Siegen. Für einen Siegener wird ein Albtraum wahr: Nachts zertrümmert sein Nachbar seine Schlafzimmertür – im Auftrag Satans wolle er ihn töten.

Für den 28-Jährigen wurde ein Albtraum buchstäblich wahr. Mitten in der Nacht wird er aus dem Schlaf gerissen: Mit einem Beil zertrümmert jemand seine Tür. Er schreckt hoch, kann die Zimmertür gerade noch vor dem Angreifer zuwerfen, stemmt sich mit aller Kraft dagegen. Der Mann draußen schlägt auf die Tür ein, die Klinge dringt durch, verletzt den 28-Jährigen schwer an den Armen, die er zum Schutz hochreißt. Als der Angreifer, wie sich herausstellt sein Nachbar, kurz abgelenkt ist, flieht er an ihm vorbei ins Treppenhaus, erhält noch einen Beilhieb in den Rücken. Er taumelt stark blutend nach unten, die Polizei nimmt ihn in Empfang.

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Dieses Grauen von der Nacht zu Freitag, 17. Februar, wird am Dienstag, 15. August, vor dem Landgericht Siegen verhandelt. Der Tatverdächtige ist schuldunfähig: Der Mann hat laut psychiatrischem Gutachter eine paranoide Schizophrenie, leidet unter starken Halluzinationen. Der Mann sei gefährlich für die Allgemeinheit, so die Staatsanwaltschaft: Auch künftig könne es zu ähnlichen Aggressionen kommen. Vor Gericht sagt der 32 Jahre alte Angeklagte, dass sein Vorname ein „gedachter Name“ sei, er eigentlich „Herr Zebaoth“ heiße. Von sich selbst spricht er in einer abstrakten dritten Person; „man gibt eine Meinung ab“, kündigt er an – er will aussagen. Mit der Prozessordnung und den Gepflogenheiten vor Gericht ist er unzufrieden – er bekommt das Wort erst am nächsten Verhandlungstag.

Siegen: Vor den Polizisten geht die Tür auf, blutüberströmt kommt ein Mann heraus

„Für jemanden wie dich kassiere ich gerne 25 Jahre“, habe der Beschuldigte laut Anklageschrift seinem sich verzweifelt wehrenden Nachbarn zugerufen; „du wirst heute sterben“. Demnach habe Satan ihn zum Tode verurteilt. Neben Beilhieben schlug er auch mit der Faust zu. Der Handchirurg, der das Opfer im Krankenhaus operierte, schildert die schweren Verletzungen an Händen und Unterarmen. Inzwischen könne der Mann wieder recht gut greifen, aber noch keine Faust ballen, habe wenig Kraft und kein Gefühl in den Fingern. Die weitere Genesung gelte es abzuwarten, die Therapie läuft weiter.

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Auch für die Polizei eine gefährliche Situation. Ein Beamter schildert: Der Bewohner eines Nachbarhauses, Wand an Wand mit dem Geschädigten, hört dessen Hilferufe. Zwei Streifenwagen rasen mit Blaulicht zur Weilburger Straße im Bereich Fludersbach/Lindenberg. Zu viert überlegen sie vor dem Haus noch, wie sie weiter vorgehen, als sich die Tür öffnet und im funzeligen Licht der Lampe eine blutüberströmte Person heraustritt. „Da ist einer mit einer Axt im Haus, er ist verrückt“, habe der Mann gesagt.

Polizei Siegen kann den mutmaßlichen Täter zum Aufgeben überreden

Zwei Beamte stürzen zu ihm, setzen ihn unter die offene Kofferraumklappe, zwei sichern die Tür, falls der Angreifer herauskommt. „Die Streifenwagen haben helle LED“, schildert der Zeuge – in deren Licht habe er erst das Ausmaß der Verletzungen an beiden Armen gesehen. „Tiefe Hiebwunden“, sagt er, „nicht Schnitte.“ Das Blut sei wortwörtlich gespritzt. Sie legen Druckverbände an, Kompressen unter den Achseln, der Mann sei komplett unter Schock gewesen. Irgendwann wurde er klarer. „Bitte rettet mein Leben“, habe er gesagt.

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Verstärkung ist unterwegs, der Täter noch im Haus. Sie müssen verhindern, dass er in weitere Wohnungen eindringt. Die Polizisten rüsten sich aus, Schutzkleidung, Einsatzmittel, sprechen die Taktik durch. Hebeln die Haustür auf, rücken in das blutverschmierte, düstere Treppenhaus vor, arbeiten sich hoch ins 2. Obergeschoss. Geradeaus die Tür des Verdächtigen, dahinter brennt Licht, rechts die zertrümmerte Tür des Opfers. „Ich habe versucht, ihn aus der Wohnung zu sprechen und das hat tatsächlich funktioniert“, berichtet der Beamte. „Er kam raus, legte sich auf den Boden, folgte unseren Anweisungen.“ Ansonsten keine Personen in den beiden Wohnungen, das Beil lag vor der Tür des Beschuldigten auf dem Boden.

Sechs Prozesstermine sind für weitere Aussagen des Beschuldigten, von Zeugen und Sachverständigen bis Anfang September terminiert.