Buschhütten. Im Campus Buschhütten kommt nach und nach die ganze Familie Popolski zum Zuge. Schrägster Spaß aus dem Plattenbau.

Er ist in Kreuztal ein regelmäßiger und gern gesehener Gast. Die Besucher im Campus Buschhütten darf man also mit Fug und Recht als Stammgäste bezeichnen, die Pawel Popolski gerne zu einem Wohnzimmerkonzert in den 11. Stock eines polnischen Plattenbaus einlädt, um ihnen die Geschichte seines Opas zu erzählen. Doch zunächst ist Wodkatrinken angesagt, ein unvermeidliches Begrüßungszeremoniell in seinem Land. Und dazu sind natürlich die vielen Besucher im Campus Buschhütten eingeladen. Sechs Hostessen, „davon vier weiblich“, wie Pawel betont, schaffen es, in Windeseile alle mit einem oder auch mehreren Pinnchen dieses Klargetränks zu versorgen, es „auf Ex“ hinter die Binde zu gießen und das leere Trinkgefäß dann hinter sich zu werfen.

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Alle zehn Minuten einen nachlöten

Pawel schafft es, dabei sein Schlagzeug zu treffen, und darf gleich noch eins trinken. Um dann noch zu erklären: „Alle zehn Minuten einen nachzulöten, ist Vorschrift der polnischen Gewerkschaft.“ Spätestens jetzt gehören alle im Campus zur „Hackedicht-Fraktion“, Kreuztal wird zur Polka-City erklärt und ist bereit für die Geschichte seines Opas und der übrigen Familie Popolski.

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Dieser Opa war nämlich neben seinem Orgeldienst in der heimatlichen Kirche auch ein begnadeter Komponist. Doch als er sein erstes Werk „Highway to heaven“ auf seiner Kirchenorgel spielte, sei dessen Karriere als Kirchenmusiker schnell beendet gewesen. „Aber er hat dann das Kofferschlagzeug und Polkatronik 4, den ersten Synthesizer der Musikgeschichte, erfunden, natürlich mit eingebauter Minibar“, sagt sein stolzer Enkel Pawel.

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Sie kochen die Hütte langsam hoch

Diese Instrumente werden im weiteren Verlauf des Abends immer wichtiger. Etwa beim „Hupf“, „dem ersten Lied über das Sackhüpfen“, bei dem er dann unnachahmlich den Mega-Hit „Jump“ der Hard-Rock-Band Van Halen zelebriert. Ebenso wie später Lou Reeds „Hey Babe, take a walk to the wild side”, mit dem er mit klangvoller Baritonstimme die Reise des Opas nach L.A. beschreibt. Klar, dass Popolski auch das bestens gestimmte Publikum in sein Programm einbezieht: Mit „Ney nanana“, dem Party-Song der Gruppe Vaya con dios.

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Dann hat Pawel Popolski Mut, vielleicht sogar Übermut. Konnte er wissen, dass sich im Publikum auch ein Schlagzeuger befindet, noch dazu ein bühnentauglicher? Er fragt in den Saal, Dominik meldet sich, aber eher auf Drängen seiner Sitznachbarin. Das Duett Dominik am Kofferschlagzeug, Pawel am Polkatronik 4 gerät zu einem der Höhepunkte des Abends und Pawels Versprechen „Wir kochen die Hütte langsam hoch“ wird eingelöst.

Session aus dem Plattenbau

Ebenso wie die Session am Ende des Programms, als die Popolski-Familie aus dem polnischen Plattenbau zugeschaltet wird. Etwa Tante Apolonia, der man ansieht, dass sie die Wodkaflasche lieber in der Hand hält als den Staubsauger, zwei Trompeter und ein Gitarrist aus der Verwandtschaft und vor allem Janusch, Pawels jüngerer Bruder „mit seiner Hackfresse die trübste Tasse der Familie“. Und vor allem nicht so musikalisch wie Pawel: „Er ist drei Jahre lang an der Triangel gescheitert und versucht sich nun auf den vier Saiten des E-Basses.“ Doch als die Popolskis in ihrem Wohnzimmer loslegen, geht die Post ab. Sie lassen sich nur ausbremsen, als Tante Apolonia volltrunken der Länge nach auf dem Boden liegt.

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Das Geheimnis der Popolskis

90 Minuten bieten alles, was das Publikum von Pawel Popolski erwartet: Schräge Witze, Gags, typische Vorurteile und ironisch-liebevolle Blicke auf unsere östlichen Nachbarn, eine kurze Einführung in die Kunst des Schlagzeugspielens und die Synthesizer-Technik, Informatives über „das fiese Fis“, Musik mit Gläsern aus dem Gewürzregal der Popolski-Küche und, und, und… Und alles in seiner polnisch-deutschen Sprachmelodie. So tut es dem Berichterstatter fast Leid, ein Geheimnis zu enthüllen. Einen Pawel Popolski gibt es nicht, ebenso wenig wie seine schräge Familie im Plattenbau. Er heißt in Wirklichkeit Achim Hagemann, stammt aus dem Ruhrgebiet, ist Komponist und Musiker und tritt bisweilen auch mit Hape Kerkeling auf. Ein Grund mehr, sich vor diesem genialen Komödianten und seiner Kunst sehr, sehr tief zu verneigen.

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