Siegen. Seit mehr als 30 Jahren stehen sie da - bereit zum Einsatz. Doch genutzt werden die 16 Brückenpfeiler in Siegen-Eiserfeld bislang nicht. Eigentlich sollte über die Pfeiler seit Anfang der 80er Jahre eine vierspurige Straße führen, doch die Anwohner zogen vor Gericht. Mit Erfolg: Der Weiterbau wurde gestoppt. Droht jetzt der Abriss des fünf Millionen D-Mark-Projekts?

Der süßliche Duft des pinkblühenden Springkrauts liegt in der Luft. Die Hitze staut sich auf dem engen, staubigen Trampelpfad zwischen Ginsterbüschen und jungen Erlen. Brico und Nico stapfen mit hängenden Zungen und Herrchen entlang der Sieg hinter dem Eiserfelder Bahnhof. Den Betonpfeiler am Ufer würdigt keiner eines Blickes. „Ach die, die stehen jetzt schon so lange hier, die fallen mir fast gar nicht mehr auf“, sagt Roland Haus (59) und winkt ab.

Nach mehr als 30 Jahren hat sich in Eiserfeld ein gewisser Gewöhnungseffekt eingestellt. Über die 16 Brückenpfeiler und deren bewegte Geschichte ist Moos gewachsen. Seit Anfang der 80er Jahre stehen die meterhohen Betonklötze nun an der Sieg. Damals hat das damalige Straßenneubauamt Siegen die Pfeiler gebaut, um den Verkehr der Hüttentalstraße über eine vierspurige Brücke, die sich an den Bühlrücken schmiegen sollte, in Richtung Niederschelden zu leiten. Anwohner gingen auf die Barrikaden und zogen vor Gericht. Die Justiz gab ihnen Recht, der Weiterbau der HTS wurde gestoppt. Die Pfeiler blieben. Ob sie bleiben, steht nicht fest.

Frühestens 2014 werden die Pfeiler abgerissen

„Wir lassen gerade einen neuen Bauentwurf prüfen“, bestätigt Karl-Josef Fischer, Sprecher des Landesbetriebs Straßenbau. Geprüft wird eine Brückenkonstruktion mit nur einem Pfeiler. Die damals in den 70ern geplante Brücke sollte von zwei Betonpfeilern getragen werden, der Verkehr sogar vierspurig laufen. Das braucht aber heute keiner mehr, da sich der Verkehr vor dem neuen Bühltunnel teilen wird – entweder geht es an der Sieg entlang oder durch den Tunnel nach Niederschelden. Sollten diesem neuen, schlankeren Entwurf auch die Behörden zustimmen, könnte dies das Aus für die alten Stelen bedeuten.

Frühestens 2014 würden sie dann abgerissen und rund fünf Millionen D-Mark, die das Projekt damals gekostet haben soll, wären in den Sand gesetzt worden. „Die genauen Kosten können wir nicht mehr nachvollziehen, da die betreffenden Akten verschimmelt sind“, erklärt Fischer. Den Vorwurf der Steuerverschwendung weist er jedoch von seiner Behörde. „Hätten die Anwohner damals nicht geklagt, wäre die Brücke ja gebaut worden.“ Denn mit dem Planfeststellungsverfahren habe es damals ordnungsgemäß grünes Licht gegeben.

Das sieht auch Sabine Kämpfer so. Sie leitet das Siegener Büro des Vereins Bund der Steuerzahler NRW und untersucht Steuerverschwendungen in ganz Südwestfalen. „Was bleibt, ist die immense Summe an Steuergeldern, die da im Raum steht und die Tatsache, dass die Pfeiler mehr als 30 Jahre nicht genutzt wurden“, so Kämpfer (siehe Interview). Der Verein werde diesen Fall prüfen.

Ökologische Aspekte sprechen für neue Brücke

Der Landesbetrieb geht sogar davon aus, dass das Land mit der neuen Brückenkonstruktion bis zu zwei Millionen Euro sparen kann. Trotz Abriss der alten Stelen. „Es wird günstiger, weil wir bei der schlankeren Brückenversion auf einige Pfeiler verzichten könnten, weil wir mit der heutigen Technik größere Spannweiten überbrücken können“, erklärt Fischer. Zudem sprächen ökologische Aspekte für die neue Brücke: Denn je weniger Pfeiler in der Sieg stehen, desto besser sei das für den Hochwasserschutz. Der Landesbetrieb ist daher sehr optimistisch, dass die Untere Landschaftsbehörde und die Untere Wasserbehörde dem neuen Entwurf zustimmen werden.

Hochwasserschutz ist auch das Stichwort für Peter Fasel, Leiter der Bilogischen Station des Kreises. Denn der Biologe begrüßt jede Maßnahme, die der Sieg mehr Raum gibt, ausdrücklich. „Skeptisch bin ich jedoch nur, was die Eingriffe in die Natur bedeuten – während der Bauarbeiten.“ Das werde oft nicht genügend berücksichtigt. Beispielsweise müssen Baustraßen gebaut werden auf Kosten des Auwaldes entlang der Sieg.

Ganz andere Sorgen hat Hundebesitzer Roland Haus. „Dann müssen wir uns bald eine neue Runde suchen“, sagt er zu den Hunden. Brico und Nico wedeln mit dem Schwanz. Sie scheint das nicht so zu betrüben.