Hilchenbach. Der Rechnungsprüfungsausschuss nimmt Akteneinsicht und kritisiert die Verwaltung. Das Freibad Hilchenbach wird noch viel Geld brauchen.

Nicht rund 16.500, sondern am Ende mehr als 60.000 Euro hat die Sanierung einer Betondecke im Betriebsgebäude des Hilchenbacher Freibades gekostet. Die Verantwortung dafür liege bei der Verwaltung, die die Maßnahme „nicht ordnungsgemäß (….) vorbereitet und begleitet“ habe. Zu diesem Schluss kommt Linken-Stadtverordneter Sven Wengenroth, der im Auftrag des Rechnungsprüfungsausschusses Akteneinsicht genommen hat – ein formeller, durchaus nicht alltäglicher Vorgang, der bisher noch vor der Öffentlichkeit verborgen gehalten wird. Der Rechnungsprüfungsausschuss hat darüber im November in nicht öffentlicher Sitzung beraten.

+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++

In dem vertraulichen Vermerk für den Rechnungsprüfungsausschuss, der dieser Zeitung vorliegt, rekonstruiert Sven Wengenroth – im Hauptberuf Prüfer beim Bundesverwaltungsamt – die Geschichte der Baumaßnahme, die nicht nur wegen der Kostensteigerung Ärger gemacht hat, sondern auch Schuld am Spätstart der Freibadsaison 2021 war, die erst Ende Juni beginnen konnte.

Stadt und Verein

1983 hat die Stadt Hilchenbach den Betrieb des Freibades, das auf eine Stiftung des Ehrenbürgers Wilhelm Münker im Jahr 1906 zurückgeht, an den TuS Hilchenbach übertragen.

Wegen der Schwimmbadtechnik muss – anders im Naturfreibad Müsen – eine ausgebildete Fachkraft (Schwimmmeister) eingesetzt werden. Diese Stelle besetzt die Stadt mit eigenem Personal.

So wird die Rechnung länger

35.000 Euro standen für die Betonsanierung im Etat bereit, auf knapp 29.000 Euro wurden die Kosten geschätzt, den Zuschlag bekam im Januar 2021 eine Firma, die rund 16.000 Euro verlangte. Im April beklagte sich die Firma über unzureichende Angaben in der Ausschreibung, die Stadt erweiterte ihren Auftrag. Im Mai bot die Firma einen Abnahmetermin an, der dann aber nicht vereinbart wurde. Im Juli ließ das Unternehmen wissen, es betrachte die Baustelle nunmehr als abgenommen, zumal das Bad wieder in Betrieb genommen worden sei. Dem Rat wurde dann im September die Rechnung über mehr als 60.000 Euro vorgelegt. „Leider hat die bauausführende Firma während der Bauphase keinerlei Nachträge oder Mehrkosten aufgezeigt“, heißt es in der Vorlage, deren Unterzeichner allerdings auch einräumt: „Wir haben bezüglich der Kostensituation nicht zeitnah nachgehakt.“

+++ Lesen Sie auch: FDP bringt Lenne Therme für Hilchenbacher Freibad ins Spiel +++

„Das Schadensbild wurde nicht ausreichend aufgenommen“, stellt der Rechnungsprüfer fest. Die Stadt hätte die Neuausschreibung des Auftrages prüfen müssen, als sich mehr als 20 Prozent Mehrkosten abzeichneten. „Bestimmte Mehrkosten hätten auch durch Handeln der Stadt vermieden werden können.“ So seien Lampen im Betriebsgebäude nicht abgenommen worden; das habe die Firma dann gegen Berechnung selbst vorgenommen, um mit den Arbeiten an der Decke beginnen zu können. Ein „wirtschaftliches Interesse an der Kostenreduzierung“ sei den Unterlagen nicht zu entnehmen. „Gegenüber der Politik getätigte Aussagen sind definitiv nicht zutreffend und vorsätzlich falsch formuliert.“ Offenbar habe der Zeitdruck eine Rolle gespielt: Die Arbeiten sollten zu Saisonbeginn abgeschlossen sein, mit einer Neuausschreibung wäre das nicht einzuhalten gewesen.

++ Lesen Sie auch: Hilchenbacher lieben ihr Bad mitten in der Stadt +++

Das erklärt die Verwaltung

In einer weiteren, öffentlichen Vorlage legte die Verwaltung im Oktober nach: Die Betonsanierung habe wegen der „extrem kalten Witterung“ erst einen Monat verspätet begonnen werden können; erforderlich sei eine konstante Temperatur über acht Grad. Herausgestellt habe sich dann, dass eine Stahlträgerkonstruktion zur Stabilisierung des Daches erforderlich sei. „Um den Badebetrieb jedoch dennoch schnellstmöglich herzustellen, wurde vereinbart, diese Konstruktion erst nach Saisonende einzubauen. Der Auftrag hierzu ist erteilt. Das Sonnendeck über dem Betriebsgebäude musste wegen der statisch nicht gesicherten Decke während der Saison deshalb geschlossen bleiben.“ Durchblicken lässt die Verwaltung allerdings auch, dass der Zeitdruck nicht von Anfang an bestand: „Bei den ersten Vorgesprächen war nicht absehbar, ob überhaupt und wann eine Öffnung der Bäder, auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, möglich sein würde.“

Diese Investitionen stehen an

Mit der Fast-Vervierfachung der Rechnung ist das Freibad-Kapitel, das eigentlich mit der Eröffnung des neuen Wasserspielplatzes so positiv beginnen sollte, nicht abgeschlossen. „Der Statiker weist darauf hin, dass die Bausubstanz durch die extreme Chlorbelastung weiterhin angegriffen wird und eine Erneuerung des Betriebsgebäudes in 10 bis 15 Jahren angedacht werden muss“, heißt es in der September-Vorlage.

Und dann sind da noch die Schwimmbecken selbst. In Hilchenbacher Vorlagen taucht das Thema zwar nicht auf, eine Delegation aus der Nachbarstadt Kreuztal wurde das Problem aber aufgezeigt: Die Folienbeschichtung der Becken muss 20 Jahre nach der letzten Renovierung nun erneuert werden. „Der Pflegeaufwand ist sehr hoch, Zufriedenheit schien uns nicht gegeben“, berichtete Stadtbaurätin Christina Eckstein im Sportausschuss, der sich dann für neue Edelstahlbecken im Buschhüttener Freibad entschied. Für Kreuztal mit der – im Vergleich zu Hilchenbach – deutlich größeren Wasseroberfläche wäre die Erneuerung der Folie mit 3,6 Millionen Euro die billigste Variante gewesen. „Überlegungen gibt es“, bestätigt Hilchenbachs Baudezernent Michael Kleber den Erneuerungsbedarf – wann die Investition fällig wird, ist aber offen: „Bisher konnten wir noch an einigen Stelen nachbessern.“

+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++