Siegen-Wittgenstein. Die Politik schaut bei der Jugendhilfe aufs Geld – beinahe wäre das Exempel an der Holzhausener Kita „Sternenhimmel“ statuiert worden.

Eigentlich sollte die Kita in Holzhausen nur um eine vierte Gruppe erweitert werden. „Unterm Sternenhimmel“ sollte umgebaut und um einen Anbau vergrößert werden. 2016 wurde mit der Planung begonnen, 2019 wurde die Reißleine gezogen: Der Umbau wäre teuerer als ein Neubau geworden, das Vorhaben insgesamt sei unwirtschaftlich. Der neue Plan: vom „Sternenhimmel“ nur den 2008 abgebauten Gebäudeteil erhalten, den Altbau abreißen und einen Neubau für einen nunmehr Fünf-Gruppen-Kindergarten vorsehen.

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Erweiterung in Holzhausen: Streit über Planungskosten

Wer aber bezahlt nun die Kosten für die erste Planung? Es geht um rund 30.000 Euro. Das Landesjugendamt will nicht zahlen, weil der geplante Anbau nicht realisiert wird. Die Eigenschadenversicherung des Kreises auch nicht. Bleibt der Kreis selbst. „Wir haben alle anderen Möglichkeiten in Betracht gezogen“, sagt Sachgebietsleiter Ralf Pohlmann im Jugendhilfeausschuss. Da wird das durchaus auch anders gesehen, „Die Kosten liegen eindeutig beim DRK“, findet Markus Böhmer (SWM), „der Kreis ist nicht Auftraggeber gewesen.“ „Wer hat denn das Architekturbüro beauftragt?“, fragt Regine Stephan (AfD).

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„Wenn die darauf sitzen bleiben sollen, habe ich damit meine Schwierigkeiten“, sagt Bernd Zimmermann (Kreisjugendring). Schließlich habe der DRK-Kreisverband als Kita-Träger im Auftrag des Jugendamtes geplant. Matthias Vitt (Caritas) sah das genauso: Sollten der Kreis die Rechnung nicht übernehmen, werde sich so bald kein Kindergartenträger mehr finden, der auch den Bau der Einrichtung übernimmt. „Das wäre ein echter Flurschaden.“ Auch die Umplanung, so Bernd Zimmermann, sei auf Veranlassung des Kreises geschehen. Sozialdezernent Thomas Wüst wies darauf hin, dass die Unwirtschaftlichkeit des ursprünglichen Vorhabens ohne die Arbeit des Architekturbüros gar nicht offensichtlich geworden wäre. Inzwischen hat die Gemeinde Burbach selbst den Bau übernommen.

Personalmangel: Demnächst Leiharbeit in den Kitas?

Bei der Verabschiedung des Kindergartenbedarfsplans, der auch in anderen Kommunen Erweiterungen und Neubaus von Kitas vorsieht, machte Jugendamtsleiterin Anissa Mahmood auf den Fachkräftemangel aufmerksam: „Der Rückgriff auf Leiharbeit könnte notwendig werden.“ Schon jetzt würden Gruppen geschlossen und Betreuungszeiten verkürzt, weil Personal ausfällt. Der Druck auf die zu wenigen MItarbeitenden steige, warnte Jens Hunecke (AWO). Das werde dazu führen, dass noch weniger Menschen sich für eine Arbeit in den Kitas interessierten. „Wir brauchen dringend Lösungen.“

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Jugendhilfeträger beklagen aggressive Stimmung

Matthias Vitt (Caritas) hatte schließlich Anlass, eine „ziemlich aggressive Haltung“ im Jugendhilfeausschuss festzustellen. „Das irritiert mich.“ Auch die neu gewählte Ausschussvorsitzende Nicole Schoeppner (SPD) mahnte: „Wir sind ein Fachausschuss, wir haben eine besondere Verantwortung.“ Die Kritik galt der CDU-Fraktion, die entschlossen war, aufs Geld zu schauen. Sonja Koch (CDU) drängte darauf, den vom Kreistag geforderten Vergleich der in Südwestfalen erhobenen Jugendamtsumlagen vorzulegen. „Es ist das Recht der Politik, hier nachzufragen“, fand auch Regine Stephan (AfD). „Wir brauchen darüber nicht mehr zu diskutieren“, setzte Sonja Koch (CDU) nach.

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Das tat der Ausschuss dann aber doch – in dem Gremium haben die Vertreter des Kreistags nur neun von 15 Stimmen, die Organisationen der Jugendhilfe fünf. Bernd Schneider (Grüne) regte vorsichtshalber an, besser die Personalkosten je Einwohner statt die Personalkosten insgesamt zu vergleichen und auch die Kosten für Kitas und die Regionalen Sozialdienste getrennt zu betrachten, die in jedem Kreis anders organisiert sind. „Der Zahlenvergleich hilft nicht weiter“, wandte Bernd Zimmermann ein. Wenn sich herausstelle, dass der eine Kreis mehr, der andere weniger für die offene Jugendarbeit ausgebe, „was mache ich dann mit dieser Aussage?“ Wie den gemessen werden solle, dass Jugendhilfe eine Verhaltensänderung bei Jugendlichen auslöse, fragte Katrin Fey (Linke), „mir ist unklar, inwiefern diese Zahlen politisches Handeln auslösen“.

Wegfall von Elternbeiträgen macht Kitas für Kreis noch teurer

„Man kann natürlich entscheiden, bestimmte Dinge nicht mehr anzubieten“, sagte Sozialdezernent Thomas Wüst. Wenn aber der Kreis dem Vorgehen der Stadt Siegen folge und die Elternbeiträge für Kitas ganz abschaffe, seien erst einmal zwei Millionen Euro mehr Einnahmenausfall zu verkraften. „Wir vergleichen Äpfel mit Birnen“, warnte Matthias Vitt (Caritas). In anderen Kreisen hätten viel mehr Kommunen eigene Jugendämter, sodass dort der Aufwand für das Kreisjugendamt ohnehin geringer sei. Der geforderte Kostenvergleich sei nichts als ein „Verbrauch von Arbeitszeit und Ressourcen.“

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