Siegen. Abgrenzung gegen Rechtsextreme? „Parteizugehörige Fahnen wie auch Deutschlandfahne“ bei coronakritischem Montagsspaziergang in Siegen unerwünscht

Ein vermutlich etwas aufwendigerer Einsatz steht den Beamtinnen und Beamten der Kreispolizeibehörde am Montag, 17. Januar, bevor. Neben den sogenannten corona-kritischen „Montagsspaziergängen“ sind auch zwei weitere Kundgebungen in der Siegener Innenstadt angemeldet. Die „Spaziergänge“ der Kritiker der Corona-Maßnahmen, die seit einigen Monaten bundesweit in vielen Städten stattfinden, waren zuletzt auch in Siegen immer größer geworden. Die Teilnehmer zogen zuletzt vom Scheinerplatz über Kochs Ecke die Kölner Straße hinauf bis zum Rathaus Oberstadt und machten, von der Polizei begleitet, ihrem Unmut über die Corona-Auflagen Luft.

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Seit vergangener Woche gilt eine neue NRW-Coronaschutzverordnung und damit Maskenpflicht und Zugangsbeschränkungen auch für solche Veranstaltungen unter freiem Himmel. Als die „Spaziergänge“ größer wurden – angefangen hatten sie in Siegen mit einer Handvoll Menschen – hatte auch die Siegen-Wittgensteiner Polizei darauf aufmerksam gemacht, dass auch solche Veranstaltungen angemeldet werden müssen, unter anderem weil die Behörde für die Sicherheit der Menschen sorgen muss, die teilweise über vielbefahrene öffentliche Straßen laufen.

Rechtsextreme mischen sich auch in Siegen unter Corona-„Spaziergänger“

Mit dieser Verschärfung der Maßnahmen sind einige Teilnehmer, die sich zum überwiegenden Teil in coronakritischen Gruppen des Messengerdienstes Telegram online organisieren, naturgemäß wenig einverstanden. Einige beabsichtigten nach Bekanntwerden der neuen Regelungen, eine parallele, nicht angemeldete Versammlung zu organisieren, um die von ihnen abgelehnte Maske nicht tragen zu müssen.

Verbot in Altenkirchen

Der Kreis Altenkirchen untersagt auch weiterhin unangemeldete und nicht genehmigte so genannte „Montagsspaziergänge“. Die Allgemeinverfügung der dortigen Kreisverwaltung vom 14. Januar bestätigt die Regelung der vergangenen Wochen: Demnach sind Durchführung von und Teilnahme an der für den 17. Januar in der Kreisstadt geplanten und angekündigten, aber unangemeldeten Versammlung untersagt. Das gilt für jede weitere thematisch vergleichbare, nicht ordnungsgemäß angemeldete und behördlich bestätigte Ersatzversammlung im Landkreis bis zum 23. Januar.Weil die Veranstaltungen in Altenkirchen bislang weder angemeldet noch genehmigt waren und eine hohe Anzahl ungeimpfter Personen teilgenommen hat, verstoßen sie laut Kreisverwaltung gegen die Corona-Bekämpfungsverordnung und das Versammlungsgesetz, bergen zudem große Ansteckungsrisiken. Die Ver­an­stal­ter der un­an­ge­mel­de­ten „Spa­zier­gän­ge“ umgehen demnach be­wusst das Anmelde-Erfordernis und damit ver­bun­de­ne Auf­la­gen. „Die Allgemeinverfügung richtet sich bewusst gegen diese nicht angemeldeten Versammlungen“, so Dr. Peter Enders, Landrat des Kreises Altenkirchen. Angemeldete Veranstaltungen hingegen könnten unter Auflagen durchgeführt werden.

Unter den Teilnehmern der „Spaziergänge“, die nicht nur in Siegen, sondern auch in Bad Berleburg, Wilnsdorf, Netphen und Dreis-Tiefenbach sowie in den Nachbarkreisen Olpe und Altenkirchen stattfinden, sind nicht nur Impfgegner, frustrierte Bürgerinnen und Bürger und sogenannte „Querdenker“. Auch Rechtsextreme mischen sich, in Siegen noch eher verdeckt, unter die Umzüge. In Olpe trugen Mitglieder der Neonazi-Kleinstpartei „Der dritte Weg“ am Samstag ein in den Parteifarben gehaltenes Banner vorneweg. Das stieß bei vielen, aber nicht bei allen Teilnehmern der dortigen Kundgebung auf Kritik, was die entsprechenden Beiträge in den Telegram-Gruppen belegen.

Teilnehmer der Corona-„Spaziergänge“ kommen wohl nicht alle aus Siegen

Offenbar auch, weil parallel zum „Spaziergang“ am Montag unter anderem ein Infostand des antifaschistischen Bündnisses „Siegen gegen Rechts“ auf der Oberstadtbrücke aufgebaut werden soll, an dem auf die Unterwanderungsversuche der Corona-Kritik-Bewegung durch Rechtsradikale aufgeklärt werden soll, reagierten die Organisatoren für die Kundgebung in Siegen umgehend und wiesen neben der Masken- und Testpflicht ab 750 Teilnehmern auch darauf hin, dass parteizugehörige Fahnen wie auch die Deutschlandfahne nicht gewünscht seien.

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Die Organisatoren der „Spaziergänge“, die inzwischen seit Monaten stattfinden, haben sich in dieser Zeit durchaus professionalisiert, zwischen den jeweiligen Akteuren vor Ort besteht reger Austausch. So deuten die Gespräche in den Gruppen darauf hin, dass ein nicht unerheblicher Teil der „Spaziergänger“ nicht aus den jeweiligen Städten kommt, sondern gezielt für diese Versammlungen dorthin reist – wohl um vor Ort den Eindruck erwecken zu können, dass man die größere Anzahl Menschen auf die Straße bringen könne. Ähnliches war auch im Kreis Altenkirchen beobachtet worden, der die Spaziergänge inzwischen per Allgemeinverfügung verboten hat: Dorthin waren zahlreiche Menschen etwa auch aus Köln oder Koblenz gekommen.