Wilnsdorf. In vier Kernbereichen geht die Gemeinde Wilnsdorf Integration an – auch eine Reaktion auf die Debatte über die Wohncontainer für Geflüchtete.

Die Marathon-Ratssitzung an einem Samstag im November ist nicht vergessen. Mehrere Stunden brauchte der Rat, um sich auf zwei Standorte für Wohncontainer für Geflüchtete festzulegen: das Gewerbegebiet in Rudersdorf und der Parkplatz des Naturschutzgebietes Grube Neue Hoffnung in Wilgersdorf. In der vom Publikum voll besetzten Festhalle nahmen Fragen, wie die dort einziehenden Menschen integriert werden, großen Raum ein. Es gehe um mehr, als den Geflüchteten „ein Dach über dem Kopf“ zu vermitteln, sagte Bürgermeister Hannes Gieseler jetzt im Rat. „Sie sollen Teil dieser Gesellschaft werden und Mehrwert für die Gesellschaft bringen.“ Wobei Gieseler einräumte, dass es auch Zugewanderte gibt, die an Integration kein Interesse haben.

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Integration funktioniert nicht nur von einer Richtung aus
Andreas Klein, Wir Bürger

„Wir haben Ihnen das Versprechen gegeben, dass wir uns kümmern“, sagte Dr. Andreas Weigel (BfW/FDP) an die Adresse der Bürger in den Ortsteile, in denen Notunterkünfte errichtet werden. Nicht nur mit einer schnellen und weit verbreiteten Kampagne „Wilnsdorf ist weltoffen“ auf Social Media, als kurz nach dem Aufbau der Rudersdorfer Container dort fremdenfeindliche Schmierereien auftauchten, sondern auch mit einem knappen und präzisen Integrationskonzept. „Integration funktioniert nicht nur von einer Richtung aus“, sagte Andreas Klein (Wir Bürger). Die Gemeinde müsse nachhalten, wie die Angebote genutzt werden, und das Kommunale Integrationsmanagement des Kreises einbeziehen, „um keine Doppelstrukturen zu schaffen“.

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Wo Geflüchtete Deutsch lernen können

Vier Kernbereiche nennt das Konzept: Sprache, Arbeit, Wohnen und Integration in die Gemeinschaft. Mit einem Sprachcafé will die Gemeinde einmal wöchentlich Gelegenheit bieten, Alltagssprache zu erlernen und einzuüben. Außerdem sollen ehrenamtliche Sprachkurse initiiert werden. Den ebenfalls angebotenen zertifizierten Sprachkursen, die das Jobcenter nur an Geflüchtete mit einem bestimmten Aufenthaltsstatus vermitteln kann, soll ein „niedrigschwelliges Angebot zur Überbrückung“ zur Seite gestellt werden. Bürgermeister Hannes Gieseler wies allerdings auch auf Hindernisse hin: Wenn alleinstehende Mütter mit kleinen Kindern keine Betreuungsmöglichkeit, zum Beispiel in Kita oder Schule, haben, wird es schwer mit dem Sprachkursbesuch.

Ich konnte denen nicht sagen, an wen sie sich wenden sollen.
Gregor Hartmann, CDU

Wie Hilfe zu Arbeit und Wohnung aussieht

Unterstützen will die Verwaltung die Vermittlung von Geflüchteten in Arbeit. Aktuell gesucht wird ein Kümmerer, der ein Netzwerk aus Arbeitgebern und Joblotsen aufbaut, die zum Beispiel bei Behördengängen unterstützen. Das sei auch nötig, sagte Gregor Hartmann (CDU) und berichtete von einer ukrainischen Familie in Rudersdorf und deren vergeblichen Bemühungen um einen Arbeitsplatz. „Ich konnte denen nicht sagen, an wen sie sich wenden sollen.“ Hartmann berichtete über das Angebot eines Unternehmers, direkt Kontakt mit den Bewohnern der Rudersdorfer Container aufzunehmen. Hannes Gieseler: „Das bietet sich an, der Weg zu potenziellen Arbeitgebern ist ja nicht weit.“

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Begleiten will die Gemeinde die Wohnungssuche von Geflüchteten, die oft auch deshalb länger in Gemeinschaftsunterkünften bleiben, als es eigentlich vorgesehen ist, weil sie auf dem Wohnungsmarkt kein Angebot finden. Das trifft vor allem die Geflüchteten, deren Asylantrag anerkannt ist oder die einen anderen Aufenthaltsstatus haben, der mit einer dreijährigen „Wohnsitzauflage“ für Wilnsdorf verbunden ist – sie dürfen in diesem Zeitraum nicht ohne weiteres woandershin ziehen. Bürgermeister Hannes Gieseler schließt nicht aus, dass der Rat ein weiteres Mal über neue Containerstandorte entscheiden muss: „Ob das die letzte Entscheidung war, werden wir mal schauen müssen.“ Bei großen Gemeinschaftsunterkünften finde kaum Integration statt, stellt die Verwaltung in ihrer Vorlage fest. Die Anlagen lägen zumeist außerhalb, die Bevölkerung sei zudem verärgert, „wenn Orte der sozialen Begegnung wegfallen, weil sie als Unterbringungsmöglichkeit genutzt werden müssen.“

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Wie Ehrenamt unterstützt wird

Damit Geflüchtete einfacher in die örtlichen Vereine und zu bestehenden Freizeitangeboten finden, will die Verwaltung - mit den Ortsvorstehern als erste Ansprechpartner - Netzwerke mit Ehrenamtlichen aus den Vereinen bilden. Für diese Ehrenamtlichen soll es wiederum eine feste Ansprechperson im Rathaus geben, die Informationen geben und beraten kann, Austauschtreffen mit und Schulungen für die Ehrenamtlichen vermittelt. Er habe „großen Respekt vor diesen Aufgaben“, sagte Rainer Danier (Grüne), die Ehrenamtlichen dürften damit nicht allein gelassen werden. „Ausgebrannt“, so Andreas Klein (Wir Bürger) sei das Ehrenamt schon in der letzten großen Flüchtlingsbewegung. „Auch das Ehrenamt braucht Unterstützung“, betonte Dr. Andreas Weigel (BfW/FDP) und regte eine Verstärkung in der Verwaltung an. Die ist bereits mit einer Neuorganisation erfolgt, die der Bürgermeister vorstellte: Lisa Buchmann-Monmo ist Leiterin des neuen Fachdienstes Integration, Soziales, Jugend, Senioren. Den nun davon abgetrennten Fachdienst Schule, Kultur, Sport, Tourismus leitet Svenja König.

Es ist wichtig, dass wir auf die Menschen zugehen.
Frank Klein, SPD

Wie Dorfgemeinschaften sich bewähren

Frank Klein (SPD) berichtete von einem jungen Geflüchteten, der nach Rinsdorf gekommen ist. Der habe selbstständig Kontakte zu den Vereinen gesucht und sei in einigen Mitglied geworden, habe einen Arbeitsplatz gefunden und werde demnächst eine eigene Wohnung in Rinsdorf beziehen. „Ein perfektes Beispiel für Integration. Hier hat Dorfgemeinschaft funktioniert.“ Klein merkte an, dass die Zugewanderten oft Scheu hätten, von sich aus den Kontakt aufzunehmen: „Es ist wichtig, dass wir auf die Menschen zugehen.“ „Man muss denen helfen, die hierherkommen“, pflichtete Gabriele Wagener (CDU) bei. „Es scheitert immer an der Sprache“, sagte Tanja Knipp (CDU), die auf das Beispiel aus Wilgersdorf verwies: Dort hat der CVJM irakischen Flüchtlingen Deutschkenntnisse vermittelt. Ein guter Weg, lobte Bürgermeister Gieseler: „Arbeitgebern aus der Gemeinde ist es egal, ob jemand ein Zertifikat vorlegt.“

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