Siegen. Auf dem Scheinerplatz demonstrieren queere Menschen für Akzeptanz und gegen Diskriminierung. Dafür gibt es nach wie vor reichlich Anlass.
Vorwiegend junge Menschen sind es, die sich an diesem sonnigen Samstagnachmittag auf dem Scheinerplatz vor dem Apollo-Theater treffen, fröhlich, locker, bunt und mitunter auch schrill. Ihre gemeinsame Botschaft: Wir wollen selbstbewusst mit unserer sexuellen Orientierung umgehen und diese feiern, statt sie als „Last“ anzusehen.
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Roland Wiegel, Organisator der Veranstaltung, stellt klar: „Wir sehen den Pride-Day nicht als Konkurrenz zum Christopher Street Day, sondern eher als eine Ersatzveranstaltung, da Letzterer wegen Corona auch in diesem Jahr in Siegen ausgefallen ist.“
Schwule Paare finden in Siegen nicht leicht eine Wohnung
Feiern, Singen, Tanzen, Lachen und Fröhlichsein ist die eine Sache. Doch werden auch politische Botschaften deutlich. Die erste kommt aus sehr großer Entfernung: Von Samer, einem jungen, in New York lebenden Palästinenser, der ein Grußwort schickt: „Wir verdienen eine bessere Welt!“ Zum Dank schmettert der große Scheinerplatz-Chor „Happy Birthday“, zeitgleich nach New York übertragen. Denn Samer hat heute Geburtstag.
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Ein anderer Beitrag kommt von ganz nahe. Von Philippe aus Wittgenstein, Mitglied von Solid in Siegen. Zwar dürfen Schwule und Lesben seit 2017 heiraten, sagt er, doch sei das Leben queerer Menschen in Deutschland nicht unbedingt leichter geworden. Ganz im Gegenteil, die Zahl der Gewalttaten gegen Menschen anderer sexueller Orientierung habe in letzter Zeit deutlich zugenommen und viele hätten immer noch Angst, sich am Arbeitsplatz zu outen. Und: „Als schwules Paar eine bezahlbare Wohnung zu finden, ist nach wie vor nicht einfach.“
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Alexander, ein schwuler jüdischer Aktivist aus der Ukraine, der in Russland lebt und sich gegen den Krieg engagiert, bringt die Botschaft des Tages auf den Punkt: „Niemand ist frei, solange nicht alle Menschen frei sind und es kein Privileg mehr ist, solche Reden zu halten.“ Er muss es wissen, denn in beiden seiner Heimatländer werden Menschen wie er diskriminiert.
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Mit einem pinken Bus durch die Stadt
Zugegeben, manche CSD-Demonstration der Vor-Corona-Zeit war schon größer. Doch es sind mehrere Hundert, die sich auf den Weg durch Siegen machen, angeführt von einem pinken Party-Bus und umsichtig begleitet von der Polizei. Auch gesungen wird: Vor allem Katy Perrys Party-Kracher „I kissed a girl and I liked it“. Und das klingt gut.
Die Geburtsstunde der CSD- und Pride-Bewegung war der 28. Juni 1969, nachdem die Polizei in der Christopher Street in New York eine Razzia in einer von Schwulen und Lesben gerne besuchten Bar machte. Demonstrationen gegen diesen Willkür-Akt finden seitdem in vielen Großstädten der Welt statt und haben, wie jüngst in Köln und Berlin, Hunderttausende von Besuchern.
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