Siegen. Die A-45-Sperrung bringt Betriebe in die Klemme, Gewerbegebiete scheitern, bei der Route 57 tut sich nicht: Das Urteil der IHK ist vernichtend.

„Die Misere um die Talbrücke Rahmede steht sinnbildlich dafür, wie in Deutschland mit wirtschaftlichen Lebensadern umgegangen wird. Bei Infrastrukturmaßnahmen ist Deutschland mittlerweile Klassenprimus im perfekt geregelten Stillstand.“

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Die Bestandsaufnahme, die IHK-Vizepräsident Christian F. Kocherscheidt in Vertretung von Präsident Walter Viegener in der jüngsten Sitzung der IHK-Vollversammlung präsentierte, fiel alarmierend aus. „Wo wir hinschauen: Stillstand oder sich ewig hinziehende Projekte. Angesichts der gegenwärtigen Bedingungen ist das fatal. Hohe Energiepreise, eine historische Inflation, Auftragsrückgänge und Fachkräftemangel bestimmen das Bild.“

Viel Geld für Unterstützung von Berufsausbildung in Siegen-Wittgenstein

Die IHK wolle hier gegenhalten, heißt es in einer Mitteilung der Kammer: Mit der Verabschiedung ihres Wirtschaftsplans habe die Vollversammlung abermals erhebliche Finanzmittel für eigene Projekte und Initiativen freigegeben. IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener hatte der Vollversammlung die maßgeblichen Projekte der Fachkräftesicherung sowie die verkehrspolitischen und dienstleistungsbezogenen Vorhaben vorgestellt, mit denen die IHK 2023 erneut Impulse setzen will. „Alleine für Fachkräfte und Strukturprojekte werden im kommenden Jahr 369.000 € freigegeben. Einen besonderen Schwerpunkt bilden dabei Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Bildung. Diesen Markenkern der IHK-Tätigkeit wollen wir weiter ausprägen.“ Beispiele sind die Schulung von „Ausbildungsbotschaftern“, die Schülerinnen und Schülern Ausbildungsberufe auf Augenhöhe nahebringen, die psychosoziale Unterstützung von Auszubildenden oder Maßnahmen im Bereich des Ausbildungsmarketings. Im Zeitraum von 2020 bis 2023 wird die IHK somit strukturrelevante Projekte mit einem Gesamtvolumen von zwei Millionen Euro umgesetzt haben.

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Zukunft für Betriebe in Siegen-Wittgenstein „duster“

Die A 45 stand auch im weiteren Verlauf der Sitzung im Zentrum einer lebhaften Debatte. Eine Bilanz zu den vielfältigen Aktivitäten der IHK mit dem Ziel einer Planungsbeschleunigung und eines Nachteilsaugleichs zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit zog Hans-Peter Langer. Wichtig sei, dass sämtliche Aktivitäten unter den regionalen Akteuren abgestimmt seien, betonte der IHK-Geschäftsführer einen Punkt, den Christian F. Kocherscheidt unterstützte: „Wir haben in den vergangenen Monaten erlebt, wie eng der DGB, die Arbeitgeberverbände, die Handwerkskammer und die IHKs hierbei zusammenarbeiten. Das Thema wurde streitfrei gestellt, damit wir in Düsseldorf und Berlin einstimmig wahrgenommen werden.“

Jens Brinkmann, Volksbank in Südwestfalen, hob die Auswirkungen der Brückensperrung auf die Fachkräftegewinnung hervor: „Das ist bei vielen Unternehmen ein Riesenthema. Wo neue, qualifizierte Mitarbeiter nicht mehr gewonnen werden können, sieht es für die Zukunft der Betriebe duster aus.“ Er hätte sich gewünscht, die Vollsperrung wäre genutzt worden, beide Brückenhälften gleichzeitig zu erneuern – ein Vorschlag, den Bauunternehmer Reinhard Quast bereits vor Monaten als machbaren Weg in die Diskussion eingebracht hatte. Maik Rosenberg, aquatherm GmbH, lobte die unter Federführung der südwestfälischen IHKs mit dem Titel „Südwestfalen startet durch“ erarbeiteten Projektansätze. Mit ihrer Förderung würden wertvolle Strukturimpulse für den Wirtschaftsraum ermöglicht. „Die Vorschläge gehen weit über das Thema der Brücke hinaus und bilden das ganze Spektrum der Betroffenheit des südwestfälischen Wirtschaftsraumes ab.“

Neue Gewerbegebiete nicht durchsetzbar

IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Wir sehen bei der Infrastruktur ein Staatsversagen auf vielen Ebenen. Zur Bestandsaufnahme gehören eine marode Straßeninfrastruktur, abgelastete Brücken, ein stockender Ausbau erneuerbarer Energien und nicht durchsetzbare neue Gewerbegebiete. Neu zu bauende Straßen, wie die Route 57: Fehlanzeige. Wir müssen in Deutschland endlich den Vorwärtsgang einlegen. Allein politisch den Stillstand zu verwalten, reicht dafür nicht aus.“

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