Siegen. Bräunungscreme, Rasiermesser, Paar Schuhe, Geld: Zwei Siegener sind offenbar wahllos eingebrochen – Boulderhalle, Siegerlandhalle, Friseursalon.

Diebstahl, Bandendiebstahl und versuchter Diebstahl: Die Liste der Anklagen ist lang. So lang, dass der Staatsanwalt immer wieder Luft holen muss, während er sie verliest. Fast alle Punkte sind Einbrüche: Zwei Mal in die Siegerlandhalle, in einen Friseursalon, ein Sonnenstudio, eine Zahnarztpraxis und in eine Boulderhalle sollen die Angeklagten unter anderem eingestiegen sein. Mal alleine, mal zu zweit und mit anderen, teilweise unbekannten Personen. Die beiden Angeklagten könnten unterschiedlich nicht sein. Der eine ist nervös und unruhig, das Stillsitzen fällt ihm schwer. Mit 49 Jahren ist er der ältere der beiden. Der andere ist 28 Jahre alt. Er wirkt ruhig und abgeklärt, lässt sich nichts anmerken. Er befindet sich zum Verhandlungszeitpunkt in Untersuchungshaft, ein Justizbeamter führt ihn in den Verhandlungssaal. Bei seiner Festnahme führte er Waffen mit sich, wie ein Zeuge später berichtet.

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Zweimal sollen die Angeklagten in der Siegerlandhalle eingebrochen sein. Beim ersten Mal brachen sie ein Metalltor auf und verschafften sich Zutritt zu einer alten Kegelbahn, die im Keller des angeschlossenen Restaurants liegt. Diese sei wohl schon seit langem nicht mehr in Betrieb, berichten Zeugen. Hier sollen die Angeklagten mehrere Zigaretten-Automaten, einen alten Brötchenautomaten sowie einige D-Mark-Schließfächer aufgebrochen haben. Bei einem weiteren Einbruch zu einem späteren Zeitpunkt hätten die Angeklagten einen Tresor geknackt, sagt die Staatsanwaltschaft. „Das muss mit einer Flex passiert sein“, berichtet eine Polizistin im Zeugenstand. Rund 12.000 Euro sollen die Täter dabei erbeutet haben.

Insgesamt rund 15.000 Euro Beute in Siegen gemacht: Das müssen sie zurückzahlen

Außerdem wird den beiden Männern vorgeworfen weitere, kleinere Einbrüche begangen zu haben. In einem Sonnenstudio hätten sie 13 Tuben Bräunungscreme, in einem Friseursalon einige Scheren und Rasiermesser sowie ungefähr 150 Euro mitgehen lassen. Ein Paar Schuhe stahl einer der beiden Angeklagten laut Staatsanwaltschaft zudem aus einer Schule und rund 2200 Euro aus der Kasse eines Zahnarztes. Mit einer gestohlenen Geldbörse und den enthaltenen Debitkarten soll einer der Angeklagten rund 146 Euro für Zigaretten ausgegeben haben. Zusätzlich gab es mehrere kleine Einbrüche bei Unternehmen, bei denen die Täter kleinere Summen erbeuten konnten. Insgesamt beläuft sich die Summe der Einbrüche auf knapp 15.000 Euro. „Das Geld muss natürlich zurückgezahlt werden“, betont der Staatsanwalt.

Das Geld muss natürlich zurückgezahlt werden.
Staatsanwalt - über Beute im Wert von 15.000 Euro

Insgesamt sind sieben Termine für die Verhandlung angesetzt. Die Verteidigung kündigt schon zu Prozessbeginn am Mittwoch, 17. Januar an, den Fall gern abkürzen zu wollen. Ein Rechtsgespräch bringt allerdings keine Verständigung.

Bei der Festnahme in Siegen ist einer der Angeklagten bewaffnet – nicht den Helden spielen

Der ältere der beiden Angeklagten sagt aus. „Mit den Einbrüchen in der Siegerlandhalle habe ich nichts zu tun“, behauptet er. Auch die Beteiligung an den anderen Einbrüchen streitet er ab. Dass er seinen Mitangeklagten kennt, räumt er jedoch ein: „Ich war eine Zeit lang obdachlos und habe bei ihm auf der Couch geschlafen.“ Auch die Geldbörse will er nicht gestohlen haben. „Ich habe dem Mann doch sogar noch geholfen, die Geldbörse zu finden.“ Von dieser Situation soll es Videomaterial geben, aufgezeichnet von einer Kamera. Das liegt der Vorsitzenden Richterin Elfriede Dreisbach auch vor. „Sie sagen, das Videomaterial sei unvollständig?“, fragt sie den Angeklagten. Er bejaht. Wegen eines Unfalles auf der Arbeit habe er neun Monate nicht richtig laufen können. Beim Einbruch in die Zahnarztpraxis könne er also nicht dabei gewesen sein. Der zweite Angeklagte äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen.

Heute bin ich froh, dass ich in der Situation nicht den Helden gespielt habe.
Polizist - im Zeugenstand

Mehrere Einsatzkräfte der Polizei sagen aus, berichten von den Tatorten. „Es war sehr chaotisch“, sagt eine Zeugin über die Büroräume in der Siegerlandhalle, wo die Täter den Tresor aufgebrochen hatten. Ein anderer Polizist berichtet von der Festnahme des jüngeren Angeklagten: „Wir waren abends in Zivilkleidung unterwegs und da sind uns zwei Männer aufgefallen, die sich an einem Metalltor zu schaffen machten.“ Als die beiden nicht durch kamen, gaben sie demnach auf. Der Polizist verfolgte sie, rief Verstärkung. Die Männer werden festgenommen. „Später habe ich erfahren, dass einer der beiden eine Schreckschusspistole und ein Klappmesser dabei hatte. Heute bin ich froh, dass ich in der Situation nicht den Helden gespielt habe“, so der Beamte.

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Die beiden Festgenommenen sind der Polizei bekannt. „Wir kannten die beiden Täter schon von Videoaufzeichnungen. Wir wussten aber, dass ein Dritter noch fehlt“, sagt der Zeuge und deutet auf den älteren der beiden Angeklagten. Den finden sie später in der Wohnung des Jüngeren. Spuren der Angeklagten seien an den Tatorten demnach nicht zu finden gewesen. Die Erinnerungen der Polizisten sind darüber hinaus auch nicht mehr ganz frisch: Die Fälle liegen alle über ein halbes Jahr zurück. „Ich habe seit dem sehr viele Tatorte gesehen“, sagt ein Polizist.

Ich war eine Zeit lang obdachlos und habe bei ihm auf der Couch geschlafen.
Der ältere der beiden Angeklagten - über seinen mutmaßlichen Mittäter