Siegen. Außer neuem Billy-Regal noch einen Stubentiger mitnehmen? Ganz so einfach ist es nicht. Ikea und Tierheim Siegen haben ein dringendes Anliegen.
Beim Möbelkauf auch noch einen Stubentiger entdecken? Bei Ikea in Siegen ist das nun möglich, durch eine Kooperation mit dem Tierschutzverein und dem Tierheim, das neben dem Einrichtungshaus liegt. Die Arbeit mit den Tieren soll Aufmerksamkeit erfahren, so das Ziel der Aktion.
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„Unser Tierheim hier in Siegen ist ein relativ großes Tierasyl mit vielen verschiedenen Arten“, sagt Tobias Neumann, Tierheimleiter und Geschäftsführer des Tierschutzvereins. Das sei außergewöhnlich – normalerweise beschränke sich der Bestand auf Hunde, Katzen und kleine Nager. In Siegen leben aber auch Reptilien, Vögel und Nutztiere wie Schafe oder Ziegen.
Ikea Siegen schafft eine öffentliche Plattform für Tiere aus dem Tierheim Siegen
Auf der gesamten Ausstellungsfläche des Einrichtungshauses wurden Papp-Aufsteller mit Fotos zu vermittelnder Tierheimtiere aus Siegen platziert. „Darauf finden Interessierte den Namen, das Alter und eine kurze Beschreibung des Tiers“, sagt Jan Bröckelmann, Marketingleiter bei Ikea Siegen – außerdem einen QR-Code, der direkt auf Homepage und Vermittlungsportal des Tierheims führt. Gezeigt werden Hunde und Katzen, aber auch „Tierheim-Exoten“ wie Schafe oder Ziegen. Außerdem gibt es Vögel, Kaninchen und Nagetiere zu entdecken. Die Reptilien nicht. Die sind ziemlich schwer zu fotografieren.
Ikea habe schon länger überlegt, wie man den Tierschutzverein unterstützen könne. Im letzten Herbst nahm das Einrichtungshaus dann Kontakt auf und bot seine Hilfe an. „Das Tierheim hat uns geschildert, dass es durch die aktuellen Umstände mit Corona recht voll ist“, berichtet Jan Bröckelmann (siehe unten). Gleichzeitig könne der Tierschutzverein pandemiebedingt nur eingeschränkt Vermittlungsaktionen durchführen. Es sei klar gewesen, dass Öffentlichkeit nicht mit echten Tieren im Einrichtungshaus möglich ist, sagt Tobias Neumann. Daher habe das Unternehmen eine öffentliche Plattform für die Tiere geschaffen, die aktuell in der Vermittlung stehen. Mit der Aktion soll auf die Lage des Tierheims aufmerksam gemacht und gezeigt werden, „was für tolle Tiere noch auf ein neues Zuhause warten“, erklärt Jan Bröckelmann. „Es muss ja nicht immer ein Tier vom Züchter sein.“
Dem Tierheim Siegen fehlt durch coronabedingte Absagen Geld für die Tiere
Veranstaltungen wie das Sommerfest oder der regelmäßige Tag der offenen Tür mussten abgesagt werden, dadurch fehlen Einnahmen und Aufmerksamkeit. „Beim Sommerfest sind das schon etwa 10.000 bis 15.000 Euro Spenden, die in einem guten Jahr in die Kasse gespült werden“, sagt Tobias Neumann – wenn das entfällt, könne das zu Versorgungsproblemen führen. Die Tiere brauchen weiterhin auch ärztliche Behandlung, das kostet Geld und wird großteils durch Spenden finanziert.
Ikea möchte das Tierheim Siegen, das sehr auf das Tierwohl achtet und Tiere nicht leichtfertig vermittelt, verantwortungsvoll unterstützen. Durch die räumliche Nähe und das hohe Besucheraufkommen „eine tolle Möglichkeit, um uns zu zeigen“, betont Tobias Neumann.
Tierheim Siegen kann durch gemeinsame Ikea-Aktion Spenden generieren
Durch die Aktion seien bereits viele Spenden zusammengekommen, berichtet Tierheimleiter Neumann. Im November war der Tierschutzverein zusätzlich jedes Wochenende mit einem Stand vor Ort, auch die Weihnachtsspenden seien gut gewesen – wohl auch dank der „erweiterten Öffentlichkeitsarbeit“. Die Reaktionen seien durchweg positiv. „Viele halten die Aufsteller für eine sehr schöne Idee und haben sich beim Stöbern in unserer Filiale gleich alle Tiere näher angeguckt“, erzählt Jan Bröckelmann.
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Dem Einrichtungshaus gehe es darum, lebensnahes Interieur zu zeigen, keine anonymen Kulissen. „Jedes Musterzimmer erzählt eine Wohngeschichte darüber, wer da leben könnte.“ Mit der Aktion sei man einen Schritt weitergegangen: Welches Tier könnte in welchen Raum passen? „Tiere gehören genauso zu unserem Leben dazu wie Dekoration oder Möbel“, betont der Abteilungsleiter. Aus Umfragen wisse man, dass viele Kundinnen und Kunden aus Siegen-Wittgenstein und Olpe Haustiere haben.
Die meisten Tiere, die bei Ikea Siegen gezeigt wurden, sind bereits vermittelt
Die Aufsteller hätten deutschlandweit für Aufsehen gesorgt, so Tobias Neumann. Man stehe in engem Austausch, seit dem Start der Aktion hätten die Anfragen ans Tierheim allgemein zugenommen. Von den gezeigten Tieren seien die meisten bereits vermittelt worden – auch exotische Vögel wie Papageien konnten in verantwortungsvolle Hände vermittelt werden. Ein schöner Effekt, aber nicht primäres Ziel: „Für uns ist es viel wichtiger, Öffentlichkeit auf unseren Verein und unsere Angebote wie das Gassigehen aufmerksam zu machen“, erklärt der Tierheimleiter. „Wir wollen als Anlaufpunkt für tieraffine Menschen im Gespräch bleiben und nicht vergessen werden.“
Ikea will die Zusammenarbeit mit dem Tierheim unabhängig von der aktuellen Aktion auf jeden Fall fortsetzten. „Wir haben diese Art der Kooperation bisher als sehr bereichernd empfunden und schätzen die Partnerschaft“, sagt Jan Bröckelmann. Tobias Neumann freut sich: „Für uns ist es einfach toll, so einen Kontakt und regen Austausch mit einem solch gefragten Unternehmen in unmittelbarer Nähe zu haben, um künftig weitere, hoffentlich genauso erfolgreiche Aktionen zusammen umsetzen zu können.“
Corona und das Tierheim Siegen: Nach Lockdown sollten viele Hunde wieder weg
Ein Hund, der nicht auffällig ist, wird durchschnittlich nach drei bis vier Wochen in ein neues Zuhause vermittelt: „Wir haben einen hohen Durchlauf“, sagt Tobias Neumann. Corona habe aber auch im Tierheim für Durcheinander gesorgt. „Am Anfang der Pandemie war unser Tierheim ziemlich leer, alle wollten auf einmal ein Tier.“ Einen kompletten Leerstand habe es aber nie gegeben – die sogenannten Problemfälle konnten auch durch die unerwartet hohe Nachfrage nicht vermittelt werden.
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Als sich die Lage dann lockerte, sei bei vielen wohl keine Zeit mehr für das neuangeschaffte Tier da gewesen. „Letztes Jahr haben wir einige Tiere wieder aufnehmen müssen“, sagt Neumann. Auch viele neue Junghunde seien abgegeben worden. „Darunter waren leider viele typische ‘Coronahunde’, die als Welpen angeschafft wurden und als das Leben wieder losging, haben die Leute gemerkt, dass ein Hund damit nicht vereinbar ist.“ Das hätten viele Menschen vor dem Hundekauf nicht bedacht. Die vielen noch recht jungen Hunde konnten aber schnell vermittelt werden – bei gesunden, fitten und nicht verhaltsauffälligen Tieren kein Problem. Solche Hunde blieben im Schnitt nie länger als ein Jahr im Tierheim.