Siegen. Mutmaßliches Opfer verstrickt sich vor dem Amtsgericht Siegen in Widersprüche.Beteiligte angeblich telefonisch nach islamischem Ritus verheiratet.

Es sind viele Bruchstücke, die vor dem Amtsgericht Siegen nicht zusammenpassen. Ein mutmaßliches Vergewaltigungsopfer schildert bei der Verhandlung vor dem Schöffengericht vieles anders als bei der Aussage bei der Polizei – „und das nicht nur in Randbereichen, ohne deutlich zu machen, dass sie sich unsicher wäre“, sagt Richter Witte bei der Urteilsverkündung. Die Frau hatte einem 32-Jährigen unter anderem vorgeworfen, sie im März 2019 in Siegen vergewaltigt und sie im selben Jahr im Juni mit einem Kabel gewürgt zu haben. Dieser bestritt alles vor Gericht und wird am Ende freigesprochen.

Angeklagter in Siegen: „Es gab weder Gewalt noch eine Vergewaltigung“

Sowohl der Angeklagte als auch das mutmaßliche Opfer sprechen kein Deutsch, sodass zwei Dolmetscher im Gericht zum Einsatz kommen. Er sei mit dem mutmaßlichen Opfer verheiratet gewesen, erzählt der 32-Jährige. Die Eheschließung sei „nach islamischen Ritus“ in Italien erfolgt. „Über das Telefon“, sagt er. Einen Sohn hat der Angeklagte mit der Frau, erzählt er vor Gericht. Noch einen Tag vor der mutmaßlichen Vergewaltigung habe er zusammen mit ihr seine Vaterschaft anerkennen lassen. „Es gab weder Gewalt noch eine Vergewaltigung“, sagt er.

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„Es gab eine Auseinandersetzung zwischen mir und meinem Mann“, sagt die Zeugin, die vor Gericht ihr Alter und das ihrer Kinder nicht genau sagen kann. „Er hat mich zwei Mal gegen meinen Willen missbraucht.“ Die Anzeige stellte sie im November 2019 bei der Polizei, mehrere Monate nach den mutmaßlichen Straftaten. In den Polizeiaussagen war nur von einer Vergewaltigung die Rede, sagt der Richter. Er fragt bei der Frau immer wieder nach, um die Widersprüche, die sich im Verlaufe ihrer Aussage zeigen, aufzuklären.

„Nicht ganz einfach“

Das Verfahren wurde aufgrund des unbekannten Aufenthaltsortes des Angeklagten, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, zwischenzeitlich eingestellt. Richter Witte stellt bei der Urteilsverkündung fest, dass es ein Verfahren gewesen sei, „dass in seiner gesamten Ausprägung nicht ganz einfach ist“.

Nach ihrer langen Aussage unterbricht er die Sitzung. Anschließend stellt er zur Debatte, ob die „Sachkunde des Gerichts dafür ausreicht“, um die Zeugenaussage des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers „in allen Facetten zu beurteilen“. Er bringt die Möglichkeit eines Gutachters ins Spiel. Dagegen spricht sich der Staatsanwalt aus, weil er nicht glaubt, dass dies das Gericht weiterbringen würde. „Ich komme hier heute nicht zu einer Verurteilung“, sagt er. Auch eine nochmalige Vernehmung des mutmaßlichen Opfers und die Aussage einer weiteren Zeugin, der Cousine des Angeklagten, bringen kein Licht ins Dunkel.

Mutmaßliches Vergewaltigungsopfer: „Ich sage alles, was ich weiß“

Um der Frau die Aussage vor Gericht so leicht wie möglich zu machen, bietet der Richter der Zeugin auch an, die Öffentlichkeit von der Verhandlung auszuschließen. „Ich sage alles, was ich weiß“, betont sie aber und geht damit auf die Anregung gar nicht richtig ein. Amtsrichter Witte sagt später bei der Urteilsverkündung, dass die „äußeren Faktoren“ vor Gericht die Schilderungen des mutmaßlichen Opfers nicht blockiert haben könnten. „Es muss andere Gründe für das inkonsistente Aussageverhalten geben.“

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Auch der Verteidiger und die Staatsanwaltschaft hegen erhebliche Zweifel an der Aussage des mutmaßlichen Opfers, beantragen beide die Freistellung des Angeklagten. Der macht von seinem Recht Gebrauch, als letzter etwas in der Verhandlung zu sagen: „Ich war zuerst das Opfer, weil ich ihr nichts angetan habe.“

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Richter Witte sagt bei der Urteilsverkündung, dass „viele Dinge“ nicht aufzuklären seien, „wo es eine erhebliche Abweichung“ gibt. Das Gericht hätte nicht die „sichere Überzeugung“ gewinnen können, dass der 32-Jährige seine Frau, die mittlerweile seine Ex-Frau ist, wirklich angegriffen hat. „Im Zweifel für den Angeklagten“, betont Richter Witte.

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