Siegen. Mit Christian Sondermann verlässt der Stadtverbandsvorsitzende die CDU Siegen. Vorwurf an die Fraktionsführung: „So redet man nicht übereinander“

Es knirscht gewaltig in der Siegener CDU. Nachdem drei langjährige Mitglieder der CDU-Fraktion am 16. Dezember den Rücken gekehrt hatten (wir berichteten), ist nun auch der Stadtverbandsvorsitzende Christian Sondermann ausgetreten. Mit Rüdiger Heupel, Eva-Marie Bialowons-Sting und Silvia Keßler hat Sondermann, der auch stellvertretender Fraktionsvorsitzender war, die neue Fraktion „Gemeinsam für Siegen“ gegründet.

Damit sind die Mehrheitsverhältnisse im Rat mit nun neun Fraktionen – schon mit dem Austritt der Drei verfügte die Kooperation aus CDU und SPD über keine Mehrheit mehr – noch instabiler geworden.

Fraktionssitzung CDU Siegen: Kein Rücktritt des Vorstands

Er sei fast schon erschüttert gewesen angesichts der teils auch öffentlichen Äußerungen des Fraktionsvorstandes über die drei Ausgetretenen, sagt Christian Sondermann im Gespräch mit dieser Zeitung. Auch als Vorsitzender des Stadtverbandes könne er es nicht dulden, sich so über Menschen zu äußern, die jahrelang Partei und Fraktion gedient hätten. Heupel, Bialowons-Sting und Keßler hatten ihren Austritt damit begründet, dass es keine Basis mehr für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gebe. Der Fraktionsvorstand hatte das in scharfen Worten kritisiert. Das wiederum ist der Anlass für Sondermanns Rückzug: Anstatt selbstkritisch die Austrittsgründe zu analysieren und offenkundige Missstände abzustellen, sei öffentlich die Meinung vertreten worden, die ausgeschiedenen Mitglieder hätten der Fraktion in Ausübung ihrer Mandate und Ämter zuvor stets geschadet, teilt Sondermann mit – diese Meinung könne er in keiner Weise bestätigen.

Funktionen

Stadtverbandsvorsitzender: Die Statuten sind eindeutig, sagt Christian Sondermann – eine Fraktion, die in Konkurrenz zur CDU steht, ist nicht mit der Parteimitgliedschaft vereinbar. Er habe daher auch die CDU verlassen, bevor ein Ausschlussverfahren eingeleitet würde und auch die Partei Schaden nehme. Das Vorstandsteam sei eine „tolle Truppe“, der Vorstand habe sich verjüngt, einen Erneuerungsprozess eingeleitet. Das Amt werde kommissarisch weitergeführt, bis eine Mitgliederversammlung einen neuen Vorsitz wählt.

Stellvertretender Fraktionsvorsitzender: Der Posten stehe dem Ortsverein Siegen zu, so Christian Sondermann.

Sondermann, der seit 1999 in der CDU aktiv ist, verweist auf eine Vorstandssitzung am 20. Dezember, in der er nicht bereit gewesen sei, sich wie die anderen Mitglieder hinter Geschäftsführer Henner Klaas zu stellen. Nach solchen Äußerungen – „ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist, solche Worte in den Mund zu nehmen“ – könne man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, „sowas macht man nicht, so redet man nicht übereinander“. In der folgenden Fraktionssitzung hätten viele Mitglieder versucht, Mängel zu beheben und die „verantwortlichen Akteure zum Rücktritt zu bewegen“, so Sondermann weiter – fast der gesamte Vorstand habe sich vor Klaas und Fraktionschef Frank Weber gestellt. Die Ratsfraktion sei nun tief gespalten, ihm selbst sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Fraktionsvorstand nicht mehr möglich. Eine Chance, die verhärteten Fronten aufzuweichen, sehe er aktuell nicht. Und er sei nicht der einzige, der die Stimmung als nicht gerade gut empfinde.

„Gemeinsam für Siegen“ will die Sacharbeit in den Mittelpunkt stellen

Dass die CDU-SPD-Ratsmehrheit nun definitiv dahin sei, müsse ja nicht schlecht für die Siegener Bevölkerung sein, findet Christian Sondermann: Nun müsse mehr miteinander geredet und kommuniziert werden, um zu Beschlüssen zu kommen. Frontalopposition sei keineswegs geplant, kündigt Sondermann an: Nach wie vor sei man der CDU und ihren Werten verbunden, es gebe grundsätzlich nach wie vor einige inhaltliche Berührungspunkte. Man habe kein Interesse daran, mit der CDU zu streiten, „mit uns kann man zur Sache umgehen.“ Aber dieser Schritt sei notwendig gewesen, eben weil die CDU-Fraktion ein Problem im Umgang und im Miteinander habe.

Die Fraktion „Gemeinsam für Siegen“ werde sich in ihrer politischen Arbeit an der jeweiligen Sachlage orientieren. Der Kooperationsvertrag enthalte viele gute Ideen, etwa zu Klimaschutz, Sozialem Wohnungsbau oder Spielplätzen, damit wolle und werde man nicht brechen, so der neue Fraktionsvorsitzende. Womöglich könne man als eher konservative Fraktion auch Bindeglied oder Vermittler zu anderen politischen Kräften im Siegener Rat sein. „Ich hoffe, dass die Kommunalpolitik künftig wieder mehr Spaß macht“, sagt Christian Sondermann. Zuletzt habe er sich viel ärgern müssen.

Die CDU Siegen will zunächst intern und mit der SPD Gespräche führen

Fraktionschef Frank Weber zeigt sich im Gespräch mit dieser Zeitung persönlich und menschlich enttäuscht von der Entscheidung Christian Sondermanns. Man sei gerade dabei gewesen, intern Gespräche zu führen, um die Situation zu lösen, schmutzige Wäsche solle nicht in der Öffentlichkeit gewaschen werden, sagt er. Der Fraktionsvorstand werde weiter Gespräche führen, intern und mit dem Kooperationspartner SPD: „Wir tragen Verantwortung für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger.“

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Wie aus Parteikreisen zu hören ist, sei dabei auch das Thema eines möglichen weiteren Kooperationspartners zumindest nicht ausgeschlossen, um wieder stabile Mehrheitsverhältnisse im Rat herstellen zu können. Dabei sei sich, so ist zu hören, auch der Stadtverband keineswegs einig in der Frage des Umgangs mit den Ausgetretenen.