Kreuztal. Solokabarettist Christoph Reuter gibt seinem Publikum in Kreuztal Musikunterricht auf unterhaltsamste Art. Er begeistert auch mit „Zaubereien“.

Frische Tulpen auf jedem der Bistrotische, dazu Schoko-Bonbons. Kreuztalkultur weiß, wie man den Besuchern in der Weißen Villa in Kreuztal eine angenehme Atmosphäre schafft. Den wichtigsten Rest eines Abends ohne alle musikalischen Grenzen erledigt Christoph Reuter auf unnachahmliche Art selbst. Mit seinem Programm „Alle sind musikalisch! (außer manche)“ zeigt er große Kunst auf den 88 Tasten des Klaviers, geht aber genau so virtuos mit Sprache um. Und schafft es sofort, das Publikum in sein Programm einzubauen.

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„Guten Abend. Ich bin Christoph und spiel erstmal“, sagt er und lässt Texttafeln und passende Melodien sprechen: Für Frauen, Männer, Tiere, Kinder, zum Mitklatschen und Mitsingen: Letzteres mit Wolle Petris unsterblichem „Hölle, Hölle, Hölle.“ Klappt prima, Christoph in feinem dunklen Frack, dazu Schuhen, Gürtel und Einstecktuch in Bordeaux-Rot, ist zufrieden. Noch zufriedener ist er, als sich auf die Frage „Wer sind: außer manche?“ Sandra aus der zweiten Reihe meldet. Doch die beruhigt er: „Jeder Mensch, der zwei Töne unterscheiden kann, ist musikalisch.“ Also auch Sandra, für die Christoph Reuter direkt ein kleines Stück improvisiert. Überhaupt wird Sandra zum Running Gag des Abends.

Kabarettist Christoph Reuter in Kreuztal: Von Walen und Menschen

Die Musik von Vögeln erfreut Menschen seit jeher: „Der Zaunkönig kann zehn Lieder singen. Das sind neun mehr als David Hasselhoff.“ Auch Wale sind musikalisch. Ihre Lieder können über eine Stunde dauern und sie verhalten sich ähnlich wie Menschen: „Wale gehen auf die Wal-dorfschule, machen Wal-kampf, lieben Wal-zer und werden in Wal-urnen beigesetzt.“ Doch am meisten beeindruckt, wie es Christoph Reuter hinbekommt, den Gesang der Buckelwale zu imitieren. Und auch, wie er scheinbar schwierige musikalische Probleme leicht erklärt. Und hier kommt wieder die junge Dame aus der zweiten Reihe ins Spiel: „Sandra, essen!“ ist eine kleine Terz. „Und wenn sie nicht kommt, gibt’s großen Terz.“ Sandra kommt noch einmal dran: Sie ruft Christoph Reuter eine Zahlenfolge zu, wobei jede Zahl für eine von zehn Noten steht, die er auf einem Blatt notiert hat. Wie er das daraus entstandene musikalische Motiv improvisiert, ist ganz, ganz großes Kino.

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Der Pop-Musik kann Christoph Reuter nicht viel abgewinnen: „Neun von zehn Welthits kommen mit vier Akkorden aus.“ Und das beweist er an Ort und Stelle: Indem er „Lean on me“ oder „Country roads“ einfach vorspielt. Ansonsten reißt Christoph Reuter musikalisch alle Grenzen zwischen Klassik und Jazz, Filmmusik und Melodien der Werbung ein. Er kann alles: Wie er Beethovens Klaviersonate „Pathétique“ erst im Original vorträgt und dann eine Swing-Improvisation daraus macht. Oder wie er aus dem Kinderlied „Alle meine Entchen“ kleine Kunstwerke zaubert, indem er sie ostasiatisch oder arabisch interpretiert.

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So bewegt sich das fast zweistündige Programm zwischen Bach, Mozart, Debussy, Edvard Grieg und Tango-König Astor Piazzolla, „Fluch der Karibik“, „Casablanca“ und swingenden Jazz-Klassikern wie Nat King Coles „Route 66“ oder Ellingtons „It don’t mean a thing“, die er mit beeindruckender Bassstimme auch singt. Doch alles überstrahlt Stings „Fields of gold“ in der Version der wunderbaren, leider sehr früh verstorbenen Eva Cassidy: zum Niederknien schön. So wie der ganze Abend an einem regnerisch-stürmischen Samstag im Januar.

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