Müsen. Zwei Eichen machen der evangelischen Gemeinschaft Müsen Ärger. Ob sie den „größtmöglichen“ Rückschnitt überleben?
Verkehrssstauungen zur Rush-Hour gibt es in der Kindelsbergstraße in Müsen eigentlich nicht. Dass das Vorankommen an diesem Nachmittag eher zäh ist, liegt aber vor allen an den vielen Menschen auf Bürgersteig und Fahrbahn: Der Ausschuss für Klima und Umwelt des Hilchenbacher Rates, der zum Ortstermin gekommen ist, befasst sich augenscheinlich mit einem heißen Eisen. Seine Gegenüber sind der Vorstand der evangelischen Gemeinschaft und weitere Anwohner des Gemeindehauses.
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Darum geht es
Es geht um zwei Eichen. Die sollen weg. Oder auch nicht. Lothar von Seltmann vom Vorstand der Gemeinschaft sieht die Baum-Nachbarn gezielt in die Ecke gestellt: „Von Fällung war nie die Rede.“ Gewünscht worden sei ein Rückschnitt, damit Laub und Eicheln nicht mehr Dachkehle und Dachrinnen verstopfen – weshalb in der Folge Wasser durch Decke und Wand dringt. Doch, sagt Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis später im Ratssaal: „Das hat sich für mich im Gespräch anders angehört. Da ist man wohl jetzt zurückgerudert.“
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Unstrittig ist, dass das Problem eine lange Vorgeschichte hat. Die ungefähr Mitte der 1950er Jahre beginnt, als die Grundschule oberhalb des Gemeindehauses – das da schon seit 1897 steht – gebaut und das Gesträuch zwischen beiden Grundstücken nur teilweise entfernt wurde. Die beiden Eichen jedenfalls konnten groß werden; auf 100 Jahre schätzt die Stadt das Alter der Bäume, um die 70 Jahre, meint die Gemeinschaft. Vor drei Jahren jedenfalls wurden die Bäume lästig. Die Gemeinschaft ließ das Dach neu abdichten, die Dachrinnen immer wieder reinigen. Genutzt hat es nichts. Von einem „riesengroßen Fleck an der Decke“ berichtet Alice Wissenbach, Mitglied des Gemeinschaftsvorstands. Der Ausschuss überzeugt sich davon.
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Lothar von Seltmann erinnert an einen ersten Besuch der städtischen Baumkommission. „Die Versprechungen wurden größtenteils nicht eingehalten.“ Tatsächlich wurde ein Rückschnitt vorgenommen. Der aber die erwünschte Wirkung nicht erzielte. Brachial-Rückschnitte vertragen die Eichen eben nicht, erklärt der Bürgermeister. „Man hätte den Baum von Anfang an kontinuierlich pflegen müssen.“ Für den Vertreter der Gemeinschaft ist das kein Argument: „Man muss auch das Risiko eingehen, dass der Baum dadurch eingeht“, zitiert Lothar von Seltmann aus einem Gerichtsurteil. Urteile hat die Stadtverwaltung allerdings auch gelesen: Es müsse schon eine „ungewöhnlich schwere und nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung“ vorliegen, um den Nachbarn als Eigentümer von störenden Bäumen in die Pflicht zu nehmen.
Der Ausschuss schaut sich die Umgebung des Gemeindehauses an. Der Gehweg zur Schule sei durch Laub und Eicheln im Herbst unpassierbar, mahnt Alice Wissenbach. Dazu müssen aber nicht die Bäume weg, findet der Ausschuss später und beschließt, den Bauhof mit regelmäßiger Reinigung zu beauftragen – das Schulwegthema steht nächste Woche sowieso auf der Tagesordnung des Verkehrsausschusses. Alice Wissenbach hat Zweifel: „Die Kehrmaschine fährt doch nicht über den Gehweg.“ Nach einem Blick in den Gemeindesaal mit der feuchten Decke geht es in den Ratssaal, wo der Ausschuss weiterberät. Die Müsener Anwohner sind nun nicht mehr dabei.
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Das soll nun passieren
„Ich fände es schade, wenn man die Bäume fällen würde“, meint Rainer Fränzen (UWG), „wir haben doch schon kaum noch Wald mehr.“ Klaus Stötzel (SPD) pflichtet bei: „Die Bäume sind wunderbar, die müssen stehen bleiben.“ Dr. Frank Luschei (Grüne) warnt: „Ich will gar nicht wissen, wie viele Anträge wir in den nächsten Wochen bekommen, wenn wir hier den Argumenten folgen.“ Tomas Irle (CDU) sieht einen „Präzedenzfall“. „Wir sollten aber ein Signal geben, dass wir uns um die Bäume kümmern“., mahnt Ulrich Bensberg (UWG). Das könne ein „größtmöglicher Rückschnitt“ sein, wie Tomas Irle (CDU) schließlich formuliert, der „unverzüglich“ erfolgen und „größtmöglich“ vorgenommen werden solle. So beschloss es der Ausschuss dann auch einstimmig.
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Derweil wächst im Schatten der Hilchenbacher, aber im Blick der Müsener Aufmerksamkeit eine dritte Eiche heran. Für deren Umpflanzung habe sich die Baumkommission längst ausgesprochen, weiß Rainer Fränzen (UWG) von einem Mitglied des Gremiums. „Das höre ich zum ersten Mal“, sagt Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis. Baudezernent Michael Kleber glaubt weder an den Erfolg noch an die Finanzierbarkeit einer solchen Maßnahme: „Da hätte ich Bedenken.“ Vielleicht helfe es ja, diesmal rechtzeitig an einen Rückschnitt zu denken, regt Tomas Irle (CDU) an. Auch den habe die Baumkommission schon vor einem Jahr empfohlen, hatte Kurt Freudiger vom Gemeinschaftsvorstand beim Ortstermin berichtet: „Auch davon haben wir nichts mehr gehört.“
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