Netphen. Gewaltige Friedhofslinde in Netphen-Beienbach kein Naturdenkmal mehr? Janis Brück will das unbedingt verhindern: „Baum ist einmalig“.
Die Friedhofslinde in Netphen-Beienbach soll aus dem Naturdenkmalschutz entlassen werden. Dann wäre nicht mehr der Kreis Siegen-Wittgenstein, sondern die Stadt Netphen für die Pflege zuständig. „Nicht nur Privatbesitzer könnten von zukünftigen Pflegekosten der Bäume überfordert sein, sondern auch Kommunen, wie bei dieser Friedhofslinde“, beschwert sich Janis Brück aus Netphen.
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Im Zuge der neuen Naturschutzverordnung hat der Kreis Siegen-Wittgenstein 237 Naturdenkmale im Kreisgebiet als schutzwürdig identifiziert, so der Stand August vergangenen Jahres. Insgesamt 73 Bäume in Siegen-Wittgenstein sollen damit die Denkmalplakette verlieren. Voraussichtlich werden der Beirat bei der Unteren Naturschutzbehörde und die politischen Gremien des Kreises über den Entwurf der neuen Verordnung im Sommer 2024 wieder beraten, teilte Kreis-Pressesprecher Torsten Manges mit. Nach Angaben der Pressestelle des Kreises wurden bis dato noch keine Naturdenkmale aus dem Schutz entlassen. Bis zum 15. September 2023 konnten Bürgerinnen und Bürger Einspruch gegen die neue Naturschutzverordnung einlegen. Insgesamt 1373 Unterschriften kamen bei der Online-Petition „Rettet die Baumdenkmale in Siegen-Wittgenstein“ zusammen.
Netphen: Die Begründung des Kreises ist für Janis Brück nicht nachvollziehbar
Nach Angaben des Kreises Siegen-Wittgenstein hebt sich der Baum aufgrund des Standortes und der Größe nicht im besonderen Maße von den Bäumen in der Umgebung ab. Dem widersprechen Janis Brück aus Beienbach und der Naturschutzbeirat. Der Grund: Die Linde stehe auf dem Friedhof allein und sei eine imposante Erscheinung. Sie wurde bereits vor 20 Jahren als Naturschutzdenkmal eingestuft. Der Schutzstatus solle daher erhalten bleiben. Der Kreis bezeichnet in seiner Stellungnahme die Linde als Ahorn, die in der Größe häufig im Kreisgebiet vorkomme. Somit kämen laut Kreis auch die anderen Gründe, wie Seltenheit oder Eigenart, hier nicht zum Tragen. „Es handelt sich nicht um einen Ahorn-Baum, sondern um eine Linde. Das sind zwei verschiedene Baumarten“, erklärt Janis Brück.
Janis Brück regt sich über die Begründung des Kreises auf: „Der Standort des Baumes ist exponiert und vom beliebten Wanderstartpunkt Sportplatz Beienbach aus weithin ersichtlich. Als alte Friedhofslinde ist der Baum den Beienbachern seit mehreren Generationen bekannt. Somit ist der Baum nicht nur visuell ortsprägend, sondern auch in vielen Erinnerungen und Erzählungen. Volumen und Form der Baumkrone von 16 Metern sind im Kreis- und Stadtgebiet einmalig und innerhalb des Dorfs erst recht.“
„Ein Ende des Schutzes wird mittelfristig auch das Ende des Baumes in seiner jetzigen Form bedeuten, so wie es bereits vielen ortsprägenden Bäumen passiert ist.“ Janis Brück sieht schwarz. „Wenn die Stadt die Pflegekosten übernehmen soll und dies aber nicht leisten kann, besteht die Möglichkeit, dass die Friedhofslinde gefällt werden könnte.“ Und das möchte der Beienbacher unbedingt verhindern.
Netphener versucht, die Linde über alle Wege zu schützen
Der Maschinenbaustudent hat sich im Februar dieses Jahres noch an das Amt für Natur und Landschaft des Kreises Siegen-Wittgenstein gewandt. „Wegen der Cyberattacke sei es noch zu keinen weiteren Beschlüssen gekommen, teilte mir der Kreis mit. Im Sommer soll eine Entscheidung gefällt werden“, sagt Janis Brück. Der Naturschützer ist Mitglied bei der Waldgenossenschaft und hat schon etliche Kastanienbäume in Netphen gepflanzt. Er möchte seine Heimat so grün behalten, wie sie ist. Deswegen hat er sich nicht nur mit dem Kreis Siegen-Wittgenstein, sondern auch mit der Stadt Netphen und dem Naturschutzbund in Verbindung gesetzt. Bislang ist noch nicht klar, was mit der Friedhofslinde in Beienbach passiert.
Janis Brück betont nochmal die Bedeutung von Bäumen für unsere Umwelt und Lebensqualität. „Sie speichern nicht nur CO2, sie produzieren vor allem lebensnotwendigen Sauerstoff, filtern für uns die gesundheitsgefährdenden Schadstoffe aus der Luft und verbessern durch Verdunstung und Kühlung das städtische Klima. Sie sind auch als Lebensraum für die urbane Flora und Fauna ungeheuer wichtig“, erklärt der Maschinenbaustudent.
„Der Kreis Siegen Wittgenstein bewegt sich meines Erachtens gegen den Trend anderer Landkreise und Städte, die sich für die Begrünung innerorts und des urbanen Raums unter anderem auch architektonisch einsetzen. Wie ist es mit Blick auf den Klimawandel möglich, dass die Kreisverwaltung die Beseitigung alter Baumsubstanz im urbanen Bereich erleichtert, während es viel zu lange dauern wird, den Verlust dieser Bäume zu ersetzen. Es ist für mich ein Widerspruch in sich“, sagt Janis Brück. „Aufgrund der Borkenkäferkalamität wurden schon viele Fichten zerstört, sodass wir unsere Bäume schützen müssen.“
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Die 127 Jahre alte Friedhofslinde mit 3,60 Metern Umfang sei ein robuster Baum und habe schon den Dürrejahren standgehalten, sagt Janis Brück. „Wir sollten stolz darauf sein, dass bei uns noch so viele alte Bäume vorhanden sind, und uns für ihren Erhalt einsetzen.“