen durchaus bekannt, erklärt Martin Reuther.

Alternative: Freiwillige Ausreise

Nach seiner Verurteilung in diesem Jahr sei ihm dann mehrfach die freiwillige Ausreise als eine Alternative genannt worden. Die andere Variante ist aber nun Fakt, die Abschiebung erfolgte: „Es war ihm dann unbenommen, mit einem Arbeitsvisum aus seinem Heimatland wieder nach Deutschland einzureisen“, erklärt Reuther die weiteren Möglichkeiten.

Der Arnsberger Georg Normann hält dem Kreis vor: „Da wird ein Verurteilter Eierdieb in Nullkommanix

abgeschoben, während die Clangrößen ungestraft seit Jahrzehnten den Steuerzahler betrügen und immer wieder durch Straftaten auffallen.“ In die gleiche Kerbe schlägt der Langscheider Bernhard Zündorff: „Diese Nacht- und Nebelaktion wirft rechtsstaatlich ein sehr bedenkliches Licht auf die beteiligten Behörden, wenn ein Mensch ohne notwendige Rechtsgrundlage nach Aserbaidschan abgeschoben wird.“

Reuther widerspricht: Seit der Verurteilung wegen Diebstahl und Unterschlagung habe der Mann gewusst, dass schlussendlich die Abschiebung anstehe: „Darüber wurde er immer informiert. Es ist logisch, dass wir nur den Monat - in diesem Fall November - der Abschiebung bekannt geben, aber nicht den genauen Tag und die Uhrzeit.“ Sonst würde man niemanden mehr vorfinden. Zugleich teilte Martin Reuter mit, dass es weitere Probleme mit dem in Sundern lebenden Aserbaidschaner gegeben habe. Dabei gehe es um die richtige Feststellung der Staatsbürgerschaft.

Recht auf Duldung verwirkt

Die Ausländerbehörde in Meschede sieht im Gegensatz zu vielen Menschen, die sich in den sozialen Medien für den Sunderner stark gemacht haben, dass durch die strafbare Handlung das Recht auf Duldung verwirkt werde. Sein Anwalt führte den im Frühjahr 2020 gekündigten Ausbildungsvertrag bei dem betrogenen Unternehmen und der Weiterbeschäftigung bei einem anderen Unternehmen immer als Moment für das Bleiben an. Letztlich gaben die Richter am Verwaltungsgericht Arnsberg am Morgen der Abschiebung am 25. November aber dem Ausländeramt recht.

Es geht um viel Geld

Auf der anderen Seite haben sich bei der Redaktion in Sundern etliche Bürger gemeldet, um die Hintergründe zu beleuchten. Dabei geht es vor allem um die Schäden, die der jetzt Abgeschobene wohl einige Zeit in seinem Ausbildungsunternehmen durch Unterschlagung und Diebstahl angerichtet hat: „Mein früherer Angestellter ist wahrlich kein Eierdieb, wie vielfach in den sozialen Medien und in Leserbriefen behauptet wird“, sagt der frühere Chef. Vor dem Amtsgericht Arnsberg wurde der Abgeschobene zu einem Jahr und drei Monaten Bewährungsstrafe verurteilt, weil er nachgewiesen in 34 Fällen betrogen und gestohlen habe. Das Gericht hat im Urteil die Gesamtsumme von 29.000 Euro festgehalten. So versichert der Unternehmer unserer Zeitung in einem Gespräch, dass der frühere Angestellte nun im Monat 30 Euro zahle, um den Schaden wieder gut zu machen: „Das dauert dann 73 Jahre“, erzürnt sich der Unternehmer. Es gehe ja nicht nur um dies, sondern er sei als Chef auch verantwortlich für die Familien der anderen Mitarbeiter. Der Chef wurde übrigens zunächst wegen Verleumdung angezeigt, als er Anzeige erstattet hatte: „Diese Sache wurde aber schnell eingestellt“, so der Ladeninhaber.

In mehreren Vereinen aktiv

Dass der nun Abgeschobene nun schon seit vielen Jahren in den verschiedensten Vereinen in Sundern aktiv war und dort immer nur positiv aufgefallen ist, sieht man auch bei der Kreisverwaltung: „Natürlich ist das schwer, wenn man 20 Jahre hier in Deutschland gelebt hat, zur Schule gegangen ist und sich integriert hat“, räumt Kreissprecher Martin Reuther ein.

Der Abgeschobene hatte - in seiner Heimat angekommen - noch mit unserer Sportredaktion in der vergangenen Woche Kontakt. In dem Gespräch betonte er: „Ich habe meinen Freunden Verträge zu den normalen Konditionen vermittelt. Ich habe ihnen aber die Handys dazu deutlich günstiger verkauft“, sagt er. Als der Betrug während der Pandemie im Frühjahr 2020 auffliegt, muss er vor ein deutsches Gericht. Straftatbestand Betrug und Unterschlagung. „Das war einfach dumm von mir“, sagt er heute.