Siegen. Angeklagter sagt im „Encrochat“-Verfahren vor Landgericht Siegen aus: Ein Geschäft mit ziemlich großen Drogenmengen und auch sehr viel Geld.

Es sieht so aus, als könnte das „Encrochat“-Verfahren am Siegener Landgericht deutlich kürzer werden, als die Kammer ursprünglich terminiert hatte (bis Mitte Februar). Wie angekündigt, gibt es am ersten Verhandlungstag im neuen Jahr (4. Januar) eine Einlassung des Angeklagten zur Sache.

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Zunächst trägt einer der Verteidiger die Grundlagen vor, danach steht der junge Mann aus Siegen weiter Rede und Antwort. Gericht und auch die Staatsanwältin machen danach einen recht befriedigten Eindruck. Zehn Anklagepunkte sind es, über die am Dienstag gesprochen wird. Hatte Anwalt Leis zu Beginn der Hauptverhandlung am 30. November noch angedeutet, es gebe große Unterschiede zwischen Anklageschrift und den Angaben des Mandanten, hat sich davon einiges relativiert. Ganz offensichtlich ist die Verteidigung um größtmögliche Kooperation bemüht und will den eingeschlagenen Weg fortsetzen, den Angeklagten als reuig zu präsentieren und entschlossen, das alte Leben hinter sich zu lassen.

Drogen aus Niederlanden kurz hinter Grenze übergeben – Weitertransport nach Siegen

Der Beschuldigte gibt in der Folge zu, mehrfach 2020 in die Niederlande gefahren zu sein, um dort Sammelbestellungen zu organisieren und zu bezahlen. Die Ware sei dann von den Geschäftspartnern nach Deutschland eingeführt worden. „Ich habe niemals etwas transportiert“, betont der Angeklagte dabei entschieden. Entweder sei das Rauschgift kurz hinter der Grenze übergeben, meist aber nach Siegen gebracht worden. Die Kosten seien im Kaufpreis enthalten gewesen. Wenn er Anfang 2020 „33 Kilo Gras“ in einem Chat erwähnt, seien das 10 und 13 Kilo Marihuana für seine Abnehmer gewesen, plus zehn Kilogramm Hasch für ihn selbst.

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Die Bestellungen und die tatsächliche Abnahme hätten differieren können, abhängig von der Qualität der Drogen, die er in den Niederlanden vorgefunden habe. Ein größeres Geschäft nimmt er ganz auf sich, da ging es um den Kauf von 56 Kilo komplett auf eigene Rechnung, ein Mix aus Hasch und Marihuana. Ein angeklagter Kauf sei hingegen nicht zustande gekommen.

Beteiligte nutzen für Drogengeschäfte Handys mit Encrochat-Verschlüsselungssystem

Es wird ziemlich offen gesprochen und einmal sogar richtig gelacht, als es um die Tarnnamen geht, mit denen sich die Beteiligten in den Chats angeredet haben. Wie „Jolly Joker“ zum Beispiel. „So möchte ich auch mal gern heißen“, wünscht sich die Vorsitzende Richterin Elfriede Dreisbach. Die Namen seien mit den Mobilgeräten verbunden gewesen, „wie eine Telefonnummer“, erklärt der Angeklagte. Er besaß eines jener mit dem speziellen Verschlüsselungssystem „Encrochat“ bespielten „Handys“ und war aufgrund der damit verbundenen europaweiten Ermittlungen in den Blick der Behörden geraden.

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Die großen Drogenmengen führten zu ordentlichen Umsätzen im sechsstelligen Bereich. Wenn er allerdings in einem Chat schreibe, eine halbe Million in die Niederlande getragen zu haben, sei es für ein Geschäft etwas überzogen, sagt der Angeklagte.

232.300 Euro Drogengeld in Panik aus dem Fenster der Siegener Wohnung geschmissen

Dennoch kam einiges zusammen. Als er im Sommer 2021 in Siegen festgenommen wurde, fanden sich kleinere Menge Drogen in seiner Wohnung, aber immerhin eine Tüte mit rund 232.300 Euro, die der junge Mann in Panik aus dem Fenster geworfen hatte, wie er nun auch noch einmal zugibt. „Etwas mehr als die Hälfte“ davon habe ihm gehört, der Rest den Niederländern aus früheren Geschäften, die noch nicht komplett bezahlt gewesen seien.

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Das meiste von dem, was er kaufte, sei weiterverkauft worden, meist kiloweise, lässt der Angeklagte erklären. Er selbst habe die ganze Zeit aber auch konsumiert, zwischen fünf und 15 Gramm Cannabis am Tag geraucht.