Siegen. Im Schwarzbuch möchte keine Behörde erwähnt werden. Doch Sabine Kämpfer vom Bund der Steuerzahler kennt kein Pardon. Wer ihr keine Auskunft gibt, wird angemahnt. So deckt sie auch skurrile Fälle auf - wie den Radweg-Fall in Netphen.
Ihr Name ist Programm, denn Sabine Kämpfer kämpft für das Geld der Steuerzahler. Die Soziologin leitet das Büro des Bundes der Steuerzahler NRW in Siegen. Mit der WAZ-Mediengruppe sprach sie über skurrile Fälle und das Schwarzbuch.
Im Schwarzbuch möchte natürlich keiner erwähnt werden. Wie auskunftsfreudig sind die Behörden Ihnen gegenüber?
Naja, die Behörden sind natürlich selten begeistert, wenn wir uns bei ihnen melden. Das liegt natürlich daran, dass es sich meist um wenig erfreuliche Anlässe handelt. Unsere Anfragen stellen wir ausschließlich schriftlich. Wenn ich innerhalb von drei Wochen keine Antwort erhalten habe, mahne ich das an, setze den Behörden eine Frist und verweise auf das Landespressegesetz. Da wir nämlich eine Mitgliederzeitschrift haben, sind die Behörden dem Bund der Steuerzahler zur Auskunft verpflichtet.
Beschreiben Sie einmal Ihre typische Vorgehensweise.
Ich versuche zunächst, möglichst viel über einen Fall in Erfahrung zu bringen. Ich recherchiere im Internet und der Presse und stelle schriftliche Anfragen an die jeweiligen Behörden. Erst wenn alle Informationen vorliegen, bewerten wir den Sachverhalt und kritisieren gegebenenfalls die Steuergeldverschwendung in unserer monatlichen Mitgliederzeitschrift, die in ganz NRW gelesen wird. In unserer Bundesgeschäftsstelle in Berlin werden einmal jährlich besonders spektakuläre und ungewöhnliche Fälle aus allen Bundesländern für das Schwarzbuch ausgewählt.
Welcher Fall aus dem Siegerland ist Ihnen besonders in Erinnerung?
Wirklich skurril war der Radweg-Fall in Netphen. Der Weg war gerade für viel Geld fertig gestellt worden, da wollte ihn der Wasserverband wieder aufreißen, um dort eine Wasserleitung zu verlegen. Hier hat es ein großes Abstimmungsproblem gegeben.
Fehlende Kommunikation ist meist Grund für Steuerverschwendungen
Welche Fälle aus dem Siegerland sind in der jüngsten Zeit im Schwarzbuch erschienen?
Im Jahr 2011 wurde eine Brücke über die Bahnlinie in Wilnsdorf erwähnt, die für Ärger sorgte. Die bisherige muss abgerissen werden. Eine neue Brücke war eigentlich nicht erforderlich, da es wenige hundert Meter weiter bereits eine andere gab. Dennoch hielt die Gemeinde an dem Neubau fest. Begründung: Die Kosten des Neubaus trägt das Land. Vergessen hat man nur, dass auch dieses Geld vom Steuerzahler stammt.
Was ist Ihrer Meinung nach der häufigste Grund für eine Steuerverschwendung?
Meistens ist es die fehlende Kommunikation zwischen den einzelnen Behörden und Ämtern, die dem Steuerzahler am Ende Geld kostet. Oft ist die Abstimmung zu schlecht. Wie zum Beispiel bei einem Fall in Finnentrop, der im Jahr 2010 im Schwarzbuch gelandet ist. 2,65 Millionen Euro kostet eine Brücke über die Lenne in Finnentrop, die den Bahnübergang ersetzen soll. Bisher ist es allerdings nur ein Brückentorso, weil es zwischen Bahn und Straßenbaubehörde Abstimmungsprobleme gab. Die Brücke wird erst vier Jahre später als geplant fertig gestellt. Und besonders häufig ist auch der Umgang mit Steuergeld sehr nachlässig, wenn Fördermittel vom Land fließen, wie in Wilnsdorf.
Wenn einer Ihrer Fälle im Schwarzbuch erscheint, ist das der größtmögliche Erfolg Ihrer Arbeit?
Der größte Erfolg unserer Arbeit ist es, wenn wir das Schlimmste verhindern und eine Steuerverschwendung abwenden können. Denn häufig werden die Behörden durch unsere Arbeit wachgerüttelt und manche Dinge kommen schneller in Gang.