Kreuztal/Wismar. Die Großnichte von Fritz Stein schlägt den Bogen in die Gegenwart: Auch im WM-Land Katar sind Schwule und Lesben ihres Lebens nicht sicher.
Ein rosa Winkel als Transparent über die Straße gespannt: Das als Brandmarkung verwendete Zeichen, das Fritz Stein im KZ Auschwitz an seiner Häftlingskleidung befestigt tragen musste, macht den Grund deutlich, warum der gebürtige Kreuztaler als 38-Jähriger am 31. März 1942 sterben musste: Er war homosexuell.
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Ministerpräsidentin ist Patin des Stolpersteins
Dieses Verbrechen, so sagt es Wismars Bürgermeister Thomas Beyer, „ist auch Geschichte unserer Stadt“. An diesem Tag werden in Wismar insgesamt sechs Stolpersteine gesetzt, fünf für eine jüdische Familie und einer für Fritz Stein, den Ingenieur aus Kreuztal, der 1940 aus dem „Reichsverband Deutscher Ingenieure für Wasserwirtschaft und Kulturtechnik“ ausgeschlossen und verhaftet wurde. Der Bochumer Jürgen Wenke, der seit 2006 Stolpersteine für homosexuelle Opfer der NS-Gewaltherrschaft initiiert, hat auch den Lebensweg von Fritz Stein erforscht – er ist nach Alfred Freudenberg übrigens der zweite Kredenbacher, der wegen seiner Homosexualität in der Nazi-Diktatur ermordet wurde. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidenten Manuela Schwesig übernahm die Patenschaft für diesen Stolperstein, Wismars Gleichstellungsbeauftragte Petra Steffan bereitete die Feierstunde vor.
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Fritz Stein aus Kreuztal: Ein Getriebener
„Mein Vater, 1940 geboren, hatte bereits in der Kindheit das Gefühl, dass bezüglich des Schicksals von Fritz und den Umständen seiner Ermordung 1942 in Auschwitz viele Fragen offen blieben und vermutlich manches Wissen in der Familie totgeschwiegen wurde“, sagte Dorothee Stähler in ihrer Ansprache, „mit dem Wissen der Wahrheit bezüglich Fritz‘s Schicksal kommen unsere Gedanken, besonders die meines Vaters, zur Ruhe."
Jürgen Wenke war es, auch mit Hilfe der Archive der Stadt Kreuztal, des Kreises Siegen-Wittgenstein und der Universität Siegen, gelungen, den Lebensweg des gebürtigen Kreuztalers nachzuzeichnen (wir berichteten): Er hatte die Oberrealschule, das heutige Fürst-Johann-Moritz-Gymnasium, in Weidenau besucht, am Lehrerseminar in Hilchenbach (heute: Carl-Kraemer-Realschule) eine Ausbildung zum Lehrer zumindest begonnen und schließlich an der Siegener Wiesenbauschule, einer Vorläuferin der heutigen Universität, die Ausbildung zum Kulturbautechniker absolviert. Fritz Stein ist oft ungezogen, „er war stets ein Getriebener als junger Mann", stellt seine Großnichte fest – es gab nicht viele Orte, an denen schwule Männer in dieser Zeit sicher leben konnten.
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Zeichen setzen gegen Hass und Ausgrenzung
„Wir sind aber heute auch hier, um ein Zeichen zu setzen für Toleranz und gegen Hass und Ausgrenzung“, sagte Dorothee Stähler: Rechtsgerichtete Parteien gewinnen Wahlen in Europa, antisemitisch motivierte Straftaten in Deutschland erreichten einen neuen Höchststand, Schwule und Lesben müssten beim Besuch der Fußball-WM in Katar um ihr Leben fürchten. „Dieser Stolperstein soll neben dem Gedenken an Fritz stets ein Zeichen gegen das Vergessen sein und aufrufen, gerade in heutiger Zeit gegen Hass und Vorurteile in unserer Gesellschaft anzukämpfen.“
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