Kreuztal/Hagen. Die Verbannung der meistverkauften deutschen Biermarke aus den Sortimenten von Kaufland und Globus wirft ein Schlaglicht auf die rauen Sitten in den jährlichen Verkaufsgesprächen zwischen Herstellern und Lebensmittel-Ketten. Mit harten Bandagen wird dort gefeilscht um Preise und Prozente. Die früheren Werbekostenzuschüsse stehen heute für Konditionen aller Art. Als Eintrittsgeld für die Handelsregale können schnell Beträge in bis zu sechsstelliger Höhe fällig werden.

Wenn’s ums Geld geht, herrschen raue Sitten im deutschen Einzelhandel. Alle Jahre wieder feilschen die Einkäufer der Lebensmittel-Ketten und die Herstellern mit harten Bandagen um Preise und Prozente, Kosten und Konditionen. Kommt man nicht auf einen Nenner, kann’s auch gerne mal ruppig werden. Die jüngste Verbannung der Krombacher-Biere aus den Regalen von Kaufland und Globus wirft ein Schlaglicht auf durchaus typische Gepflogenheiten.

Die Brauerei sei „auf die Strafbank gesetzt worden“, zitiert ein Branchenkenner den Handelsjargon für die Auslistung. Dies sei das „übliche Muskelspiel“ bei schwierigen Verhandlungen, kein neuer Trend und beileibe kein Einzelfall. Müllermilch und Ritter-Schokolade beispielsweise traf einst vorübergehend der Bannstrahl einzelner Handelsketten, ebenso wie McCain und Sonnen Bassermann.

Woran es nun aber konkret hakt im Fall Krombacher, wer da an wem ein Exempel statuieren möchte - darüber lässt von außen nur spekulieren. Zu den Details halten sich die Kontrahenten verständlicherweise bedeckt - die Konkurrenz hört und liest schließlich mit. Und das Wenige, was öffentlich erklärt wird, mag nicht recht zusammenpassen.

Streit um "ungerechtfertigte Preiserhöhungen"

So wirft Kaufland der Krombacher Brauerei ungerechtfertigte Preiserhöhungen vor, die auch noch einseitig die Handelskette allein beträfen. Dr. Franz-Josef Weihrauch widerspricht energisch: „Es gab keine Preiserhöhung und in der nächsten Zeit ist auch keine geplant“, bekräftigt der Sprecher von Deutschlands meistverkaufter Biermarke. Dass es um Geld geht, um „das fragile Gleichgewicht zwischen Lebensmitteleinzelhandel und Lieferanten“, das indes räumt Weihrauch ein. Und: „Irgendwann ist dann eben mal die Schmerzgrenze erreicht.“ Einzelheiten nennt er nicht.

Vieles spricht vor diesem Hintergrund dafür, dass die so genannten Werbekostenzuschüsse - kurz: WKZ - der Kern des Konfliktes zwischen Krombacher einerseits sowie Kaufland und Globus andererseits sind. Ein Obolus, den Hersteller dem Händler einst gezielt für Anpreisung ihrer Produkte in der Handzettelwerbung zahlten, der heute aber längst „querbeet für alle erdenklichen Konditionen“ bis hin etwa zu Zahlungszielen stehe, wie der Branchenkenner erklärt. Motto auf Handelsseite: „Dafür, dass wir Euch in unser Sortiment aufnehmen, wollen wir Geld.“ Eine Art Ablasszahlung, ein Regal-Eintrittsgeld für die Hersteller also. Und das kann teuer werden: „Fünf bis sechsstellige Beträge sind keine Seltenheit bei wirklich großen nationalen Marken“, weiß der Insider.

Marktführer hat Vorreiterrolle bei Preisverhandlungen

Er vermutet, dass Krombacher in den Gesprächen mit Kaufland und Globus eine „Besserstellung“ bei den Konditionen bereinigen will. Weihrauch zufolge hat die Brauerei ein einheitliches Konditionen-System, mit dem für jede Handelskette „im Idealfall“ gleiche Bedingungen gelten würden. Der Branchenkenner verweist auch auf die Signalwirkung des Konflikts und den Brauch, dass traditionell dem Marktführer die Vorreiterrolle bei Preisverhandlungen zufalle, dass es seine Aufgabe sei, gegenüber dem Handel „den Rücken breit zu machen“. Schließlich habe der Konkurrent Bitburger seine im Alleingang angekündigte Preiserhöhung erst jüngst wieder zurückgezogen, und Krombacher sei nun mal die Nummer 1 am Biermarkt.

Richtig, sagt Weihrauch, aber höhere Bierpreise seien nun mal „kein Thema“. Und die Preisverhandlungen mit anderen großen Handelsketten sind für Krombacher nach seinen Worten schon „alle durch“. Zudem sind die Fronten im Konflikt mit Globus laut Weihrauch weit weniger verhärtet als bei Kaufland. „Dort sind wir aktuell im Gespräch und zuversichtlich, uns bald zu einigen.“ Ohnehin seien in den 43 Globus-Märkten nur 20 Prozent der Krombacher-Produkte von der Auslistung betroffen. Weihrauch: „Mit dem Kernsortiment sind wir dort weiter vertreten.“

Für Kaufland ist die Verbannung von Krombacher riskant

Weitaus empfindlicher trifft die Kreuztaler Brauer die Strafaktion durch Kaufland. Gut 200 000 Hektoliter (hl) Pils & Co. aus Krombach gehen normalerweise Jahr für Jahr über die Ladentheken der bundesweit 607 Filialen der Handelskette, wie Weihrauch bestätigt. Das sind fast vier Prozent des Absatzvolumens der Brauerei-Stammmarke (2011: 5,3 Millionen hl) - ein Ausfall, der wohl ohne weiteres kaum zu kompensieren wäre. Aber auch für Kaufland ist die Verbannung von Krombacher riskant - nicht von ungefähr verzichtet die Kette ohne weitere Erklärung ausgerechnet in den vier brauereinahen Märkten auf die Auslistung.

Die Kernfrage in diesem Kräftemessen lautet: Wechseln Kaufland-Kunden nun die Biermarke oder kaufen Krombacher-Kunden in anderen Supermärkten ein? Von bei dem etwas, vermutlich. Ein Marktest, dessen Ausgang mit darüber entscheiden dürfte, welcher Kontrahent den längeren Atem hat.

Einstweilen herrscht Funkstille zwischen Deutschlands größter Privatbrauerei und der Tochter der Neckarsulmer Schwarz-Gruppe (auch Lidl). Weihrauch sieht’s gelassen: „Das ist jetzt nicht auf Jahrhunderte in Zement gemeißelt. An irgendeinem Punkt wird man auch wieder mit Kaufland reden.“