Müsen. Eine ganz andere Seite des späteren einflussreichen Kreuztaler Unternehmers zeigt das Tagebuch des Bergpraktikanten Heinrich Adolf Dresler.

Bücher über Bergbau und die Montangeschichte des Siegerlandes gibt es viele. Tagebücher, die zu Büchern zusammengefasst worden sind, dürften auf dem hiesigen Büchermarkt auch keine Seltenheit sein. „Doch dieses Buch und vor allem die ersten 45 Seiten sind schon etwas ganz Besonderes“, erzählte Dr. Peter Vitt, als er das von ihm bearbeitete und um eigene Kapitel erweiterte „Tagebuch des Bergpraktikanten Heinrich Adolf Dresler“ vorstellt.

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„Die ersten 45 Seiten sind so geschrieben, dass der Leser auch einen Eindruck bekommt, was die Bergpraktikanten, in diesem Fall Heinrich Adolf Dresler, auch außerhalb der harten Arbeit im Bergbau so gemacht haben“, erzählt der Historiker beim Ortstermin im Bergbaumuseums auf der Stollenhalde in Müsen. Und hat dabei ein Lachen im Gesicht. Dass die Bergpraktikanten ein Tagebuch ähnlich einem heutigen Berichtsheft in der Berufsausbildung führten, war zu diesem Zeitpunkt schon Pflicht. Nicht vorgeschrieben waren jedoch Passagen über ausgelassene Trinkgelage am Abend. Nicht selten seien die jungen Bergpraktikanten am nächsten Morgen verkatert zur Schicht gekommen.

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Logis bei den Kleins in Dahlbruch

Dem 18-jährigen Heinrich Adolf Dresler, der gerade seine schulische Ausbildung abgeschlossen hatte, war eine glänzende berufliche Karriere vorbestimmt. Die praktische Arbeit auf den Gruben und Hütten des Stahlbergs war die Basis dafür. Während der gesamten Zeit wohnte er im Haus der mit der Familie Dresler eng verwandten Familie Wilhelm Klein in Dahlbruch. Wilhelm Klein und drei seiner Brüder waren die Gründer der Eisengießerei und Maschinenfabrik Klein, aus der sich später die heutige SMS group entwickelte. Die Familie Wilhelm Klein hatte neun Kinder, eines davon war die 1851 geborene Clementine, der der junge Mann zunächst keine große Aufmerksamkeit schenkte, was sich aber später änderte, denn im Jahr 1872 heirateten die beiden. Der Bergpraktikant von einst errichtete das Kreuztaler Drahtwerk, ließ die Weiße Villa im Park nebenan (Dreslers Park!) bauen, wurde Kommerzienrat, Landtags- und Reichstagsabgeordneter.

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Akribische Niederschrift

Nach Antritt seiner Tätigkeit in Müsen begann Heinrich Adolf Dresler mit dem Tagebuch, worin er akribisch sein gesamtes Tagewerk niederschrieb. Das Buch nimmt den Leser auch mit auf Ausflüge, Umtrunke mit Freunden und Reisen mit seinem Onkel Wilhelm. Das Wichtigste aber sind seine Aufzeichnungen über die Arbeiten in der Grube Stahlberg samt Beilehen sowie den dazugehörigen Hütten. Der montanindustriell interessierte Leser bekommt viele Einblicke in das Berg- und Hüttenwesen, so wie es in der Mitte der 1850er Jahre war, als die Industrialisierung noch in den Kinderschuhen steckte. Durch Dreslers Aufzeichnungen lernen Leser das Stahlberger Poch- und Waschwerk kennen, die Gangverhältnisse mit der Grubenzimmerung und Grubenmauerung, die Kunstgezeuge und die Aufbereitung, das Schmelzen von Blei-, Fahl- und Kupfererz sowie die Beschreibung der Silber-, Blei- und Kupferverhüttung einschließlich der Probenbereitung. Hinzu kommt ein komplettes Verzeichnis der 34 Gruben im Bergrevier Müsen mit Beschreibung der Lage und der dort vorkommenden Erze.

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Informationen über Dreslers und den Stahlberg

Das Buch beginnt mit einführenden Texten zur Familie Dresler und einer Beschreibung der Gruben Stahlberg samt Beilehen, es folgen nach der Transkribierung der Dreslerschen Ausführungen sehenswerte Bilder von Stufen und Kristallen des Stahlbergs, fotografiert von dem über die Region hinaus bekannten Matthias Reinhard. Danach schließt sich eine Wiedergabe der beiden wichtigsten Kapitel über den Stahlberg und die Siegerländer Bergwerksverfassung aus dem 1789 erschienenen Buch „Mineralogische Beschreibung der Nassau-Oranischen Lande nebst einer Geschichte des Siegenschen Hütten- und Hammerwesens“ von Johann Philipp Becher an, das sicher auch Heinrich Adolf Dresler schon vor Arbeitsantritt in Müsen mit Interesse gelesen hat. Den Abschluss bildet eine Übersicht der meterologischen Daten aus der Siegen-Nassauer und Preußischen Zeit, da viele davon im Text verwendet wurden.

Das 231 Seiten starke Buch kostet 20 €. Herausgeber ist Paul Niederstein als geschäftsführender Gesellschafter der „The Coatinc Company – TCC“, Autor ist der Historiker Dr. Peter Vitt, die Gestaltung erfolgte durch Katrin Klotzki-Progri, die Fotos sowie viele Informationen stammen von Rolf Golze , dem Vorsitzenden des Vereins Altenberg und Stahlberg, und aus dem Privatarchiv Niederstein.

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