Siegen. Für ein besseres, kühleres Stadtklima will Siegen mehr Bäume pflanzen. Vor allem im Zentrum ist das aber enorm kompliziert: Es fehlt der Platz.

„Wir tun was wir können, um möglichst viele Bäume zu pflanzen“: Der Flaschenhals bei der Sache, sagt Ralf Bergholz, sind allerdings die mangelnden Flächen, vor allem in der Innenstadt. Einmal mehr macht es die Infrastruktur in dicht bebauter Tallage kompliziert, erklärt der Leiter der städtischen Grünflächen-Abteilung im Umweltausschuss: Sonstige Flächennutzungen schränken es deutlich ein, hier Bäume zu pflanzen. Auch wenn es oft oberflächlich anders aussieht: Im Erdreich verhindern das oft Ver- und Entsorgungsleitungen aller Art, zu denen ein gewisser Mindestabstand vorgeschrieben ist.

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Es ist kompliziert mit dem Grün im Zentrum von Deutschlands grünster Großstadt. Bergholz’ Abteilung hat durchaus Erfolge vorzuweisen – nur eben nicht in der Innenstadt, die eher von Beton geprägt ist als von Bäumen. Mehr als 1200 Bäume wird die Grünflächenabteilung Ende April seit dem Jahr 2014 in den Boden gebracht haben. Durchaus mit einigem Aufwand, berichtet der Abteilungsleiter: Leitungspläne müssen nämlich angefordert und geprüft werden, bevor an einem Baumstandort gegraben werden kann.

Von 800 Bäumen für Siegen hat die Bevölkerung in 9 Jahren 117 gespendet

Ernüchternd für die Stadt ist auch die Resonanz aus der Bevölkerung auf eine Aktion, um Siegen in der Stadt selbst, nicht nur in den Wäldern drumherum, grüner zu machen. Mit Blick auf die 2024 anstehende 800-Jahr-Feier Siegens wurde 2014 die Aktion „800 Bäume für Siegen“ ins Leben gerufen: Bürgerinnen und Bürger, Firmen und Vereine konnten spenden und Standorte für neue Bäume vorschlagen, für je 250 Euro wurde dann einer kostendeckend gepflanzt, so der Plan. 82 Personen haben gespendet, die Summe von knapp 30.000 Euro reicht für 117 Bäume. „Dass wir bis 2024 auf 800 kommen, ist eher unwahrscheinlich“, stellt Thomas Christian (SPD) im Umweltausschuss fest. Dabei sei es doch eigentlich ein tolles, motivierendes Programm, fand Christian Zybill – mit Unterstützung einer entsprechenden Werbekampagne schaffe man ja vielleicht wenigstens ein paar hundert.

„Selbst wenn wir noch Spender gewinnen würden: Ich wüsste nicht, wo wir sie hinsetzen sollten“, sagte Ralf Bergholz dazu. Diese Kampagne habe sein Vorgänger initiiert, erinnerte Stadtbaurat Henrik Schumann, mit damals noch zehn Jahren vor der Brust habe sich das Ziel womöglich als weniger problematisch dargestellt. „Es ist aber unglaublich schwierig.“ Nicht nur weil manche Spender „sehr konkrete Vorstellungen haben, wo was zu stehen hat“ – und andere Standorte seien auch nicht genehm –; in der Tat sei das „Leitungsproblem“ das größte: „Alle Vorschlagen und Ideen wurden deswegen verworfen“. Michael Groß (Grüne) merkte aus eigener Erfahrung sei, dass eine Baumspende nebst Standortvorschlag auch nicht immer einfach sei: Für eine Hainbuche in der Oberstadt habe es mehrere Jahre gebraucht. Ob man nicht mehr auf nichtstädtische Grundstückseigentümer zugehen könne? „Dem Stadtklima ist es letztlich egal, wo der Baum steht.“

Straßenausbau in Siegen: Wenn gebaut wird, kommen Bäume hin und Parkplätze weg

Grundsätzlich rede man darüber auch mit privaten Eigentümern, fordere bei Bauvorhaben Freiflächenpläne an. Für Bäume müssten Vorhabenträger aber selbst sorgen, da könne die Stadt nicht mit gespendeten Bäumen kommen, betonte Henrik Schumann – Grundstücksverhältnisse sind nämlich auch so ein Thema. Wenn eine Fläche der Stadt nicht gehört, wird es kompliziert. Dann werde mitunter erwartet, dass die Stadt den Baum auch pflegt und die Verkehrssicherungspflicht übernimmt. „Dann hätten wir am Ende wirklich ein Problem: Mit städtischen Mitarbeitern und städtischem Gerät auf privaten Grundstücken Bäume pflegen – das passt nicht zusammen.“

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Entlang großer Verkehrsachsen mit breiten Fußwegen wie der Weidenauer Straße, die ohnehin demnächst zur Umweltspur ausgebaut wird, seien Baumpflanzungen schon eher möglich: Wann immer ein Straßenquerschnitt geändert werde, „müssen wir das mitdenken“, betonte Schumann – etwa beim Schleifmühlchen. Das bedeute zwar weniger Parkflächen entlang der Straße, aber eben besseres, kühleres, aufenthaltsfreundlicheres Stadtklima. „Das haben unsere Vorgänger nicht bedacht“, sagte Schumann, damals seien „kreuz und quer“ Infrastrukturen gebaut worden, „das ist unser Los, damit müssen wir umgehen.“ Das tue man auch mit Experimenten wie im Umfeld des Geisweider Rewe-Markts. Dort wurden vor den Baumpflanzungen im Erdreich mit Lehm sogenannte Wurzelsperren errichtet, damit die Bäume sich unterirdisch nicht ungehindert ausbreiten können, zum Schutz der Leitungen. „Wir müssen gucken, ob das klappt.“

Er sei belehrt worden, dass der Bismarckplatz als Veranstaltungsfläche gebraucht werde, sagte Ralf Bergholz auf einen entsprechenden Vorschlag, Bäume würden da stören. „Das überzeugt mich nicht“, so Felix Hof (SPD): „Man kann doch auch um einen Baum herum eine Veranstaltung machen?“