Siegen. Am Samstag nehmen über 400 Handwerker ihre Meisterbriefe in Siegen entgegen. Zimmerermeister Timo Hölterhoff ist einer von ihnen.
Normalerweise kennt man einen Zimmerer, mit Jacket, Weste, Schlapphut, Stenz und Bündel auf der Baustelle bei Wind und Wetter. Dass der Job eines Zimmerers mittlerweile auch viel hinter dem Schreibtisch stattfindet, erzählt Zimmerermeister Timo Hölterhoff aus Siegen-Weidenau. „Die Arbeit mit EDV-Programmen wird immer wichtiger und nimmt den Zimmerern einiges an Arbeit ab“, so Timo.
Die Liebe zum Beruf hat Timo durch seinen Großvater kennengelernt. „Mein Opa war Schreiner und hat mich inspiriert, mit Holz zu arbeiten“. Schreiner sind, anders als Zimmerer, für die Inneneinrichtung, also den Bau von Schränken, Sitzmöbeln, Tischen, Fenstern oder Türen zuständig. Zimmerer Timo baut hingegen Carports, Dachstühle oder Dachgauben. Die dreijährige Ausbildung in Kreuztal hat er direkt nach der Schule mit 19 Jahren begonnen. Den zwölfmonatigen Meister in Arnsberg hat Timo vor Kurzem erfolgreich abgeschlossen.
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Eigene Zimmerer-Werkstatt in Siegen
Zu Hause in Weidenau hat er seine eigene kleine Werkstatt, in der er so manche Abende verbringt. Hier hat er eine kleine Handkreissäge, Stemmmaschine, Kettensäge, Bohrmaschine, Handbandsäge, Hand-Hobelmaschine und jede Menge freizügige Frauenbilder an den Wänden, die anscheinend nicht ablenken. Tagsüber ist Timo auf der Baustelle oder in einer der großen Werkstatt-Hallen in Gerlingen. Dort arbeitet er auch oft mit einem Kran, um die schweren Holzteile von A nach B zu manövrieren. „Skizzen und Modelle anzufertigen, ist aber auch sehr wichtig. Manchmal bauen wir eine Dachgaube auch in 2D nach, um sie dann in 3D zu errichten.“
Holz ist besonders beliebt bei Zimmerern
Auf der Baustelle arbeitet Timo mit Statikern, Architekten, Maurern und Trockenbauern zusammen. „Die Nachfrage nach Holzrahmenbau und besonders Fertighausbau ist sehr groß geworden.“ Im Zuge des Gebäudeenergiegesetzes mussten viele Haushalte in Deutschland ihre Häuser neu dämmen. „Energiesparend bauen ist auch bei uns ein großes Thema“, erzählt Timo. Bauen mit Holz kann die deutsche Klimabilanz positiv beeinflussen, so Timo. „Der Werkstoff Holz ist attraktiv, weil es direkt vor unserer Haustür wächst und die Fähigkeit hat, beim Wachstum CO₂, also Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufzunehmen.“
Während seiner Ausbildung war Timo ein dreiviertel Jahr in Bayern. Dort arbeiten Zimmerer mehr mit Holz. Das spielte Timo in die Karten, denn er liebt Holz. „Als Zimmerer hat man eine ganz besondere Verbindung zu Holz. Man kann damit so viel machen“. Das Machen gefällt Timo besonders gut, an seinem Beruf. Der 27-Jährige kann sich nicht vorstellen Bauingenieurwesen oder Architektur zu studieren, obwohl er das könnte. „Das Studium ist mir zu theoretisch. Deshalb habe ich den Meister gemacht. Da konnte ich Praxis und Theorie miteinander verbinden.“
Timo sieht seinen Beruf nicht als Arbeit an. „Ich gehe nicht zur Arbeit“. Das merkt man besonders, wenn man sich seinen Garten anschaut. Erst kürzlich hat er einen Hühnerstall und eine gemauerte Grillstelle gebaut. Seine Zunftkleidung hat er dabei immer an. Die Zunftkleidung hat eine besondere Bedeutung, erklärt Timo. Es gibt ein Sprichwort: „Je größer der Schlapphut eines Zimmerers, desto mehr Dreck hat er am Stecken.“ Die Schlaghose ist gut, damit die Holzspäne nicht in den Schuhen landen. Die acht Knöpfe an der Weste stehen für 8 Stunden Arbeit am Tag, die sechs Knöpfe an dem Manchesterjacket für 6 Tage Arbeit in der Woche.
Zimmerer wandern immer noch
In den Wanderjahren lernen Gesellen nach dem Abschluss ihrer Lehrzeit neue Arbeitspraktiken und fremde Orte kennen und können so Lebenserfahrung sammeln. Besonders im Spätmittelalter bis zur beginnenden Industrialisierung war das eine der Voraussetzungen für die Zulassung zur Meisterprüfung. „Ein Handwerker, der sich auf dieser traditionellen Wanderschaft befindet, wird bei uns als ‚Ausbrecher‘ bezeichnet“, erzählt Timo. Das Geld für die dreijährige Wanderung haben die Zimmerer meist über Jahre angespart. Timo kann die Wanderung nun als Meister nicht mehr antreten.
Timo hat bereits Erfahrungen im Ausland während seiner Ausbildung sammeln können. Neben seiner Tätigkeit in Bayern arbeitete er in Frankreich bei einem Zimmerer. Dort gibt es wenige Zimmerermeister, erzählt Timo. „Da ist man in Deutschland schon besser aufgehoben.“ Für den Beruf des Zimmerers sollte man räumliches Vorstellungsvermögen, mathematisches Verständnis und handwerkliches Geschick mitbringen. „Man sollte auch wasserfest sein und gerne körperlich arbeiten. Denn besonders am Anfang, als ich aus der Schule kam, musste ich mich erstmal umstellen und war ziemlich fertig.“
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Traditionelle Zimmermannsarbeit liegt Timo am Herzen
Jetzt kann sich Timo nichts Besseres mehr vorstellen. Schade findet er, dass das Handwerk mittlerweile ein schlechtes Image hat. „Es ist wirklich ein toller Beruf. Ich genieße jeden Tag. Das tolle ist, man sieht seine Ergebnisse und hat immer Abwechslung.“ Bald fängt Timo bei einer neuen Zimmerei an. Wo, wollte er noch nicht verraten. Mit EDV-Programmen arbeitet der Betrieb jedoch nicht, so Timo. „Ich mag die traditionelle Zimmermannsarbeit.“
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