Siegen. . Ein 25-Jähriger aus Herborn ist am Dienstagabend im Kreisklinikum vollkommen ausgerastet. Der Mann hatte zuvor eine Kräutermischung geraucht. Eine Droge mit unkalkulierbarem Risiko für die Gesundheit, die jedoch legal zu kaufen ist. Die Polizei warnt ausdrücklich diesen so genannten Legal Highs.

Am Dienstagabend spielt sich im Kreisklinikum Siegen folgende Szene ab. Ein 25-jährige Herborner kommt gegen 19.20 Uhr in das Siegener Kreisklinikum. Als er eine Krankenschwester sieht, dreht er durch und rennt aus der Klinik. Das Personal ruft sofort die Polizei, weil der Mann offenbar nicht Herr seiner Sinne und kurz davor ist, unkontrolliert auf die Straße zu laufen.

Dem Klinikpersonal gelingt es, den 25-Jährigen festzuhalten. Sie fixieren ihn. Der Mann wehrt sich unglaublich heftig. Schlägt um sich. Die Polizei bringt den Mann wieder in die Klinik. Er beruhigt sich langsam und gibt zu, eine Kräutermischung geraucht zu haben. Mit Verdacht auf Intoxikation bleibt der Mann über Nacht im Krankenhaus.

Head Shop geschlossen

Rückblick: Was war los im Jahr 2011? Zwei Mädchen aus Freudenberg (13 und 15 Jahre) wurden im August 2011 in die Kinderklinik eingeliefert. Beide hatten zuvor eine als Kräutermischung deklarierte Droge inhaliert und hatten erhebliche Bewusstseinsstörungen und massive Probleme mit dem Kreislauf. Zwei Tage später wurden ein Junge (15) und ein Mädchen (14) aus Netphen bewusstlos in die Kinderklinik gebracht. Auch weitere Jugendliche aus dem Siegerland mussten behandelt werden.

Die Mischungen hatten die Jugendlichen in einem Head Shop in der Siegener Oberstadt gekauft. Das Ordnungsamt der Stadt schloss den Laden Ende September. Die Polizei stellte dort mehr als 100 Tütchen sicher. „Seither ist nichts mehr passiert“, sagt Bettina Kowatsch, Pressesprecherin der DRK-Kinderklinik am Mittwoch.

Kräutermischung klingt harmlos. Was ist daran so gefährlich?

Die Mischungen werden meist über das Internet verkauft als Badesalze, Lufterfrischer oder eben als Kräutermischungen und kosten zwischen 20 und 30 Euro. Das klingt harmlos. In den bunten Tütchen stecken jedoch „chemische Abänderungen bekannter Drogen“, schreibt die Polizei. Die versprochene Wirkung ist unterschiedlich, es gibt Aufputschmittel, die anregend wirken und so genannte Downer, die ähnlich wie Cannabis eher beruhigen sollen. Allerdings sind die Nebenwirkungen völlig unkalkulierbar, da die Inhaltsstoffe variieren oder sogar vollkommen unbekannt sind.

„Wer diese Drogen konsumiert, kann sich nie sicher sein, ob die Wirkung und Inhaltsstoffe gleich sind“, sagt Georg Baum. Zu den Symptomen gehören heftiges Erbrechen, Herzrasen und Orientierungsverlust, Ohnmacht, Lähmungen, Psychosen, Muskelzerfall und Wahnvorstellungen.

Warum sind die Drogen legal?

Kräutermischungen, die künstlich hergestellte Cannabinoide enthalten, unterliegen seit 2010 dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG). 56 weitere synthetische Stoffe hat der Gesetzgeber ins BtMG aufgenommen. Zuletzt 23 im Juli 2013. Das zeigt den Wettlauf zwischen Gesetzgeber und Herstellern, die die Substanzen immer wieder in neuen Varianten produzieren und in bunte Tütchen verpacken. Diskutiert wird die verfassungsrechtliche Möglichkeit, ganze Stoffgruppen unter das BtMG zu stellen. So wären Substanzen trotz unterschiedlicher Struktur bei ähnlicher Wirkung komplett verboten.