Siegen-Wittgenstein. Große Zustimmung – Die Kreisversammlung der CDU hat Paul Breuer mit 96,7 Prozent zum Kandidaten für das Landratsamt gewählt. Breuer hielt eine emotionale Bewerbungsrede und übte heftige Kritik an den „Düsseldorfer Bürokraten“.
Zwei Wochen nach der Wahl des SPD-Herausforderers Andreas Müller hat die Kreisversammlung der CDU am Samstag in der Bismarckhalle Paul Breuer mit 96,7 Prozent der Stimmen zum Anwärter auf den Posten des Landrates in Siegen-Wittgenstein gewählt. Von 158 abgegeben Stimmen war eine ungültig. 149 Delegierte stimmten mit Ja, 5 mit Nein, drei enthielten sich.
Breuer warb in einer emotionalen Rede für seine Positionen und Absichten, sagte dabei nicht viel Neues, machte aber deutlich, dass er auch nach zwei Amtszeiten immer noch genug Appetit habe. „Für die Asche mache ich das nicht, es geht nicht um die Altersversorgung“, rief er in den Saal. Sondern: „Ich liebe meine Heimat!“ Das sei der vornehmliche Beweggrund, sich noch einmal der Wahl zu stellen und weitere Jahre die Möglichkeit zu haben, Politik für die Region zu gestalten. Dabei ließ der amtierende Landrat keinen Zweifel daran, was seine Schwerpunkte sind. „Wir haben Südwestfalen geschaffen. Das ist heute in Düsseldorf und Berlin ein Begriff. Sogar in Brüssel“, sagte er. Vor Ort aber sei es offenbar noch immer nicht in allen Köpfen angekommen, dass nur ein gemeinsames Auftreten der so wichtigen Industrieregion auf Dauer Erfolg haben könne. Siegen-Wittgenstein sei ein „Bindestrichkreis“, für viele aber offenbar eher noch durch einen Schrägstrich getrennt.
Siegen-Wittgenstein ist nicht der Pott
Wie aber solle Gemeinsamkeit auf höherer Ebene möglich werden, wenn selbst in den Kommunen sich die Dörfer über Schulstrukturen angesichts sinkender Kinderzahlen entzweiten. Gemeinsamkeit sei die Zukunft, alles andere ein großer Fehler. Genauso falsch sei aber auch die Politik unwissender Düsseldorfer Bürokraten, deren Landesentwicklungsplan ein „gefährliches Stück Papier“ sei. Dort fehle jede Differenzierung, würden zum Beispiel alle Kommunen mit Einwohnerschaft unter 2000 Menschen für nicht förderwürdig gehalten: „Damit sind 75 Prozent unserer Einwohner, die in Dörfern leben, von jeder Entwicklung ausgenommen.“ Die gleichen Bürokraten begriffen nicht, dass es in Wittgenstein eigene Polizeistrukturen geben müsse. Er müsse denen wohl jedes Mal ein Profilmodell der Region mitnehmen, „damit sie begreifen, dass zwischen Siegen und Bad Berleburg das Rothaargebirge liegt. Von der Landkarte glauben sie, das ist alles potteben!“
Die kommunale Ebene müsse menschlich und nicht nach gesetzlichen Regeln gestaltet werden, es gehe um das Miteinander, um Wärme und Nachbarschaft: „Wenn wir den Individualisten in die Hände fallen, dann wird es eiskalt“, warnte Breuer hochemotional. Noch gebe es glücklicherweise gelebte Solidarität in Siegen-Wittgenstein, „aber es bröckelt!“
Damit kann der Wahlkampf beginnen. Wird es ein öffentliches Zusammentreffen der beiden Landratskandidaten geben? „Das müssen wir einmal sehen. Ich habe jedenfalls sehr großen Respekt“, sagte Breuer am Rande der Veranstaltung. Der Kreisvorsitzende Volkmar Klein rief zu einem engagierten Wahlkampf und auch dazu auf, weitere neue Mitglieder zu werben. Die Neueintritte seien 2014 deutlich gestiegen, „aber es können noch mehr werden“. Der Blick in die Ukraine zeige, wie fragil Frieden, Freiheit und Demokratie heute in Europa sein könnten.
Die ersten 20 Listenplätze
Die ersten 20 Listenplätze der CDU: 1. Bernd Brandemann (Freudenberg), 2. Gabriele Stinner (Siegen), 3. Thomas Helmkampf (Burbach), 4. Jutta Capito (Neunkirchen), 5. Hermann-Josef Droege (Wilnsdorf), 6. Bernd-Dieter Ferger (Siegen), 7. Markus Böhmer (Netphen), 8. Hermann Kaiser (Bad Berleburg), 9. André Jung (Hilchenbach), 10. Jutta Jeschke (Kreuztal), 11. Uwe Elter (Siegen), 12. Martin Achatzki (Bad Laasphe), 13. Kornelia Busch-Pfaffe (Freudenberg), 14. Dorothea Schleifenbaum (Siegen), 15. Harald Görnig (Kreuztal), 16. Stephan Hoffmann (Wilnsdorf), 17. Klaus Gräbener (Netphen), 18. Dieter Born (Siegen), 19. Karl-Heinz Dittrich (Siegen), 20. Reiner Hirschhäuser (Bad Berleburg).
Kampfabstimmung um Platz 9 der Reserveliste
Wie bei den Sozialdemokraten gab es bei der Kreis-CDU eine Kampfabstimmung. Auf den aussichtsreichen Platz 9 der Reserveliste für die Kreistagswahl hatte der Vorstand den stellvertretenden Kreisvorsitzenden André Jung aus Hilchenbach gesetzt. Platz 10 gehörte der Kreuztalerin Jutta Jeschke, die wieder im Kreiswahlbezirk 12, Kreuztal I, antritt. Nach dem von der Bundespartei gewünschten Frauenquorum sollte sie eigentlich auf Platz 9 gehören, trug Ex-Kreisgeschäftsführer Werner Müller für den Kreuztaler Stadtverband vor. Zudem sollte die zweitgrößte Kommune im Kreis auf diesem Platz vor Hilchenbach vertreten sein, argumentierte Müller weiter. Während sich anschließend die Geschäftsführerin der Kreuztaler Ratsfraktion der Versammlung eher brav vorstellte, betonte André Jung mehrfach dynamisch, er wolle die CDU im Kreis voranbringen. Mit Erfolg, er gewann die Abstimmung um den Listenplatz mit 74 zu 65 Stimmen. „Schade, ich hätte mir wegen des Quorums, aber auch für Kreuztal, ein anderes Ergebnis gewünscht“, so Maria Opterbeck, Kreisvorsitzende der Frauen-Union