Kreuztal. Alles muss raus – Angela Schneider aus Kreuztal verkauft ihr Hab und Gut auf Ebay. Mit ihrem Hund zieht sie an den Plauer See in ein Tinyhaus.

„Jedes Teil, das mich verlässt, macht mich ein kleines Stück freier”, sagt Angela Schneider aus Kreuztal. Seit Mitte Februar verkauft die gelernte Grafikerin fast alle Gegenstände aus ihrem Haushalt, denn schon Ende April möchte sie mit einem Minihaus in den Nord-Osten Deutschlands ziehen.

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Wichtig sind die Fotos von Familie und Freunden

Kleidung, Handtaschen, Küchen- und Büroartikel, Blumentöpfe und Tupperwaren – Angela Schneider durchforstet alle Winkel ihrer Wohnung und findet, wie es höchstwahrscheinlich in jedem Haushalt wäre, eine Menge an Gegenständen, die sie gar nicht mehr bewusst in Erinnerung hatte. „Dann merkt man auch mal erst so richtig, dass man viele Dinge nur besitzt, weil man sie besitzt.“ Zu Beginn eröffnet sie in der unteren leerstehenden Wohnung des Hauses einen Hausflohmarkt. „Das lief aber alles sehr schleppend und dauerte sehr lange“, erklärt Angela Schneider. „Derzeit habe ich das Meiste über Ebay verkauft. Meinen zwei Freundinnen gebe ich auch noch etwas mit, damit sie die Sachen dann an ihren Flohmarktständen verkaufen können.“

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Die Trennung vom Eigentum fällt ihr gar nicht schwer – im Gegenteil. Sie ist sogar froh, dass sie sich von den ganzen Sachen verabschieden kann. Nur ein paar kleine Dinge hat sie tief in ihr Herz geschlossen. „Fotos von Freunden und Familie sind mir wirklich wichtig, wenn ich so weit weg ziehe.“

Vor dem Umzug möchte Angela Schneider alle ihre Sachen noch verkaufen.
Vor dem Umzug möchte Angela Schneider alle ihre Sachen noch verkaufen. © WP | Angela Schneider

Angela Schneider hatte schon immer den Traum, das Siegerland zu verlassen und nah ans Wasser zu ziehen. In der Vergangenheit lebte sie sogar schon eine kurze Zeit auf Zypern. „Ich habe dann aber auch schnell gemerkt, wie schwierig es in manchen Bereichen anderer Länder ist. Wir können wirklich sehr zufrieden sein, wie es hier in Deutschland ist.“ Seit 2009 arbeitet sie selbstständig als Grafikerin von zu Hause. Sei es nun für Apotheken oder Transportkühl-Unternehmen: Sie gestaltet Print- und Web-Werbung branchenunabhängig. „Die Selbstständigkeit gibt mir im Prinzip ja auch die Freiheit, von überall arbeiten zu können. Somit eben auch in einem Tinyhaus an einem anderen Ort.“

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Ende 2018 erkrankt Angela Schneider schwer. Immer neue Symptome ganz unterschiedlicher Art, mitunter rheumatische Beschwerden oder Herz-Kreislauf-Probleme, erschweren ihr den Alltag – die Ärztinnen und Ärzte finden trotz mehrerer Untersuchungen keinen Befund. „Ich musste zu diesem Zeitpunkt den Großteil des Tages im Bett verbringen und konnte kaum meiner Arbeit nachgehen. Normale Dinge wie Treppensteigen waren eine echte Herausforderung. Teilweise dachte ich auch, dass ich das nicht überleben werde“, berichtet Angela Schneider.

Gesund werden und einen Traum verwirklichen

Im März 2021 kommt dann jedoch endlich die Diagnose. Mit Hilfe einer speziellen Blutuntersuchung kann ein Arzt eine chronische Epstein-Barr-Infektion feststellen. Mit einer Infusions-Therapie und weiteren Behandlungen geht es immer weiter bergauf. Heute haben sich die Krankheitsbilder fast ganz zurückgebildet. Doch ähnlich wie bei vielen Corona-Erkrankten leidet sie unter einer Fatigue, mit der sie teilweise noch ein bisschen zu kämpfen hat.

In dieser schweren Zeit entwickelt sie die Liebe zum Minimalismus. „Ich habe gemerkt, dass es egal ist, was du trägst oder wie viel Geld du hast. Die Gesundheit ist mit Abstand das Wichtigste.“ So entsteht eben auch die Idee von einem Leben im Minihaus. Nach viel Recherche findet sie einen passenden Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern – um genau zu sein, in einem Wald, in der Nähe eines kleinen Dorfes am Plauer See. Von der Ostsee ist sie dann nur eine Stunde Autofahrt entfernt, zum See sind es aber nur ein paar hundert Meter. Von der Wohnumgebung ist sie somit direkt überzeugt.

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Das neue Minihaus lässt sie derzeit von einer polnischen Firma bauen – das Aussehen und die Inneneinrichtung bestimmt sie jedoch selbst. „Da kommt mir mein Beruf doch sehr zu Hilfe“, sagt Angela Schneider. „Ich habe meine Ideen grafisch zusammengestellt und an die Firma weitergeleitet. Ich bin mit der Zusammenarbeit wirklich sehr zufrieden.“ Das Minihaus ist einstöckig und zehn mal vier Meter lang. Es verfügt über ein Wohnzimmer mit Küche, ein Badezimmer, einen Schlafplatz und genug Raum für die Wand- und Hängeschränke. Das Tinyhaus wird per Schwertransport vermutlich Ende April geliefert. „Ich bin mit dem Haus sehr mobil. Wenn ich dann vielleicht mal woanders wohnen will, bestelle ich einfach noch mal einen Schwertransport und lasse es woanders aufstellen.“

Das Tinyhaus wird in Polen nach den Wünschen von Angela Schneider gebaut.
Das Tinyhaus wird in Polen nach den Wünschen von Angela Schneider gebaut. © WP | Angela Schneider

Die Reise in den Nord-Osten Deutschlands bestreitet sie zusammen mit ihrer zwölfjährigen Golden-Retriever-Dame Summer. Die beiden freuen sich ungemein auf das Leben nah am Wasser: „Man sollte die Träume, die man hat, umsetzen. Bevor es zu spät ist und man bereut, dass man es nicht mal probiert hat.“

Angela Schneider dokumentiert ihre Hausentwicklung auf ihrer Social Media Seite: https://www.facebook.com/angela.schneider.5268.

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