Siegen. Kaum ein deutscher Musiker wird von seinen Fans so geliebt wie Udo Lindenberg. Warum das so ist, macht auch die Show „Herzpanik“ in Siegen klar.

Am Ende des Abends haben sich alle im Apollo von ihren Sitzen erhoben, tanzen, klatschen und singen mit. Das mag ein klein wenig auch daran liegen, dass die Apollo-Leitung vor Beginn der Show, die das Landestheater Detmold mit „Herzpanik“ überschrieben hatte, alle Gäste mit einem süffigen Eierlikör begrüßt und sie ein wenig auf Betriebstemperatur gebracht hat: Dem Getränk, von dem man sagt, dass es eine Konstante im Leben des inzwischen 77-jährigen Deutsch-Rockers Udo Lindenberg ist, der seit über einem halben Jahrhundert seine Fans begeistert. Andere Konstanten, wie der charakteristische Hut, sein unverwechselbares Nuscheln, seinen Spleen, seit den 90er Jahren in der Hamburger Edel-Absteige Hotel Atlantic zu leben, spielen in „Herzpanik“, wenn überhaupt, dann nur eine Nebenrolle.

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Im Mittelpunkt des Abends steht Udos Musik. Hits und weniger Bekanntes aus 50 Jahren, gut ausgewählt und auf die zwölf Künstlerinnen und Künstler zugeschnitten, die sie in der Show präsentieren. Beginnend mit den Uralt-Songs „Alles klar auf der Andrea Doria“ und „Elly Pyrelli“ mit dem schon damals ultra schrägen Einwurf „Oh Wotan weiche von mir!“ Und ganz früh zeigt das Publikum im sehr gut besuchten Theater seine Mitsing-Lust und Textsicherheit.

Das „Herzpanik“-Ensemble bringt die Songs von Udo Lindenberg – und einigen seiner Musikkolleginnen und -kollegen – mit tollen Stimmen und perfekter Choreographie auf die Apollo-Bühne.
Das „Herzpanik“-Ensemble bringt die Songs von Udo Lindenberg – und einigen seiner Musikkolleginnen und -kollegen – mit tollen Stimmen und perfekter Choreographie auf die Apollo-Bühne. © Wolfgang Leipold

Apollo-Theater Siegen: „Herzpanik“ feiert Udo Lindenberg – aber ohne Udo-Double

Ein kluger Schachzug der Detmolder ist, kein Udo-Double zu präsentieren, was vielleicht manche Besucher erwartet hätten, sondern die Songs von allen im Team abwechselnd interpretieren zu lassen. Denn auch Lieder von Zeitgenossinnen und -genossen Lindenbergs schmücken das Programm: „Fever“ à la Nina Hagen, später auch ihr hinreißendes satirisches Couplet „Du hast den Farbfilm vergessen“, dann „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ von Nena, „Flugzeuge im Bauch“ vom Bochumer Herbert Grönemeyer.

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Es zeichnet die Show aus, dass alle diese Lieder perfekt choreographiert sind. Die acht Darsteller, darunter zwei Tänzer, sind nicht nur perfekte Schauspieler. Alle können singen, einer besonders gut. Wie der die Hits „Ich mach mein Ding“ und „Hinter dem Horizont geht’s weiter“ präsentiert, hätte auch Udo gefallen. Vor allem, weil er nicht dessen Nuschelkunst kopiert; die kann man höchstens persiflieren. Sondern so, dass der aussagestarke Text und die Melodie im Mittelpunkt stehen. Die große Show kann der Detmolder fast am Ende des Programms ohnehin noch anbieten: Wenn er zur Melodie von „Sympathy for the Devil“ Udo Lindenbergs deutsche Version „Sympathie für den Teufel“ präsentiert. Im feuerroten Mantel scheint er sich die Seele aus dem Leib zu singen und zu tanzen. Der fulminante Höhepunkt eines an Höhepunkten ohnehin reichlich gesegneten Abends im Apollo.

„Herzpanik“ in Siegen: Udo Lindenberg-Show mit großartigen Musikern

Udo Lindenberg hat bei seinen Auftritten immer das legendäre Panik Orchester dabei, eine Ansammlung ausgesuchter Instrumentalisten, auf die er sich blind verlassen kann und bei denen er Wert darauf legt, dass sie bandmäßig nur für ihn da sind. Das klappte bisher immer, bis auf eine Ausnahme: Den Meisterdrummer Bertram Engel muss er teilen. Ausgerechnet mit dem anderen großen, körperlich so kleinen Deutsch-Rocker Peter Maffay. Auch das Landestheater Detmold kann mit ausgesuchten Musikern glänzen. Einem Quartett aus Keyboard, Gitarre, Bass und Schlagzeug, das sich ganz in den Dienst des Programms stellt, bei dem man aber immer wieder hört, welch gute Solisten sie auch sind. Ein Abend, der perfekte Unterhaltung bietet und der noch lange nicht zu Ende ist: Vom Eierlikör ist noch einiges übrig geblieben.

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