Siegen. Prozess vor Landgericht Siegen um Attacke zweier Brüdern auf ihren Schwager: Polizist berichtet, wie er mutmaßlichen Täter blutüberströmt anhielt
Als die beiden Brüder, denen gemeinsam versuchter Totschlag zum Nachteil ihres Schwagers vorgeworfen wird, in der Tatnacht im Juli 2021 von der Polizei angehalten wurden, war der Ältere blutüberströmt. „Er war benommen“, erinnert sich ein Polizist: „Ich war überrascht, dass er überhaupt fahren konnte.“
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Womit Verteidiger Andreas Trode am vierten Verhandlungstag endlich einmal klare Worte zu dem Punkt in den Prozess eingeführt hört, den er schon seit dem Auftakt immer wieder betont: Die heftige Kopfwunde seines Mandanten, die auf eine Messerattacke des Schwagers zurückgehen soll, bevor die Brüder überhaupt in Aktion traten. Was der später Geschädigte aber bestreitet.
Küchenmesser im Auto, Teppichmesser vor der Haustür in Siegener Winchenbach
Nach wie vor sind viele Umstände des Geschehens weit davon entfernt, ein deutliches Bild zu ergeben. Das war auch schon an jenem Juliabend so, als die Polizeibeamten diverse Aussagen mit sehr unterschiedlichen Darstellungen aufnahmen. Was feststeht: Es wurden zwei Messer gefunden. Ein Küchenmesser lag im Auto der Angeklagten, ein Teppichmesser im Umfeld des Hauseingangs in der Siegener Winchenbach. Es sei nicht zu klären gewesen, wer welches benutzt habe, sagt der Leiter der Mordkommission aus Hagen. Aber: Es wurden DNA-Spuren des älteren Bruders und des Schwagers an beiden Stichwerkzeugen gefunden. Und es sind beide Männer verletzt worden. Wahrscheinlich muss dieser Beamte noch einmal nach Siegen kommen.
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Richterin Elfriede Dreisbach wundert sich, dass in den vielen Akten kein Spurensicherungsbericht enthalten ist. „Dann wird der nachgereicht“, verspricht der Polizist umgehend mit leichter Überraschung in der Stimme. Der sei auch längst fertig, müsse nicht erst erstellt werden, präzisiert er auf Nachfrage des Verteidigers. Ein weiterer Polizist berichtet, dass auch der Geschädigte einige Zeit als Beschuldigter betrachtet worden sei, aufgrund der Verletzung des älteren Bruders.
Zwischendurch sorgt die schriftliche Anfrage eines Polizeiassistenten für Erheiterung – ebenfalls als Zeuge geladen, er klagt über die lange Anfahrt nach Siegen: Ob er denn wirklich kommen müsse? „Wir sollten ihn schon aus Prinzip anreisen lassen!“, frotzelt die Vorsitzende, lädt den jungen Mann dann allerdings doch gnädig ab.
Nachbarin poltert an Wohnungstür in Siegen: „my brothers, my brothers!“
Dafür ist jene Zeugin von der Polizei vorgeführt worden, die am vorherigen Verhandlungstag mit ihrem Ehemann aus dem Gebäude verschwunden war. Sie habe wohl tatsächlich keine Ladung bekommen, stellt die Richterin fest und ist dankbar, die Frau doch noch vernehmen zu können. Diese berichtet, durch heftiges Poltern an der Wohnungstür aufgewacht zu sein. Die Frau des Geschädigten, die direkt gegenüber wohne, habe „fast die Tür eingeschlagen“ und immer gerufen, „My brothers, my brothers!“ Mit ihrem Mann habe die Zeugin dann die weiteren Geschehnisse aus dem Fenster beobachtet. Sie beschreibt einen Mann mit einem zerrissenen weißen T-Shirt, kann sich aber nicht mehr an eine zweite Person erinnern. Bei der Polizei hatte sie im Sommer das noch erwähnt, hatte ihn mit nacktem Oberkörper und blutüberströmt beschrieben.
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Weil sich die Zeugin nicht mehr besinnen kann, will Andreas Trode auf jeden Fall noch die Beamtin hören, die seinerzeit die Aussage aufgeschrieben hat. Die war ursprünglich geladen, dann aber von der Richterin wieder abgeschrieben worden. Die entschuldigt sich für ihr eigenmächtiges Handeln.