Siegen. Lange wurde der Fischbacherberg militärisch genutzt – die Relikte der belgischen Armee sind noch da. Jetzt soll ein neues Wohn-Quartier entstehen
Rund 1,5 Hektar groß ist die Brache auf dem Fischbacherberg, gleich neben den „Nato-Zähnen“. Seit dem Abzug der belgischen Garnison und dem Abriss zweier Hochhäuser möchte die Stadt diese große Baulücke schließen und Potenzialflächen entwickeln, um dort dringend benötigten preisgünstigen Wohnraum zu errichten. Diesem Ziel ist man nun ein gutes Stück nähergerückt: Stadt und ihre „Tochterfirma“ Kommunale Entwicklungsgesellschaft (KEG) wollen alte, hinderliche Bebauungspläne loswerden, um das Grundstück vernünftig nutzen zu können.
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Das Areal wird im Wohnbaulandkonzept der Stadt als gut geeignet und hoch priorisiert bewertet. Nicht, weil das Grundstück faktisch kompliziert wäre, sondern weil „planungsrechtliche Hindernisse in Form unzweckmäßiger Festsetzungen von bestehenden Bebauungsplänen“ das verhindern. So steht das Gebiet zwar in Teilen für Wohnbebauung zur Verfügung, ist aber im Flächennutzungsplan auch als „Dauerkleingärten“ ausgewiesen. Baurechtlich sei das aber machbar, wenn der Rat am 21. Juni zustimmt.
Siegen möchte Vorgaben für Gestaltung der Häuser – individuelle Planung aber möglich
Entweder die Stadt – oder vielmehr die KEG – baut selbst, denkbar sei aber auch, die einzelnen Grundstücke über eine Konzeptausschreibung zu verkaufen und den Bauherren gestalterischer Auflagen an die Hand zu geben. Zwar stammt die umliegende Bebauung aus verschiedenen Jahrzehnten, für das neue Quartier möchte die Stadt aber eine gewisse Einheitlichkeit erreichen. Individuelle Ansprüche und Gestaltungen sollen in diesem Rahmen aber möglich bleiben, so die Verwaltung in ihrem Entwurf zur Bebauungsplan-Begründung. Die entsprechende Satzung wird derzeit noch ausgearbeitet.
Neben preiswertem, womöglich öffentlich gefördertem Mietwohnraum soll am Fischbacherberg auch Eigentum errichtet werden können, etwa 60 Einheiten in gemischten Gebäudetypen: Ein-, Zwei-, Reihen- und Mehrfamilienhäuser sollen städtebaulich ansprechend angeordnet werden, ergänzt um eine Gemeinschaftsfreifläche mit Stellplätzen, um Verkehrsbehinderungen durch Parken an der Straße zu verhindern. Zum Wald hin („Fischbacher Kopf“) ist eine weitere gemeinschaftliche Grünfläche angedacht, als Quartiers-Garten beispielsweise. Bestehende Gärten sollen erhalten bleiben.
Die Geschichte des Fischbacherberg in Siegen: Eng verknüpft mit dem Militär
Auch drumherum will die Stadt städtebaulich ordnen: Anwohner, die laut Verwaltung das Vorhaben grundsätzlich außerordentlich positiv begleiten würden, hätten mit dem nahen Bolzplatz „Stör- und Konfliktpotenziale“ verbunden, der alternativ genutzt werden könne. Und es gelte die Fußwege zu sichern, insbesondere die Verbindungen zum Wald. Im Untergrund befinden sich ein erloschenes Bergwerksfeld und teilweise auch Schwermetall-Altlasten. Beides wurde untersucht und stellt laut Gutachten keine größeren Probleme dar.
Besiedelt wurde der Fischbacherberg um 1900, war vorher als Hauberg und Sandhalde für Schlacken aus den Hüttenwerken genutzt. In den 1930er Jahren und der Re-Militarisierung durch das NS-Regime wurden großflächige Kasernenanlagen errichtet und eine Zufahrtstraße gebaut, womit erstmals eine Art Stadtteil entstand. Nach dem Zweiten Weltkrieg dienten die Kasernen als (Not)Unterkünfte für Geflüchtete, in den 1950er Jahren wurde angefangen, sie umzubauen. Dann allerdings wurde die belgische Garnison hier stationiert, für die neue Unterkünfte errichtet wurden – unter anderem die vier „Nato-Zähne“, Hochhäuser mit insgesamt 180 Wohneinheiten auf damals neuestem Stand, nebst zahlreicher weiterer Wohngebäude. Währenddessen verfielen die Kasernen zunehmend.
Siegen: Abriss der Kasernen auf dem Fischbacherberg in den 1970er Jahren
In den 1970er Jahren sollte der Fischbacherberg zu einer Mustersiedlung umgebaut werden, es gab zahlreiche Planänderungen. Immerhin wurden die Ruinen der Kasernen abgerissen und zahlreiche Gebäude gebaut. Das Zwischen-Hoch endete mit dem Kalten Krieg – die Belgier zogen ihre Streitkräfte ab, übrig blieben viele leerstehende Mietwohnungen und unter anderem auch der Schießstand, das heutige Erfahrungsfeld „Schön und Gut“.
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Weil Versorgungs-Infrastruktur fehlte, entwickelte sich der „Fischi“ wieder zum Brennpunkt, hat mit diesem Image bis heute zu kämpfen, auch wenn die Stadt zahlreiche Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung durchgeführt hat, die zu „einer deutlichen Verbesserung der Wohn- und Lebensbedingungen im Stadtteil, dem Wohnumfeld sowie der sozial-kulturellen Infrastruktur“ führte. Das Stadtquartier Fischbacherberg sei von der Situation her nicht mehr von anderen, besser wahrgenommenen Stadtteilen zu unterscheiden.