Siegen. Zwölf Meter hoch, 400 Quadratmeter groß: Der Probensaal ist riesig. Möglich wurde er auch, weil viele Siegerländer Krombacher trinken.

Großer Bahnhof in der sonst so stillen Oranienstraße. Das „Haus der Musik“ soll, nachdem die Musiker und Verantwortlichen der Philharmonie Südwestfalen es schon vor Wochen in Besitz genommen haben, nun auch offiziell feierlich eröffnet werden.

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Dazu kann Landrat Andreas Müller viele Gäste begrüßen: Vornehmlich die, denen die Entstehung dieses Hauses zu verdanken ist. Und das ist in erster Linie die großzügige Mäzenin Barbara Lambrecht-Schadeberg. „60 Jahre lang hat sich unser Orchester in der Schützenhalle Hilchenbach wohlgefühlt. Herzlichen Dank für diese Gastfreundschaft“, sagt der Landrat. 2018 sei dann der Beschluss gefasst worden an zentralerem Ort ein neues Haus zu errichten. „Nach dem Baubeginn 2020 griff ein Rädchen ins andere, wurde auch der Zeitplan und der Kostenrahmen von 17 Millionen Euro eingehalten.“

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Stimmzimmer auf drei Etagen

Herzstück des „Hauses der Musik“ ist der große Probensaal mit seiner Fläche von gut 400 Quadratmetern und einer Höhe von zwölf Metern. Die Akustik lässt sich durch elektrisch ausfahrbare Vorhänge verändern und so bei ihren Proben auch an die Gegebenheiten der unterschiedlichen Spielorte ihrer Konzerte anpassen. Um das zu demonstrieren, spielen die Philharmoniker ein musikalisches Motiv zwei Mal an: Mit Vorhang wähnt sich der Zuhörer in seinem Wohnzimmer, ohne Vorhang wie in einer Kathedrale. Der Probenraum ist so gedämmt, dass kein störendes Geräusch von außen in den Raum hinein dringen kann, selbst wenn die Feuerwehr durch die Oranienstraße fahren würde. Das gibt dem Orchester die Möglichkeit für CD-Aufnahmen. Hinzu kommen zehn Stimmzimmer, auf drei Etagen verteilt und als „Raum im Raum“ konzipiert: Federnd gelagert und auch die Lüftungen so konstruiert, dass keine Schwingungen nach außen übertragen werden. Die einzelnen Instrumentengruppen können sich also getrennt voneinander einspielen, bevor die gemeinsame Probe beginnt.

Zum Gesamtpaket des neuen Domizils gehören auch drei Räume mit konstanter Feuchtigkeitsregulierung, um dort handwerklich gefertigte Instrumente optimal lagern zu können, eine Lkw-Garage, Abstell- und Technikräume, Cafeteria, Büros… Die gesamte Nutzfläche des „Hauses der Musik“ beträgt 3.228 Quadratmeter.

Zahlen

Nutzfläche 3.228 Quadratmeter

Umbautes Volumen 22.213 Kubikmeter

13.500 Quadratmeter Dämmung, die zusammen 180.000 Kilogramm wiegt, 15.000 Meter Kabel und 110.000 Klinkerriemchen wurden verlegt.

Eine Komposition für die Mäzenin

Das Musik-Programm der feierlichen Eröffnung beginnt buchstäblich mit einem Paukenschlag. Und der leitet Ludwig van Beethovens „Die Weihe des Hauses“ ein. Festliche Klänge, Fortissimo-Passagen, die Gänsehaut erzeugen, leise Momente, bei denen man fast den Atem anhält: Die Gäste der Eröffnungsfeier haben das Gefühl, mitten im Orchester zu sitzen. Oder beim „Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5“, ebenfalls von Beethoven, direkt neben Sheng Cai. Was dieser Kanadier mit chinesischen Wurzeln auf den 88 Tasten des Flügels zaubert, ist ein musikalisches Feuerwerk der Sonderklasse. Mal emotional dann wieder zurückhaltend zart, mal ein Vulkanausbruch, dann wieder leise wie ein Wiesenbach. Fast meint man, Philharmonie-Intendant Michael Nassauer habe den chinesischen Weltstar Lang Lang nach Siegen kommen lassen.

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„Beethoven hat gesprochen. Was soll man danach noch sagen?“ So beginnt Barbara Lambrecht-Schadeberg, die große Stifterin und Mäzenin der heimischen Kunst und Kultur, ihre Rede, die eine Dankesrede ist. „Und zwar an alle Menschen um mich herum, die mir diesen Floh ins Ohr gesetzt haben.“ Nämlich dieses „Haus der Musik“ in Gang zu bringen und finanziell möglich zu machen. „Sie alle haben mir damit einen Traum erfüllt.“ Frau Schadeberg verschweigt nicht, dass ihr Engagement nur mit dem Rückhalt ihrer Familie möglich ist und natürlich auch, „dass in der Region so gerne Krombacher Bier getrunken wird.“ Der Dank des Orchesters kommt musikalisch: „From Darkness to The Sun“, eine Komposition von Andres Reukauf, der Mäzenin gewidmet. Voller Dynamik, instrumentaler Power und Rhythmik, bei der auch die Schlagwerker ins Schwitzen geraten, um dann ganz sanft zu enden. In wenigen Minuten ist alles zu hören, was Musik ausmacht. Die originale Partitur, von allen im Orchester unterschrieben, wird Frau Lambrecht-Schadeberg mit den Worten überreicht: „Danke für die Liebe, die Sie uns ständig zeigen.“

Chefdirigent Nabil Shehata bleibt mindestens bis 2027

Michael Nassauer, Intendant der Philharmonie, weiß, welche Bedeutung das „Haus der Musik“ auch über die Region hinaus haben wird. Dass es nämlich weit und breit nichts Vergleichbares gibt und damit ein Vorzeige-Haus werden wird, auch was die Zusammenarbeit mit der nahen Fritz-Busch-Musikschule und der Uni Siegen betrifft. Er lädt ein: „Kommen Sie vorbei, wann immer Sie mögen, auch zu Proben. Wir sind ein offenes Haus.“

Ein Schlusswort der besonderen Art hat Landrat Andreas Müller parat: Der Vertrag mit Chefdirigent Nabil Shehata wurde für drei weitere Jahre verlängert: „Er wird uns mindestens noch bis 31. August 2027 erhalten bleiben.“

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